Verstappen: Es ist immer eine Unbekannte, wie sehr du dich über den Winter tatsächlich verbesserst. Und wie sehr die anderen. Wir wussten also bis Bahrain nicht, wie gut unser Auto tatsächlich sein würde. Mit dem, was wir über den Winter angestellt hatten, bestand gute Hoffnung, dass wir ein gutes Auto haben. Die Fahrzeugbalance stimmte direkt. Das ist immer wichtig, um schnell sein zu können.
Verstappen: Die anderen haben vielleicht keinen so wirklich großen Schritt gemacht. Denn wir selbst haben uns verbessert, zur damaligen Zeit aber nicht massiv. Da war natürlich dieser kleine Eingriff am Unterboden, den die Regeln vorschrieben. Das hat die Autos Performance gekostet. Andere hatten damit mehr zu kämpfen.

Red Bull stolperte nur in Singapur. Es war die einzige Saisonniederlage für das Weltmeister-Team der Formel 1.
Verstappen: Man muss diese Autos tief und steif fahren. Für uns ist dieses Thema noch nicht abgeschlossen. Auf Stadtkursen ist klar ersichtlich, dass wir in dieser Beziehung nicht so toll aufgestellt sind. Wir arbeiten daran.
Verstappen: Es ist kein echtes Problem. Aber wir können in dieser Beziehung einfach besser werden. Dasselbe gilt für das Verhalten in langsamen Kurven. Das eine hängt mit dem anderen zusammen.
Verstappen: Es ist das Fahrverhalten. Dass unser Auto die Bodenwellen nicht so absorbiert wie andere. In langsamen Kurven ist unser Auto einfach nicht so dominant wie an anderen Stellen. In schnellen Kurven zum Beispiel ist es sehr gut.
Verstappen: Wir sind konstant gut unterwegs. Andere Autos haben vielleicht ihre Performance-Spitzen. Zum Beispiel sind sie gut auf Stadtkursen, schwächeln dafür aber in schnellen Kurven. Oder umgekehrt. Unser Auto ist im Durchschnitt einfach sehr ausgeglichen und sehr gut. Ich würde nicht sagen, dass wir in Highspeed-Passagen deutlich besser sind als andere. McLaren ist dort auch sehr gut. Wir sind nicht viel besser in mittelschnellen Kurven. Aber unser Auto ist ein Allrounder. Das zählt. Und es sieht ganz danach aus, dass wir im Rennen ziemlich gut sind, und mit unseren Reifen haushalten.

König Max, der Dritte: Nie marschierte ein Fahrer überlegener zum Titel als Verstappen.
Verstappen: Du brauchst in jedem Fall ein Auto, das pfleglich mit den Reifen umgeht. Andernfalls bist du verloren. Sie sehen es an Haas. Ich denke nicht, dass Nico und Kevin Idioten sind. Wenn das Auto die Reifen überlastet, kannst du nicht viel machen. Zu allererst brauchst du das Fundament – und das ist das Auto. Als Fahrer kannst du eine oder zwei Zehntelsekunden pro Runde finden, indem du besser auf die Reifen achtest.
Verstappen: Sicher maskieren neue Reifen einiges. Man kann ein Auto für eine Quali-Runde auch ganz anders abstimmen als für den Longrun. Vielleicht liegt darin auch ein Trick, warum wir dort so gut abschneiden. Gerade anfangs des Rennens mit vollen Tanks ist der Arbeitsbereich des Autos in der Aero Map nämlich sehr unterschiedlich zur Quali. Manche wählen da einen sehr aggressiven Weg. Unser Auto dagegen ist wie gesagt sehr vielseitig, hat dafür über eine Runde auch nicht diese Ausschläge nach oben.
Verstappen: Sie müssen das ganze Bild zeichnen. Ich musste in Saudi-Arabien vom 15. Platz starten. Ich wurde in Baku ein wenig vom Safety Car benachteiligt. Es ist aus meiner Sicht also nicht ganz fair, von ausgeglichenen zu sprechen. Weil es so aus meiner Sicht nicht war. Es war enger, aber man muss alle Umstände in Betracht ziehen, die dazu führten. Das verfälschte den Eindruck teilweise.
Verstappen: Es sind verschiedene Einstellungen, die zusammenfinden müssen. Ein paar Sachen, die man über das Lenkrad verstellen kann: Bremsbalance, Differential, Motorbremse. Die neuen Reifen funktionieren auch etwas anders. Mit diesen Werkzeugen umzugehen, sie ein wenig anders zu mischen, schien mir zu helfen, mehr aus dem Auto herauszuholen.

19:2 - Verstappen ließ Teamkollege Perez nur in den ersten Rennen vom Erfolgskuchen naschen.
Verstappen: Mich interessieren die Meinungen der anderen nicht. Sie kennen unser Auto nicht. Ich versuche einfach, das bestmögliche herauszuholen. Und das jedes Mal. Ich weiß nicht, wie dominant dieses Auto im Vergleich zu früheren Autos ist. Das weiß keiner.
Verstappen: Ich stimme das Auto so ab, wie es mir gefällt. Und der andere Fahrer so, wie es ihm taugt. Die Ingenieure entwickeln das Auto so, dass es schneller wird. Und nicht, wie ich es gerne hätte. Das ist dasselbe mit dem Fahrstil. Was ist dein Fahrstil? Ich weiß es nicht. Ich passe mich an die Bedürfnisse des Autos an, damit es das Schnellste ist. Das ist der Schlüssel dazu, ein wirklich guter Formel-1-Fahrer zu sein. Sich an das anzupassen, was man vom Team bekommt.
Verstappen: Die Autos sind schwerer und haben bei niedrigen Geschwindigkeiten weniger Abtrieb. Die Räder sind größer, die Sicht ist etwas anders. Aber selbst von 2019 auf 2020 und von 2020 auf 2021 veränderte sich das Auto sehr. Du passt dich ständig an. Natürlich sind die Autos jetzt steifer, und man kann die Kurven nicht mehr so schneiden, wie Sie sagen. Aber das trifft alle.
Verstappen: Mir hat es mehr Spaß gemacht, die alten Autos zu fahren. Sie waren agiler, weil sie etwas leichter waren. Ich denke auch, dass die neuen Reifen eine steifere Seitenwand haben. Wenn man einen kleinen Moment hat, ist es schwerer, diesen kleinen Slide kontrolliert fortzusetzen. Und dabei nicht zu viel Zeit liegenzulassen. Wenn du jetzt einen Quersteher drin hast, verlierst du ziemlich viel. Plus: Das Gewicht drückt in langsamen Kurven. Alles in allem ist es etwas härter geworden, die perfekte Runde hinzubekommen.

Von McLaren-Pilot Lando Norris hat der Weltmeister eine sehr hohe Meinung.
Verstappen: Aus dem aktuellen Fahrerfeld? Ich weiß es nicht. Jeder ist in verschiedenen Autos unterschiedlich gut. Ich finde es schwer, einen auszuwählen, weil es derzeit so viele gute Rennfahrer gibt.
Verstappen: Darf ich mich selbst wählen?
Verstappen: Dann mich selbst. Und dazu würde ich Lando nehmen.
Verstappen: Er ist noch jung, mit einer langen Karriere vor sich. Und er kann auch sehr, sehr schnell sein.
Verstappen: Ich würde Lando und Oscar nehmen. Also die McLaren-Paarung. Beide sind gut. Lando ist nur ein bisschen älter als Oscar. Ich denke, Oscar ist ein schneller Rookie. Er hat noch Dinge zu lernen, kann sich etwa bei der Rennpace verbessern. Aber von dem, was ich sehe, ist er ein schlauer Kerl. Er wird seine Rennen gewinnen.
Verstappen: Ich fühle mich nicht gelangweilt. Selbst wenn man weit vorne liegt, passieren immer Sachen, die man von außen gar nicht sieht. Du bist immer dabei, Feintuning zu betreiben. Oder Neues herauszufinden. Du kommunizierst ständig mit dem Team. Es ist also nicht langweilig. Nicht, wenn du vorne liegst. Vielleicht wird es etwas langweilig, wenn man auf Platz sechs steckt und nach vorn, wie hinten eine große Lücke hat. Nicht aber, wenn du dich auf Podestplätzen befindest.
Verstappen: Das ist unsere natürliche Beziehung. Das machen wir nicht mit Absicht, sondern so sind wir einfach. Es ist unsere Art, miteinander zu kommunizieren.
Verstappen: Definitiv weniger Rennen. Für mich haben wir zu viele. Aber wir sind nicht diejenigen, die es entscheiden. Auch nicht die FIA. Ich würde aber immer dafür plädieren: weniger Rennen, dafür mehr Qualität. Und die Teams? Nur, wenn sie von guter Qualität sind, und nicht nur das Feld auffüllen.

Verstappen gewann in diesem Jahr vier der sechs Sprintrennen.
Verstappen: Ja. Ich habe immer gesagt, dass ich die Geschäftsseite verstehe. Ich schaue darauf aber als purer Racer. Es nimmt etwas von der Magie weg. Als ich als Kind den Fernseher einschaltete, habe ich mich vor Spannung gefragt, was im Rennen passieren wird. Als Fan hast du nicht alle Insider-Informationen zum Reifenabbau oder Ähnlichem. Du siehst einen Red Bull, Mercedes und Ferrari in der Startaufstellung und fragst dich, wie es ausgeht. Ein Sprintrennen lässt dich mehr oder weniger wissen, was am nächsten Tag passiert. Es sei denn, es ergeben sich verrückte Umstände. Zum Beispiel durch einen Wetterumschwung. Normalerweise kannst du die Rennpace nach einem Sprint einschätzen. Ich denke, das nimmt die Spannung weg. Vielleicht ist dann noch der Start spannend.
Verstappen: Das Format ist allgemein ziemlich hektisch. Mich stört es nicht, nur ein Training vor der Qualifikation zu haben. Aber das neue Qualifying für den Sprint? Das gibt mir nicht viel, weil wir doch schon die große Qualifikation gefahren sind. Das ist die wichtige Session. Im Sprint gewinnt der Sieger nur acht Punkte. Die Unterschiede zum Zweiten oder Dritten sind nicht groß. Es macht nicht viel aus.
Verstappen: Das ist auch so ein Ding: das Setup. Nach dem ersten Training arretierst du es. Wenn du falsch liegst, bist du in dieser Fahrzeugabstimmung das restliche Wochenende gefangen. Das ist scheiße. Das ist uns letztes Jahr in Brasilien passiert. In diesem Jahr hatten wir ein paar gute Sprint-Wochenenden. Dennoch war ich nicht ganz zufrieden. Mit der Bodenfreiheit in Austin zum Beispiel. Mercedes und Ferrari haben ihre Autos sicherlich nicht mit Absicht zu tief eingestellt. Wenn du aber einmal auf den falschen Weg gerätst, kommst du davon nicht mehr weg. Du kannst nur mit dem Reifendruck reagieren. Und wenn der oben ist, bist du völlig verloren. Das nervt. Wenn Sie weiterhin Sprints haben wollen, müssen sie Änderungen vornehmen aus meiner Sicht.
Verstappen: Ja, eines für den Samstag und den Sonntag zum Beispiel.
Verstappen: Das wäre sehr riskant. Ich mag das jetzige Format mit medium-medium-soft schon nicht. Du weißt jetzt schon nicht, was du machen sollst. Nur eine schnelle Runde? Oder schnell, langsam, schnell? Wozu brauchen wir all das seltsame Zeugs? Selbst ich frage mich, welche Regeln jetzt gelten. Ich fühle mich verloren. Es ist wie ein Zirkus.
Anmerkung der Redaktion: Das Interview führten wir am Rande des GP Brasilien 2023.