Es ist die letzte Station vor der Sommerpause. Und vielleicht die letzte Möglichkeit für Ferrari, mit Charles Leclerc doch noch auf den WM-Zug aufzuspringen. Dafür aber müssen Team und Fahrer ab jetzt am Maximum operieren. Nach dem Patzer in Le Castellet liegt der Monegasse 63 Punkte hinter WM-Rivale Max Verstappen.
Den Blick hat der 24-Jährige nach vorne gerichtet. "Der Fehler ist passiert. Es bringt nichts, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Wir haben ein starkes Auto, ich konzentriere mich voll auf dieses Wochenende und glaube an meine Chance in der Weltmeisterschaft." Bis jetzt war Ferrari auf jeder Rennstrecke konkurrenzfähig – egal ob schnell oder langsam, ob heiße oder kalte Temperaturen. Das setzt sich auch auf dem Hungaroring fort.

Red Bull mit, Ferrari ohne Update
Im ersten Training war es jedoch nicht Leclerc, der den Spitzenplatz eroberte, sondern Teamkollege Carlos Sainz. Der Sieger des GP England umrundete den Kurs bei Temperaturen von rund 33 Grad Celsius (Strecke über 50 Grad) in 1:18.750 Minuten. Ferrari schnallte ihm dafür die weichste Reifenmischung auf. Das ist am Ungarn-Wochenende die Mischung C4.
Leclerc ist kein Spezialist für den Hungaroring. Hier haderte er in der Vergangenheit mit seinen Fahrleistungen. In der ersten Übungseinheit hinkte der WM-Zweite seinem Teamkollegen um fast drei Zehntelsekunden hinterher. Zwischen die beiden roten Autos quetschte sich noch Max Verstappen. Der Weltmeister hat wie Leclerc noch nie in Budapest gewonnen, feierte hier vor drei Jahren aber seine Pole-Premiere. Verstappens Abstand betrug 0,130 Sekunden.
Red Bull schiebt für das letzte Rennen vor der Sommerpause einen überarbeiteten Unterflügel (Beam Wing) nach, der den Abtrieb im Heck erhöhen soll. Rivale Ferrari verzichtet hingegen auf neue Teile. Der F1-75 ist nach Meinung der Konkurrenz ohnehin das Auto mit dem meisten Abtrieb im Feld.
Im ersten Training schenkten sich die beiden Topmannschaften der Saison nichts. Immer wieder wechselten sich Sainz, Verstappen und Leclerc an der Spitze ab. Nur einer mischte bei der Vergabe um die Topposition nicht mit. Sergio Perez landete im zweiten Red Bull an sechster Stelle. Dem Mexikaner fehlten 0,872 Sekunden. Wie üblich kommt der 32-jährige Routinier nicht so schnell aus den Startblöcken wie sein pfeilschneller Teamkollege.
McLaren mit gelungenem Auftakt
Die dritte Kraft war im ersten Training nicht Mercedes, sondern McLaren. Lando Norris fuhr zu Beginn der Session einige Runden mit großen Messgittern hinter der Vorderachse, um Daten zur Aerodynamik zu sammeln. Erst im zweiten Teil durfte der Engländer den Gasfuß stärker durchdrücken. Norris lenkte seinen MCL36 nur knapp eine halbe Sekunde langsamer um den Kurs als sein alter Teamkollege Sainz. Es reichte für einen starken vierten Platz.
Auch Daniel Ricciardo platzierte sich in der oberen Tabellenhälfte. Der Ungarn-Sieger von 2014 startete vielversprechend, rutschte dann aber an die achte Stelle ab. Der Rückstand zu Norris lag bei mehr als einer halben Sekunde. Den direkten Konkurrenten um den vierten WM-Platz hatte McLaren im Griff. Die Alpine-Fahrer Esteban Ocon und Fernando Alonso landeten auf den Positionen neun und zehn. Der Spanier feiert am heutigen Freitag seinen 41. Geburtstag. Sowohl McLaren als auch Alpine schieben in Ungarn kleinere Upgrades nach.
Mercedes gönnt sich im Entwicklungswettkampf seit Wochen keine Ruhe. Auch für den GP Ungarn gibt es ein kleines Facelift für den W13. Der Halo trägt ein neues Flügelchen. Dazu wurde der Heckflügel für maximalen Anpressdruck am Übergang zu den Endplatten optimiert und die Geometrie des Beam Wings angepasst.

Vettel Elfter
Der Spitze näher gekommen sind die Konstrukteurs-Weltmeister nicht. George Russell büßte als Fünfter über acht Zehntelsekunden ein. Teamkollege Lewis Hamilton, der mit acht Siegen der Rekordhalter auf dem Hungaroring ist, wurde von der Spitze um fast eine Sekunde abgehängt. Mercedes muss an seiner Performance feilen.
Für Sebastian Vettel beginnt in Ungarn die große Abschiedstournee. Der Heppenheimer hat seinen Rücktritt zum Saisonende verkündet. Zum Auftakt schrammte der vierfache Weltmeister in seinem Aston Martin knapp an einem Platz in de Top 10 vorbei. Als Elfter hat er aber Tuchfühlung. Aston Martin kreuzte in Ungarn mit einem innovativen Heckflügelkonzept samt auffälliger Heckflügelendplatten auf.
Der zweite Deutsche versank in den Niederungen des Formel-1-Feldes. Mick Schumacher muss in Budapest ohne Upgrade-Paket auskommen. Er erreichte den 18. Rang. Teamkollege Kevin Magnussen hält dagegen einen runderneuerten Haas, der aussieht wie ein verkappter Ferrari, in den Händen. Es reichte nicht, um Schumacher merklich zu distanzieren. Der Däne war gerade einmal eine Zehntel schneller. Noch ist es aber zu früh, um ein Urteil zu fällen. Es dauert in diesem Jahr überall länger, bis neue Teile ihre gewünschte Wirkung entfalten.