GP Singapur - Analyse Training & Longrun-Zeiten

Trainingsanalyse GP Singapur 2024
Nächstes Duell McLaren vs. Ferrari

GP Singapur 2024

Wieder McLaren gegen Ferrari, doch diesmal mit Lando Norris gegen Charles Leclerc. Mit Zeiten von 1.30,727 und 1.30,785 Minuten waren die beiden Männer an der Spitze mindestens sechs Zehntel schneller als der Rest. Den führte Carlos Sainz im zweiten Ferrari an.

Die üblichen Mitfavoriten verstecken sich noch im Feld. Die Mercedes-Piloten steigerten sich über den Tag, standen aber inmitten von Toro Rosso und Williams. Red Bull stürzte komplett ins Nirgendwo ab. Sergio Perez schaffte es als Achter wenigstens noch in die Top Ten. Max Verstappen verschwand mit 1,2 Sekunden Rückstand auf Platz 15. Dabei waren die gefürchteten Bodenwellen und Randsteine diesmal gar nicht das Problem der Red Bull. Die Fahrer brachten ihre Reifen nicht in das Temperaturfenster. Noch nicht einmal im Longrun.

Ein guter Longrun-Speed ist in Singapur eher zweitrangig. Jeder will wie in Monte-Carlo in der Startaufstellung möglichst weit vorne stehen. Im Rennen wird dann aus taktischen Gründen oft gebummelt. Das könnte diesmal wegen der vierten DRS-Zone vielleicht ein bisschen anders sein. Die Fahrer glauben, dass sich den 398 Metern zwischen den Kurven 14 und 16 eine realistische Überholmöglichkeit ergibt.

Unüblich ist auch, dass schon am ersten Tag die Pole Position-Zeit des Vorjahres unterboten wurde. Die liegt bei 1.30,984 Minuten. Der Grund dafür ist ein neuer Asphalt, der auf drei Viertel der Strecke aufgetragen wurde. Der Veranstalter ließ im Gegensatz zu Baku auch die Strecke vor der Veranstaltung mit einem Hochdruckreiniger säubern.

Carlos Sainz - GP Singapur 2024
Motorsport Images

Sechs Dinge, die Sie wissen müssen:

Ist Ferrari schon wieder Favorit?

Das wird sicher kein Durchmarsch für Ferrari. Trotz der Plätze 1 und 3 für Charles Leclerc und Carlos Sainz. Alles scheint auf ein Duell Charles Leclerc gegen Lando Norris hinauszulaufen. Beide schafften es, die Reifen schnell anzuzünden und schüttelten die schnellen Runden mühelos aus dem Ärmel.

Auf den Soft-Reifen war Norris einen Hauch von 0,058 Sekunden schneller. Mit den Medium-Gummis übernahm Leclerc das Kommando mit einem Vorsprung von einer Sekunde. Der zweifache Saisonsieger zeigte sich vorsichtig optimistisch: "Das Auto fühlt sich gut an, aber es braucht noch ein bisschen Feintuning, bis es so ist, wie ich es mag."

Im direkten Vergleich der schnellsten Runden gewann Leclerc die Sektoren 1 und 2, während die Stunde von Norris im letzten Streckenabschnitt schlug. Beim Topspeed geben sich die beiden Autos nichts. Beide liegen innerhalb von 1,4 km/h.

Sainz fehlten fast sechs Zehntel auf seinen Teamkollegen. Der Spanier klagte über Bremsprobleme. Teamchef Frédéric Vasseur beschwichtigte: "Ohne die Probleme ist Carlos vorne dabei. Das hat das erste Training gezeigt."

Lando Norris - GP Singapur 2024
Motorsport Images

Wo verliert Piastri auf Norris?

Die beiden McLaren-Piloten trennten 0,747 Sekunden. Das ist ungewöhnlich viel. Im ersten Sektor liegen beide noch ungefähr auf einem Niveau. Piastri verliert nur 0,036 Sekunden. Umso krasser dafür das Delta in den folgenden Sektoren. Im zweiten Abschnitt ist Norris um 0,334 Sekunden schneller, im dritten um 0,337 Sekunden.

Außerdem hat er einen um 3 km/h höheren Topspeed, was bei Piastri auf einen Gurney am Heckflügel schließen lässt. Im Longrun ist der Australier bei der Musik. Drei Zehntel langsamer als Leclerc zwar, aber drei Zehntel schneller als die Mercedes und Red Bull.

Max Verstappen - GP Singapur 2024
Motorsport Images

Wie schwach ist Red Bull?

Das Red Bull-Drama geht weiter. Nach einem guten Auftakt in der ersten Trainingssitzung ging beim Weltmeister-Team in der zweiten Sitzung gar nichts mehr. Sergio Perez und Max Verstappen landeten im zweiten Training auf den Plätze 8 und 15. Der Mexikaner war erneut schneller als sein Teamkapitän. Mit sechs Zehnteln fiel der Unterschied sogar eklatant aus. Verstappen fehlten 1,2 Sekunden auf die Bestzeit. Der Holländer klagte über null Grip, Perez über eine schlechte Fahrzeugbalance. Man fühlt sich in einer verkehrten Welt.

Auch auf den härteren Reifenmischungen lief es nicht viel besser. Da landeten Perez und Verstappen mit den harten Reifen auf den Plätzen 15 und 16. Referenz war Yuki Tsunoda im Toro Rosso. Der Japaner war auf dem gleichen Reifentyp sage und schreibe um eine Sekunde schneller als die Piloten des A-Teams.

Das Problem war laut Teamchef Christian Horner immer das gleiche. "Wir haben die Reifen nicht auf Temperatur gebracht. Bei Max noch weniger als bei Checo. Vielleicht, weil er mit etwas weniger Abtrieb unterwegs war. Wir haben viele Dinge probiert, aber nichts hat geholfen. Da liegt noch viel Arbeit vor uns." Horner vermutet einen Fehler im mechanischen Setup. Denn das Problem tritt nicht nur in der einen schnellen Runde, sondern auch im Longrun auf. Bei vielen Runden am Stück müssten die Reifen eigentlich irgendwann angezündet werden.

Red Bull hatte eine weitere Evolution des Unterbodens nach Singapur gebracht. In diese Version flossen die Erkenntnisse aus Baku mit ein. Wegen des Unfalls von Baku bekam Perez auch noch ein neues Chassis. Der Teilenachschub aus Milton Keynes funktionierte. Bis zum Freitag noch traf Fracht aus England ein.

George Russell - GP Singapur 2024
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Hat Mercedes ein Podest-Auto?

Die Zeiten auf einer Runde sprechen eher dagegen. George Russell fehlen als Siebtem in der Tabelle sieben Zehntel auf die Bestzeit von Lando Norris. Lewis Hamilton liegt auf Rang 11 mit einer glatten Sekunde noch weiter zurück. Der Rekordsieger klagte abwechselnd über massives Untersteuern und Traktionsprobleme und sieht schon wieder schwarz: "So schaffe ich es nicht einmal ins Q3." Kleiner Trost: Im Longrun sieht es besser aus als auf eine Runde.

Der Tag begann mit ähnlichen Problemen wie bei Red Bull. Die Reifen kamen nur schleppend auf Temperatur. Diverse Setup-Änderungen schafften Besserung. Das zweite Training war ein Schritt vorwärts, aber noch kein Grund, in Jubel auszubrechen. Obwohl jetzt die Reifen im Fenster lagen, rutschten die Autos zu stark auf der Vorderachse.

Russell beendete seinen Arbeitstag mit einem Unfall in Kurve 8. Zum Glück gingen nur die Nase und der Frontflügel kaputt. Er klagte: "Das Auto fühlte sich noch nicht so an einem Stück an wie im letzten Jahr. Ein Ende war immer das Problem." Chefingenieur Andrew Shovlin meinte: "Wenn wir gegen Ferrari und McLaren fahren wollen, muss uns über Nacht noch eine Menge einfallen."

Yuki Tsunoda - GP Singapur 2024
Red Bull

Williams oder Toro Rosso als Favoritenschreck?

Auf beide Teams muss man aufpassen. Wenn es nach einer Runde geht, dann auf Toro Rosso mehr als Williams. Im Longrun andersherum. Alexander Albons Dauerlauf lag im Bereich der Mercedes und der Red Bull. Yuki Tsunoda rangierte mit der besten Runde beständig in den Top 5, und Daniel Ricciardo lag bei seinem vermutlich letzten Formel-1-Rennen nicht weit dahinter. Dem Australier fehlten zwei Hundertstel auf Tsunoda. "Ich bin happy mit meinem Auto. Der Grip war sofort da. Und wir können uns immer noch verbessern."

Auch Williams konnte beeindrucken. Alexander Albon stellte seinen Williams auf den neunten Platz, nur zwei Zehntel langsamer als die Toro Rosso. Das freut die Williams-Ingenieure. Das Upgrade mit neuer Vorderradaufhängung scheint sich auf Anhieb zu bewähren. Franco Colapinto saß noch in der alten Version. Wie schon in Baku lernte der Argentinier die Strecke schnell und war nur 36 Tausendstel langsamer als Max Verstappen. Trotz der starken Vorstellung war Albon noch nicht zufrieden: "Ehrlich gesagt, fühlt sich das Auto noch gar nicht so gut an. Speziell auf den Soft-Reifen. Auf den härteren Mischungen ging es besser."

Nico Hülkenberg - GP Singapur 2024
Haas

Erst schwach, dann gut: Wo steht Hülkenberg?

Am Nachmittag landeten die Haas-Piloten am Ende der Tabelle. Nico Hülkenberg klagte über Ärger mit der Bremsbalance. Das wurde für den zweiten Teil des Trainings behoben. Nach ein paar Setup-Änderungen, mit mehr Grip auf der Strecke und um sieben Grad niedrigeren Asphalttemperaturen lief es am Abend besser.

Nico Hülkenberg schloss als Zehnter die Top Ten ab und war mit seiner Zeit von 1.31,667 Minuten nur 17 Tausendstel langsamer als Albon. Heimkehrer Kevin Magnussen rangierte drei Plätze dahinter. Aus Sicht des US-Teams war es ein solider Freitag, der hoffen lässt, am Sonntag wieder ein Auto für die Punkteränge zu haben.