Vertrauen aufbauen, Rhythmus finden, Updates erkunden, das Risiko dosieren: Darum ging es am Trainingsfreitag zum Grand Prix von Monte Carlo für die 20 Fahrer und zehn Teams. Über Nacht suchten die Ingenieure nach Verbesserungen für die Balance der Fahrzeuge. Die Funksprüche hatten verraten, dass die Fahrer speziell über mangelnde Haftung an der Hinterachse klagten.
Im dritten Training konnten sie die Anpassungen bei der Abstimmung erstmals austesten – und sich dem Limit mit Blickrichtung auf die Qualifikation weiter annähern. Viele im Feld schienen eher einen Rückschritt als einen Fortschritt gemacht zu haben. Bei Sonnenschein und einer Außentemperatur von 26 Grad Celsius blieben die Rundenzeiten allgemein unter dem Niveau des Vortages.

Hamilton raus in Mirabeau
Die Überflieger der bisherigen Saison präsentierten sich am besten aufgestellt. Red Bull führte mit Max Verstappen und Sergio Perez das Feld an. Doch die Schlagzeilen gehörten Lewis Hamilton. Wenn auch unfreiwillig. Fünf Minuten vor Trainingsende machte der Rekordsieger der Formel 1 das, was man in Monaco in der letzten Übungseinheit vor der Qualifikation dringend vermeiden sollte. Er verunfallte.
Nach einer Bestzeit im ersten Streckenabschnitt brach Hamilton inmitten der Mirabeau-Kurve das Heck aus. Der dreimalige Monaco-Sieger versuchte, seinen Mercedes zu retten. Doch ein Gegenpendler ließ ihn in der Leitplanke stranden. Die linke Vorderradaufhängung wurde durch den Einschlag zerstört. Den Schaden sollten die Mercedes-Mechaniker in der Mittagspause richten können.
Der Einschlag erfolgte mit relativ niedriger Geschwindigkeit. In Mirabeau sind die Autos rund 75 km/h langsam. Die Mercedes-Mechaniker verfolgten vielmehr die Bergungsarbeiten mit sorgenvoller Miene. Der W14 baumelte ziemlich wild am Haken des Krans. Zu einem Absturz kam es nicht.

Perez verfolgt Verstappen
Verstappen hatte am Vortag das Gefühl, dass Ferrari über die Randsteine und in hängenden Kurven besser aufgestellt ist. Trotzdem glückte ihm bereits am Freitag die Bestzeit. Im dritten Training ließ sich der Champion den Spitzenplatz nicht entreißen. Auf den weichen Pirelli-Reifen umrundete der WM-Führende den 3,337 Kilometer langen Kurs in 1:12.776 Minuten. Am Freitag war er rund drei Zehntel schneller gewesen.
Sein erster Verfolger war der Teamkollege. Perez verkürzte den Abstand in seinem persönlich schnellsten Umlauf auf 73 Tausendstel. Die kleinen Setup-Korrekturen scheinen dem Mexikaner mehr Vertrauen in seinen Red Bull zu geben. So kann er ein Herausforderer für Verstappen in der Qualifikation am Nachmittag sein.
Auf dem dritten Rang landete etwas überraschend Lance Stroll. Der Kanadier ließ sich nicht abschütteln. Sein Rückstand auf die Bestzeit war mit 0,166 Sekunden gering. Aston Martin hatte das Setup von Freitag auf Samstag stärker umgebaut – trotz vielversprechender Ergebnisse. Stroll schien es zu helfen. Teamkollege Fernando Alonso kam hingegen der Schwung etwas abhanden. Der Ex-Weltmeister musste sich mit dem 14. Platz abfinden.
Allerdings ist das Klassement mit Vorsicht zu genießen. Der Unfall von Hamilton verhinderte späte Attacken. Die Rennleitung pfiff die Session vorzeitig ab. Wenige Minuten zuvor hatten die Fahrer schon mal den Gasfuß zügeln müssen. Kevin Magnussen war in seinem Haas vor der Portier-Kurve liegengeblieben. Die Servolenkung setzte aus. Eigentlich kann man auch ohne Unterstützung bis in die Box zurückfahren. Das lässt vermutet, dass es sich um ein größeres Problem rund um die Hydraulik handelt.

Leclerc klagt über sein Auto
Ferrari hatte einen vielversprechenden Start am Freitag, auch wenn Carlos Sainz einen Unfall produzierte. Die roten Autos waren schnell auf Speed gekommen. Teamchef Frederic Vasseur gab sich vorsichtig optimistisch: "Es sieht danach aus, dass wir bei der Vergabe um die Pole Position mitmischen." Im dritten Training sah es allerdings nicht mehr danach aus. Sainz wurde mit einem Rückstand von fast einer halben Sekunde Vierter. Charles Leclerc nur Siebter.
Der Monegasse klagte. Sein Ferrari setzte in der Tabak-Kurve zu stark auf. Das sorgte für ein instabiles Fahrverhalten, das sich bis in die schnelle Schwimmbadschikane zog. "Wir müssen umbauen. Mir fehlt die Kontrolle über das Auto", funkte Leclerc. Man darf vermuten, dass die Ferrari mit zu wenig Bodenfreiheit gefahren sind. Das lässt das Auto zu sehr auf den Bodenwellen aufschlagen.
Lando Norris schnitt wie am Freitag gut ab. Wieder reichte es für den fünften Platz im Klassement. McLaren kann sich auf ihn verlassen. Garagennachbar Oscar Piastri tut sich weiter schwer, gute Runden zusammenzubekommen. So versinkt er weiterhin im Hinterfeld der Formel 1. Einen guten Eindruck hinterließen dagegen die Alpine-Fahrer. Pierre Gasly (6.) und Esteban Ocon (9.) kletterten in die obere Tabellenhälfte. Ocon musste kurz bangen. Nach acht Minuten war er im Tunnel liegengeblieben. Nach einem kurzen Moment des Stillstands rettete er sich zurück an die Box.
In die Top 10 gelangten auch Hamilton – trotz Unfalls – und sein langjähriger Teamkollege Valtteri Bottas (10.), der seit letzter Saison für Alfa Romeo fährt. Der einzige Deutsche im Feld, Nico Hülkenberg reihte sich an der 13. Stelle ein. Wäre er zweieinhalb Zehntel schneller gewesen, hätte es für einen Platz in den Top 6 gereicht. So knapp sind die Abstände in Monte Carlo. Wie üblich auf diesem ultraengen Kurs.