Eigentlich hatte Ferrari damit gerechnet, dass man beim Heimspiel in Monza bestenfalls das zweitschnellste Auto haben würde. Doch der Rennstall der Herzen überrascht sich auf dem 5,793 Kilometer langen Highspeedkurs selbst. Schon in den Trainings zeichnete sich ab, dass Ferrari mit Red Bull mithalten kann. In der Qualifikation setzte sich Charles Leclerc sogar gegen die Übermacht der Saison durch.
Unter dem Jubel der Fans auf den Tribünen raste der Monegasse in 1:20.161 Minuten zur Pole Position. "Das ist ein unglaubliches Gefühl", freute sich der Mann, der nach 2019 ein zweites Mal in Monza vom ersten Startplatz startet. "Das war keine einfache Session. Ich habe gefühlt, dass das Potenzial im Auto steckt. Jedoch war es nicht einfach, es umzusetzen. Ich bin superglücklich über meine letzte Runde. Unsere Performance ist stark." Am Rennsonntag soll der zweite Sieg für ihn beim GP Italien her.
Red Bull geschlagen
Ferrari verdiente sich die Pole. Man war nicht auf die Motorenstrafe gegen Max Verstappen angewiesen. Leclerc war 0,145 Sekunden schneller als der Weltmeister. Red Bull hat den RB18 mit der Startnummer 1 mit Blick auf das Rennen abgestimmt. "Wir haben einen größeren Flügel drauf. Das war für die Quali nicht unbedingt hilfreich. Wir sollten davon im Rennen profitieren", bilanzierte Verstappen. Man hofft auf eine geringere Reifenabnutzung. Im Longrun am Freitag war er der schnellste Fahrer gewesen. Ein Sieg ist weiterhin drin. Auch von Platz sieben am Sonntag.
Die drittschnellste Zeit der Qualifikation glückte dem zweiten Ferrari-Fahrer. Carlos Sainz hatte nach dem ersten Durchgang von Q3 das Feld noch angeführt. Danach rutschte er ohne Windschatten im letzten Anlauf zurück. Es war unbedeutend. Aufgrund des Wechsels der Power Unit fällt er ohnehin auf den 18. Platz zurück. Wie Lewis Hamilton und Yuki Tsunoda, die von ganz hinten ins Rennen gehen werden.
Auch Sergio Perez wird den Grand Prix nicht vom vierten Platz beginnen, den er eigentlich am Samstag herausgefahren hatte. Er wird im Gegensatz zum Teamkollegen nicht um fünf, sondern um zehn Positionen zurückgestuft. Hamilton setzte sich im Vergleich mit Russell zwar durch. Der 24-jährige Engländer ist es allerdings, der bis in die erste Startreihe aufrückt.

Mercedes viel zu langsam
Mercedes muss die Qualifikation zu denken geben. Der Rückstand zu Ferrari und Red Bull ist riesengroß. Die Silberpfeile hinkten rund 1,4 Sekunden hinterher. McLaren etablierte sich als vierte Kraft, weil Alpine patzte. Lando Norris hätte beinahe sogar die Mercedes-Fahrer hinter sich gelassen. Beide McLaren springen geschlossen in die zweite Startreihe. Für Norris und Daniel Ricciardo ist ein Topergebnis im Rennen drin.
Ebenfalls nach vorne kommen Pierre Gasly, der die neuntschnellste Zeit in der Quali erzielte, und Fernando Alonso. Dem Spanier wurde in Q3 die schnellste Runde gestrichen, weil er in Kurve sieben neben der Strecke war. Ein Alpine sicherte sich einen Platz im dritten Quali-Teil. Das zweite Auto ruhte vorzeitig. Esteban Ocon musste nach den zweiten 15 Fahrminuten aus seinem blauen Rennwagen steigen. Im Vergleich mit Alonso hatte er um zweieinhalb Zehntel das Nachsehen. Eigentlich hatte Alpine gehofft, McLaren auch auf eine Runde zu besiegen und beide Fahrer ins Q3 zu bringen. Wenigstens hat es mit Ocon den Piloten erwischt, der den Motor gewechselt hat und dadurch ohnehin Positionen vor dem Rennstart verliert.
Die Teams wussten nach der Qualifikation selbst nicht genau, wo ihre Fahrer mit den vielen Strafen überhaupt starten. Bis die FIA eine vorläufige Startaufstellung um kurz vor 21 Uhr veröffentlichte. Hier die Top 10: Leclerc-Russell-Norris-Ricciardo-Gasly-Alonso-Verstappen-de Vries-Zhou-Latifi.
De Vries mit gelungenem Debüt
Alfa Romeo zeigte sich im Vergleich mit Zandvoort verbessert. Dennoch stellten Valtteri Bottas und Guanyu Zhou ihre Autos nach Q2 ab. Der finnische Routinier war der schnellere der beiden Alfa-Sauber-Fahrer. Zwischen die beiden quetsche sich in der Qualifikation ein Neuling. Nyck de Vries mischte zum ersten Mal überhaupt mit.
Der Niederländer ersetzt Alexander Albon, der sich den Blinddarm nach einer Entzündung entfernen lassen muss. De Vries verrichtete gute Arbeit und schlug Teamkollege Nicholas Latifi. Der Kanadier muss sich fragen, ob er überhaupt ein Cockpit in der Formel 1 verdient hat. Im letzten Versuch übertrieb es de Vries etwas. Er überbremste die Hinterachse in der Roggia-Schikane, verhinderte aber einen Dreher. Yuki Tsunoda verzichtete auf eine schnelle Runde im zweiten Teil.

Zwei Deutsche in Q1 raus
Für die deutschen Fahrer im Feld will es in Monza überhaupt nicht laufen. Sebastian Vettel quält sich mit einem langsamen Auto, Mick Schumacher mit einem unzuverlässigen, das ihm kostbare Trainingszeit raubte. Aston Martin versuchte es in den drei Übungseinheiten mit verschiedenen Flügeln, mit mehr und mit weniger Abtrieb, doch keine Maßnahme fruchtete.
Vettel schrammte am Aufstieg ins Q2 um etwa eine halbe Zehntelsekunde vorbei. Der Heppenheimer hatte sich vor der Qualifikation auf ein frühes Ausscheiden einstellen müssen, haderte am Funk aber dennoch. Eine verhältnismäßig gute Runde in einem bockigen Rennwagen reichte ihm nicht. Da ist der Quali-Erfolg über den Teamkollegen kein Trost.
Haas wusste schon im Vorfeld, dass Monza die unpassendste Rennstrecke des Jahres für den VF-22 sein würde. Die Trainings und die Qualifikation bestätigten es. Der US-Rennwagen mag keine Strecken für minimalen Abtrieb. Kevin Magnussen hätte dennoch ins Q2 kommen können, hätte er in Kurve sieben nicht gegen die Track Limits verstoßen. So platzierte er sich nur knapp vor dem Teamkollegen.
Mick Schumacher war nach zwei Technik-Defekten in den Trainings eingeschränkt. Mit der wenigen Fahrzeit war absehbar, dass er die erste Hürde nicht würde überspringen können. Er hielt sich achtbar.