Noch immer ist das Bild nicht ganz scharf. Doch das Kräfteverhältnis in der neuen Formel 1 wird mit jedem Training klarer. In der dritten Übungseinheit drehte Max Verstappen an diesem Wochenende zum zweiten Mal die schnellste Runde. Diesmal lenkte der Weltmeister seinen Red Bull in 1:32.544 Minuten um die 5,412 Kilometer lange Strecke in der Wüste.
Damit verpasste Verstappen seine eigene Bestmarke vom Vortag um rund sechs Zehntelsekunden. Jedoch waren am Freitagabend die Streckentemperaturen um etwa zehn Grad Celsius kühler. Unter Flutlicht leiden die Reifen weniger und die Strecke ist allgemein schneller. Deshalb sollte man auch das Ergebnis des dritten Trainings unter Sonne nicht überbewerten.

Ferrari weiter schnell
Trotzdem erhärtet sich, dass Red Bull das Team ist, das es zu schlagen gilt. Zumindest mit dem Weltmeister im Auto. In seinem ersten Anlauf auf weichen Reifen verbremste sich Verstappen in Kurve eins und brach danach ab. Im zweiten Versuch drückte er die Bestzeit. Anhand der Sektorenbestzeit von Teamkollege Sergio Perez im ersten Abschnitt sieht man, dass für Verstappen sicher noch mehr drin gewesen wäre. Generell gilt: Die weichen Reifen (C3) geben zwar eine zweite fliegende Runde her, bieten dann aber nicht mehr ganz so viel Grip.
Der zweite Red Bull ordnete sich an dritter Stelle ein. Sergio Perez, der am Freitag mit einer anderen Abstimmung als Verstappen unterwegs war, begrenzte den Abstand auf 0,247 Sekunden. Zu Beginn der Session hatte sich der Mexikaner über ein langes Bremspedal beklagt, das ihn später allerdings nicht an einer guten Rundenzeit hinderte.
Der Ferrari F1-75 ist schnell – besonders in den Händen von Charles Leclerc. Dem Monegassen fällt es leichter, auf eine Runde das Potenzial des Autos freizusetzen. Teamkollege Carlos Sainz hat dafür offensichtlich noch nicht das richtige Gefühl gefunden. Leclerc hielt wie gestern mit Verstappen mit. Sein Rückstand belief sich auf 96 Tausendstel.
Mercedes bislang dritte Kraft
Der Ferrari-Pilot hatte das Gefühl, dass ihm vor allem der letzte Sektor nicht ganz glückte. Da sollte also noch mehr gehen. Sainz landete im zweiten roten Auto auf dem fünften Platz. Ihm fehlten über vier Zehntelsekunden auf den Garagennachbarn. Im Gegensatz zu Leclerc hielt er seinen Ferrari immer auf der Piste. Der zweimalige GP-Sieger hatte einmal sein Auto in Kurve elf verloren und drehte sich ins Kiesbett, aus dem sich Leclerc anschließend befreite.
Mercedes scheint die dritte Kraft zu sein. Den Konstrukteurs-Weltmeister sollte man allerdings nie unterschätzen. In der Qualifikation könnten frische Reifen die Defizite kaschieren. George Russell klagte in seinem ersten Run im dritten Training über starkes Untersteuern in langsamen Kurven. Hinten heraus wurde der 24-jährige Engländer aber schneller. Zum dritten Mal an diesem Wochenende ließ er Lewis Hamilton hinter sich. Russell fehlten 0,391 Sekunden zur Spitze. Etwas weniger als am Freitag.
Hamilton hätte schneller fahren können. Ihm misslang jedoch die knifflige zehnte Kurve. Seine Ingenieure rechneten ihm dort einen Zeitverlust von eineinhalb Zehnteln vor. Die Frage ist, wer bereits wie viel abgetankt hat und bereits wie hoch das Dampfrad gedreht hat. Erst die Qualifikation wird uns zeigen, ob Red Bull tatsächlich vor Ferrari und Mercedes steht.

Haas mit Magnussen stark
Im Mittelfeld kann sich Haas berechtigte Hoffnungen machen, mit beiden Autos in die Top 10 vorzudringen. Mick Schumacher wurde zwar nur 14. Das muss aber an einer nicht sauberen Runde gelegen haben. Teamkollege Kevin Magnussen zeigte ihm, was im US-Ferrari drin steckt. Der Däne setzte sich als Siebter um sogar drei Zehntelsekunden vor dem restlichen Mittelfeld ab.
Dort macht Alfa Romeo weiter eine gute Figur. Valtteri Bottas raste an die achte Position, Rookie Guanyu Zhou überzeugte als Neunter. Den letzten Platz in der oberen Tabellenhälfte eroberte Lance Stroll im Aston Martin. Die britische Edelmarke gab damit ein Lebenszeichen ab. Am Freitag hatte es so ausgesehen, als ob nur Williams langsamer sei.
Zwischen Platz acht und 15 lagen sieben Zehntel. Da kann es in der Qualifikation durchaus noch zu Verschiebungen kommen. Darauf hofft McLaren, das abermals die Top 10 mit beiden Autos verpasste. Gestern fehlte Grip. Am Samstag tauchte Lando Norris zunächst mit FloViz-Farbe am Frontflügel auf der Strecke auf. Die Ingenieure müssen ihr Auto wohl erst noch verstehen.
Alpine verzichtete darauf, die weiche Mischung anzufassen. Das erklärt das Abschneiden der Franzosen. Nico Hülkenberg kommt immer besser in Schwung. Der zwölfte Platz wäre in der Qualifikation ein super Ergebnis für den langen Rheinländer. Yuki Tsunoda bremste ein Technik-Problem aus. Er konnte seinen Alpha Tauri nicht aus der Garage lenken. Der Japaner drehte nicht eine Runde.