Das erste Training war Warmlaufen und Schaulaufen zugleich. Bei acht von zehn Teams hatte ein Stammfahrer ausgesetzt. Als die Sonne in Abu Dhabi unterging, die Temperaturen von Luft und Asphalt fielen und rund 4.700 Scheinwerfer das 5,281 Kilometer lange Asphaltband ausleuchteten, ging es ernster zur Sache. Und der Hauptdarsteller der Formel-1-Saison 2022 übernahm das Kommando.
Max Verstappen, der im ersten Training seinen Red Bull noch an Nachwuchsfahrer Liam Lawson abgetreten hatte, kurvte auf der weichsten C5-Mischung in 1:25.146 Minuten um den Yas Marina Circuit. Die Konkurrenz war chancenlos. Seinem ersten Verfolger brummte der 14-fache Saisonsieger fast dreieinhalb Zehntelsekunden auf.

Ferrari nur auf Mediums schnell
Die Probleme mit dem Untersteuern, die Red Bull noch in Brasilien über das ganze Wochenende verfolgt hatten, scheinen gelöst zu sein. Verstappen war der Chef im eigenen Team. Nur zu Beginn der Session klagte der Sieger der beiden letzten Ausgaben in Abu Dhabi über sein Auto. Ihm missfiel das Gefühl auf dem Bremspedal.
Garagennachbar Sergio Perez verlor als Fünfter über sieben Zehntelsekunden. Der Mexikaner muss zulegen. Für ihn geht es im Saisonfinale um den zweiten Platz in der Fahrer-WM. Im Fall der Fälle hat ihm Verstappen Schützenhilfe zugesichert, sofern sie Perez gegen Charles Leclerc benötigt.
Am Freitagabend klassifizierte sich der Monegasse jedenfalls vor dem zweiten Red Bull. Auf den Mediumreifen machte Leclerc in seinem roten Auto eine gute Figur. Dort stellte er die Bestmarke auf. Allerdings blieb die Leistungssteigerung auf der weichen Mischung aus. Der WM-Zweite fand darauf nur rund eine halbe Sekunde. Die Konkurrenz von Red Bull und Mercedes verbesserte sich um eine Sekunde und mehr.
Mercedes verfolgt Red Bull
So erreichte Leclerc zwar den dritten Platz. Jedoch hat Ferrari noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Zumal auch der Longrun am Ende des Trainings nicht zufriedenstellend ausfiel. Ferrari rechnete vor, dass rund zwei Zehntel zu Red Bull und Mercedes fehlen würden. Die Silberpfeile waren der hartnäckigste Herausforderer der Weltmeister.
George Russell kam dem Auto mit der Startnummer eins noch am nähesten. Der Sieger des GP Brasilien hinkte Verstappen um 0,341 Sekunden hinterher. Teamkollege Lewis Hamilton lag als Vierter bereits über sechs Zehntelsekunden zurück. Der 37-jährige Engländer fährt sein 200. Rennen im Dienst von Mercedes. Der Abstand zu Russell lässt sich mit einem schwachen letzten Streckenteil erklären.
Red Bull vor Mercedes und Ferrari. Carlos Sainz sortierte sich im zweiten roten Auto auf dem sechsten Platz ein. Er musste sich bereits nach hinten orientieren. Dort reihten sich die beiden Alpine von Esteban Ocon und Fernando Alonso ein. Der französische Nationalrennstall musste den hellblauen Autos nach dem ersten Training ein Schieben über die Vorderachse austrainieren. Es scheint geglückt zu sein. Alpines Auftrag lautet, den vierten Platz in der Konstrukteurs-WM abzusichern.

Vettel 12., Schumacher 17.
Bei McLaren war ausnahmsweise nicht Lando Norris der schnellere Fahrer, sondern Daniel Ricciardo. Der Australier steuerte seinen MCL36 an die neunte Position. Im kommenden Jahr soll er als Ersatzfahrer für Red Bull tätig sein, wie Helmut Marko bestätigte. Es wäre eine Rückkehr an alte Wirkungsstätte. Red Bull will den Strahlemann der Formel 1 besonders für Marketing- und Werbeevents einspannen.
Alfa Romeo machte am Freitag von Abu Dhabi einen gefestigten Eindruck. Der C42 war in den Händen von Valtteri Bottas (10.) eine Spur schneller als Sebastian Vettel im Aston Martin. Die beiden Rennställe streiten sich um den sechsten WM-Platz. Vettel würde ihn seinem Team gerne zum Abschied bescheren.
Die langsamsten Teams des ersten Trainingstags waren Alpha Tauri, Williams und Haas. Mick Schumacher strebt nach einem würdigen Ende bei Haas. Für ihn sprang der 17. Rang heraus. Sein Landeplatz dürfte im kommenden Jahr bei Mercedes die Position des Ersatzfahrers sein.