Statistisch gesehen stehen Fernando Alonsos Chancen 50 zu 50. Der Spanier kehrt 2021 nach zwei Jahren Pause wieder in den GP-Zirkus zurück. Er ist nicht der erste Top-Fahrer, der eine freiwillige oder unfreiwillige Auszeit von mindestens einem Jahr Länge einlegen musste. Von seinen Vorgängern sind zwei nach ihrer Rückkehr immerhin noch einmal Weltmeister geworden. Fünf haben danach noch Rennen gewonnen. Alle holten in ihrer zweiten Karriere WM-Punkte. Zwei waren danach sogar besser als vorher.
Nur für Michael Schumacher, Alan Jones und Dan Gurney hat sich das Comeback nicht wirklich gelohnt. Schumacher schaffte es von 2010 bis 2012 nur ein Mal auf das Podium. Ziemlich dürftig für einen Fahrer, der vorher sieben Mal Weltmeister war, 91 GrandsPrix gewonnen hat und insgesamt 155 Mal auf dem Podium stand.
Alan Jones kehrte gleich zwei Mal zurück. Das erste Comeback bei Arrows dauerte nur ein Rennen und endete mit einem Ausfall. Zwei Jahre später war er wieder da, mit einem viel größeren Projekt. Doch der Weltmeister von 1980 brachte es 1985 und 1986 mit Haas-Lola nur noch auf vier WM-Punkte. Das mit Pauken und Trompeten angekündigte US-Team wurde zum Flop.
Dan Gurney wollte 1970 eigentlich gar nicht zurückkommen, fühlte sich aber nach dem Tod von Bruce McLaren irgendwie verpflichtet, dem Rennstall des Freundes auszuhelfen, bis ein neuer Mann für das vakante Cockpit gefunden war. Gurney fuhr noch drei Rennen und kam dabei beim GP Frankreich noch ein Mal in die Punkteränge.

Alonso läuft die Zeit davon
Fernando Alonsos Ausstieg Ende 2018 war nicht ganz freiwillig. Bei McLaren ging trotz Renault-Motoren nichts vorwärts. Anderswo war kein Platz. Alonso war es leid um die Plätze 5 bis 10 zu fahren. Hätte sich bei Mercedes eine Tür geöffnet, wäre der zweifache Weltmeister bestimmt nicht für zwei Jahre abgetaucht. Jetzt sieht er mit dem Neustart der Formel 1 in der Saison 2022 wieder seine Chance. In der Hoffnung, dass Renault für die neue Technik-Formel die richtige Lösung hat. Renault war der einzige Rennstall, bei dem sich Alonso noch Asyl erhoffen durfte und der ihn bezahlen konnte.
Für Alonso war es höchste Eisenbahn noch einmal einen Fuß in die Tür zu bekommen. In der zweiten Hälfte der Comeback-Saison 2021 wird der 32-fache GP-Sieger 40 Jahre alt sein. Dem einst jüngsten GP-Sieger der Formel 1 läuft langsam die Zeit davon. Schumacher wagte im Alter von 41 Jahren ein Comeback. Der Deutsche war zwar so fit wie seine jungen Kollegen, doch da und dort merkte man doch Abnutzungserscheinungen. So war Schumacher relativ häufig in Kollisionen verwickelt, die er in seiner ersten Karriere eher vermieden hätte.
Auch Nigel Mansell war 1994 bei seiner Rückkehr aus der IndyCar-Serie bereits jenseits von 40. Die ersten vier Rennen im Williams liefen noch ganz gut für den Weltmeister von 1992. Mansell gewann das Saisonfinale 1994 in Adelaide von der Pole Position, nachdem sich Michael Schumacher und Damon Hill aus dem Rennen gebombt hatten. Schon da konnte man aber erkennen, dass dem Heimkehrer der ultimative Speed fehlte. Was dann ein Jahr drauf bei McLaren offensichtlich wurde. Nach zwei müden Einsätzen in dem wenig konkurrenzfähigen MP4-10 war Schluss.

WM-Titel in der zweiten Karriere
Alain Prost und Niki Lauda wurden nach ihrer Rückkehr noch ein Mal Weltmeister. Bei Prost mit Ansage. Der Franzose bastelte in seinem Jahr Pause am perfekten Comeback. Er dockte beim besten Rennstall dieser Ära an und hielt sich teaminterne Konkurrenz vom Hals. Sein Titel 1993 im Williams-Renault war eigentlich nur noch Formsache. Prost wusste, dass damit seine Zeit abgelaufen war und trat sofort wieder zurück.
Niki Lauda konnte seine zweite Karriere nicht so punktgenau planen. McLaren befand sich nach einer dreijährigen Durststrecke gerade wieder auf dem Weg nach oben, war aber für 1982 nicht unbedingt ein Titelkandidat. Lauda war sofort wieder bei der Musik. Platz vier beim Comeback in Brasilien, Pole Position und Sieg beim dritten Einsatz in Long Beach. Der Österreicher schloss die Saison mit zwei Siegen und 30 Punkten als Fünfter ab.
Nach einer Flaute im Jahr darauf bot ihm das Schicksal 1984 noch einmal die ganz große Chance. Der McLaren MP4-2-Porsche war das beste Auto im Feld. Lauda holte seinen dritten WM-Titel mehr mit Köpfchen als mit dem Gasfuß. Prost war schneller, Lauda schlauer.

Räikkönen sofort bei der Musik
Kimi Räikkönen fand 2012 trotz zweijähriger Absenz ohne Anpassungsschwierigkeiten zuück. Tatsächlich war das Jahr mit Lotus eine seiner besten Saisons. Räikkönen schloss die WM als Dritter ab, gewann einen Grand Prix, stand sieben Mal auf dem Podium und sammelte in 19 der 20 Rennen Punkte. Eine zweite starke Saison mit Lotus war die Grundlage für seinen zweiten Ferrari-Vertrag 2014. Räikkönen blieb fünf Jahre und verabschiedete sich mit seinem 20. GP-Sieg von dem Team, mit dem er 2007 Weltmeister wurde. Räikkönen fährt immer noch und ist mit 330 GP-Starts mittlerweile Rekordteilnehmer.
Nicht alle Comebacks standen so im Rampenlicht wie die der Weltmeister. Peter Revson und Mike Hailwoods Karrieren verliefen nahezu parallel und waren sich auch sehr ähnlich. Beide versuchten Mitte der 60er Jahre in der Formel 1 Fuß zu fassen, kamen aber auf keinen grünen Zweig. Revson kehrte in die USA zurück und machte sich dort in der Can-AM und Indianapolis einen Namen. Hailwood fuhr wieder Motorradrennen. Zu Beginn der 70er Jahren kehrten beide zurück und waren deutlich erfolgreicher als im ersten Part ihrer Karriere.
Peter Revson gewann 1973 mit McLaren zwei Grands Prix. 1974 verunglückte der Can-Am Meister von 1971 bei Testfahrten in Kyalami in einem Shadow. Mike Hailwood dockte Ende 1971 im Team eines anderen Motorrad-Weltmeisters an. Der Engländer zählte in seinem Surtees in Monza zu der Gruppe der fünf Fahrer, die das knappste Finish aller Zeiten auf die Bahn legten. Hailwood an vierter Stelle. Im Jahr darauf zeigte "Mike the bike" mit 13 WM-Punkten, dass er auch ein exzellenter Autorennfahrer war. 1974 saß er im dritten McLaren. Ein schwerer Unfall am Nürburgring beendete seine Karriere.
Derek Warwick fand 1991 nach einem schlechten Jahr bei Lotus kein geeignetes Cockpit mehr. Da war es lohnenswerter sich zuerst bei Jaguar und dann bei Peugeot auf die Sportwagen-Weltmeisterschaft zu konzentrieren. Warwick schloss das Jahr 1992 mit maximalem Erfolg ab. Er wurde Sportwagen-Weltmeister und gewann die 24 Stunden von Le Mans. Das wirkte. Für 1993 machte ihm sein alter Rennstall Arrows noch einmal ein Angebot in die Formel 1 zurückzukehren. Warwick nahm an und stockte sein Punktekonto aus elf Jahren Königsklasse noch einmal um vier WM-Zähler auf.