Das Wetter in São Paulo ist berüchtigt und unberechenbar. Es kann innerhalb einer Stunde von blauem Himmel in einen Wolkenbruch umschlagen. 45 Minuten vor der Qualifikation setzte ein Tropenregen den Kurs von Interlagos unter Wasser. Dann begann das altbekannte Verschiebe-Spiel, das wir aus 2010 kennen. Damals fand die Qualifikation nach über vier Stunden wenigstens ein Ende. Diesmal wurde sie nach sechs Zeitverschiebungen abgesagt und vertagt.
Damit findet die Qualifikation nach Suzuka 2002, 2010 und 2019, Melbourne 2013 und Austin 2015 zum sechsten Mal an einem Sonntag statt. Wenn sie denn stattfindet. Die Wettervorhersage ist schlecht.
Deshalb entschied sich die Formel 1 in Abstimmung mit den Teams und den TV-Anstalten, den Rennstart von 14.00 Uhr (18.00 Uhr MEZ) auf 12.30 Uhr (16.30 Uhr MEZ) vorzuziehen. Dementsprechend rückt auch die Qualifikation nach vorne. Sie beginnt bereits um 7.30 Uhr Ortszeit (11.30 Uhr MEZ). Für die Teams heißt das: Abfahrt aus dem Hotel um 4.00 Uhr morgens.

F1-Boss Stefano Domenicali überzeugte die TV-Stationen, den Start nach vorne zu verlegen.
Mehr Flexibilität als in Spa 2021
Die kurzfristige Startverschiebung hat einen Grund. Am Sonntag ist mehr Regen vorhergesagt. Bis zum frühen Nachmittag soll es noch erträglich sein, sich dann aber in kräftigen Dauerregen verwandeln. Nach der Erfahrung von Spa 2021, als man den Fans nach langem Warten kurz vor Einbruch der Dunkelheit noch zwei Runden hinter dem Safety-Car bot, will man sich diesmal auch mehr Flexibilität gönnen, das Rennen weiter zu verschieben.
Ziel ist es, den Grand Prix am Sonntag durchzuziehen, denn es gibt keinen Ersatz. Eine Verlegung auf Montag ist trotz der anschließenden Dreiwochen-Pause aus logistischen Gründen unmöglich. Wenn man die Qualifikation ein zweites Mal opfern muss, dann liegt es im Ermessen der Sportkommissare zu entscheiden, wie die Startaufstellung ermittelt wird.
Zur Wahl stehen das Ergebnis des ersten Trainings, der Sprint-Qualifikation, das Sprintresultat oder der WM-Stand. Das wäre die beste Lösung für Max Verstappen. Er würde dann samt seiner Strafe von Platz sechs starten. Zählt das erste Training, wäre es Rang 20. "Am meisten Sinn würde die Qualifikation für den Sprint machen", schlägt Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur vor. "Das hat die meiste Relevanz."

Die Streckenposten gaben ihr Bestes, doch von oben kam immer wieder neuer Regen nach.
Hamilton kritisiert Regenreifen
Als die Qualifikation um 16.45 Uhr endgültig abgesagt wurde, da ertönte von den Tribünen ein gellendes Pfeifkonzert. Wieder einmal hatte Regen die schnellsten Autos der Welt davon abgehalten, zu fahren. Lewis Hamilton gab indirekt Pirelli die Schuld. "Wir bräuchten halt bessere Regenreifen und Heizdecken. Dann könnten wir auch rausfahren."
Dort konterte man mit der Feststellung, dass neue Regenreifen bereits in der Produktion sind, dass es aber bei den mangelnden Testmöglichkeiten auch schwierig sei, unterschiedliche Mischungen, Profile und Konstruktionen auszuprobieren. Außerdem sei Hamilton nicht gerade der eifrigste Testpilot.
Safety-Car-Fahrer Bernd Mayländer gab der Entscheidung der Rennleitung recht. "Es war sogar für unseren Aston Martin das Limit. Das meiste Wasser stand zwischen den Kurven 3 und 4, am Ausgang von Kurve 5 und auf der Zielgeraden. Aus den umliegenden Wiesen floss dauernd neues Wasser auf die Bahn. Außerdem war es extrem dunkel. Bei den schlechten Lichtverhältnissen war es unheimlich schwierig, stehendes Wasser von nicht stehendem Wasser zu unterscheiden."
Neben der Strecke hatte der Regen die Wiesen in einen Sumpf verwandelt. "Wenn ein Auto von der Strecke abgekommen wäre, wäre es auf dem nassen Gras noch schneller geworden", warnte Mayländer. Eine gute Nachricht hatte der Safety-Car-Fahrer dann doch noch parat: "Der neue Asphalt bietet auf nasser Strecke erstaunlich viel Grip."