Der aktuelle Abonnement-Sieger der Formel 1 hat nicht nur das schnellste Auto und mit Max Verstappen am Steuer den schnellsten Fahrer. Red Bull dominiert die Königsklasse auch in anderen Disziplinen. Zum Beispiel bei den Boxenstopps. In den letzten fünf Jahren zeichnete F1-Serienpartner DHL das Team aus dem englischen Milton Keynes jeweils für die besten Boxenstopps aus. In dieser Saison ist Red Bull auf dem besten Weg, diesen Titel zu verteidigen.
In den ersten zwölf Grands Prix der Saison absolvierten Red Bulls Mechaniker in der Hälfte der Rennen die schnellsten Reifenwechsel. In Summe sammelte man in der Statistik der DHL 333 Punkte. Das reicht, um das Formel-1-Feld bei den Boxenstopps klar anzuführen. Auf dem zweiten Platz macht sich Ferrari breit. Die Scuderia kommt beim DHL-Award auf 266 Punkte.
In Maranello hat man in der Winterpause offensichtlich den Fokus auf noch bessere Stopps gelegt. Ferrari steigerte sich in dieser Hinsicht von Position vier auf zwei. Immerhin ein kleiner Lichtblick in einer ansonsten durchwachsenen Saison. Und der italienische Nationalrennstall hatte bei vier der bisherigen zwölf Grands Prix die geschicktesten Mechaniker-Hände. Die anderen beiden Etappensiege verbuchte McLaren. Die restlichen sieben Teams gehen leer aus.
Schnellste Stopps bei GP Ungarn
McLaren arbeitet beim Reifenwechsel weiter schnell und beständig – auch wenn man im Vergleich zum Vorjahr um einen Rang abgerutscht ist. Der Rennstall aus Woking erbeutete 161 Punkte in der Boxenstopp-Statistik. Red Bull, Ferrari und McLaren lösen sich damit an der Spitze von ihren Konkurrenten. In der Liste der zehn schnellsten Boxenstopps der Saison tauchen nur diese drei Team-Namen auf. Red Bull vier Mal, Ferrari und McLaren jeweils drei Mal.
Die besten Stopps gab es beim GP Ungarn. Red Bulls Crew bestückte dort den Rennwagen von Sergio Perez in 1,98 Sekunden mit neuen Reifen. Das ist Saison-Rekord, und der einzige Boxenbesuch in unter zwei Sekunden. McLaren war in Budapest nur einen Tick langsamer. Oscar Piastri schaute nur für 2,01 Sekunden bei seinen Mechanikern vorbei, und war dann auch schon wieder weg.
Für die Teams zählt Konstanz noch mehr als Schnelligkeit. Sie üben die Boxenstopps kalt in der Fabrik und am Rennplatz warm bei jeder Gelegenheit. Training ist das A und O in der Choreografie, die 20 Mann durchführen. An jedem Rad arbeiten drei Mechaniker. Einer zieht den Reifen ab, ein anderer steckt den frischen Satz auf den Radträger. Der Mann am Schlagschrauber löst jeweils die Mutter und befestigt sie wieder.
So läuft ein F1-Boxenstopp ab
Zwei Mechaniker bocken das Auto auf – einer vorn, der andere hinten. Für den hinteren Wagenheber gibt es noch Ersatz, wie ein Schaubild von McLaren veranschaulicht. Zwei Mechaniker stabilisieren den Rennwagen links und rechts vom Cockpit, damit während des Reifenwechsels auch ja nichts verrutscht. Ein Mechaniker kann bei Bedarf den Frontflügel verstellen. Sein Nebenmann gibt grünes Licht, sobald die Arbeiten abgeschlossen sind. Ein weiterer Mechaniker überwacht den Prozess.
Boxenstopps sind eine Wissenschaft für sich. Die Teams achten auf jeder Rennstrecke genau darauf, wo sie ihre Markierungen vor der Garage anbringen. Wie der Fahrer ein- und ausparken soll, damit ein möglichst reibungsloser Ablauf garantiert ist. Dabei gibt die Rennleitung vor, in welchem Korridor die Teams vor ihren Garagen arbeiten dürfen. Innerhalb dieser Grenzen bleibt etwas Spielraum.
Bei McLaren ist ein Versatz von 30 Zentimetern der Standard. Die Nase des Autos ist dabei zur Garage gerichtet. Chefmechaniker Kari Lammenranta erklärt, warum man das Auto so beim Boxenstopp anwinkelt. "Das Einfahren in die Box ist immer der schwierige Teil. Daher gehen wir so vor, statt die Box gerade auszurichten. Wenn sie gerade wäre, müsste der Fahrer eine Schleife fahren, um die Markierungen zu treffen. Das ist schwierig – vor allem, wenn die Boxengasse eng ist und nicht viel Platz zwischen den Teams ist."
Mercedes schwach
Wer exakt anhält, spart sich beim Reifenwechsel ein, zwei Zehntelsekunden. Und er verringert die Gefahr eines verpatzten Boxenstopps. Denn sobald der Mechaniker am Rad seine Position verändern muss, kann es durchaus passieren, dass er den Schlagschrauber falsch aufsetzt – und die Mutter verkantet.
Die kompliziertesten Boxengassen des Jahres, was die Positionierung anbetrifft, sind die kürzesten: Monaco und Zandvoort. In beiden Fällen gibt es wenig Platz. In den Niederlanden darüber hinaus noch eine Besonderheit. "Zandvoort ist am härtesten, weil ein zusätzliches Problem besteht. Mitten in der Boxenstraße gibt es eine Senke. Wenn der Fahrer also einlenkt, entlastet es erst das eine Rad. Wenn es wieder Kontakt zum Boden hat, hebt das andere Vorderrad ab", erläutert Lammenranta.
Zurück zur Statistik der DHL: Mercedes ist wie im Vorjahr in der zweiten Tabellenhälfte anzutreffen. Das Team von Lewis Hamilton und George Russell belegt mit 61 Punkten den siebten Platz. Auf den hintersten Plätzen finden sich Alfa Romeo und Haas ein. Auch das war 2022 bereits der Fall.
Die DHL vergibt in ihrer Statistik an jedem Rennwochenende Punkte zu den Reifenwechseln – analog zum WM-Schema. Bedeutet: Das Team, das den schnellsten Stopp im Rennen abwickelt, erhält 25 Zähler. Für den langsamsten Stopp bekommt man einen Punkt für die Statistik gutgeschrieben. Gewertet werden die schnellsten zehn Wechsel. Ein Team kann in den Top 10 also mehrmals pro Rennen vertreten sein.