Die Uhr tickt. 2021 bekommt die Formel 1 ein neues Gesicht. Ziel ist es, dass man mit den Rennautos der Zukunft eine bessere Show bieten kann. Und dafür ist es entscheidend, wie sich die Fahrzeuge im Verkehr bewegen. Bei den aktuellen Autos ist die Luft direkt hinter dem Heckflügel so verwirbelt, dass ihr bis zu 80 Prozent ihrer Energie geraubt werden. Deshalb ist es für den nachfolgenden Fahrer praktisch unmöglich, sich in den Kurven im Windschatten des Vordermannes zu halten. Der Abtriebsverlust in einem bestimmten Fenster hinter einem Auto beträgt bis zu 80 Prozent. Erst mit genügend Abstand wird es besser. Doch dann ist man wieder zu weit weg für einen Angriff.
In diesem Jahr unternimmt die Formel 1 einen ersten Versuch, dieses Problem zu lösen. Simplere Frontflügel, weniger verwirbelte Luft, die um das Auto herum geschickt wird und höhere Heckflügel sollten die Luftqualität hinter dem Auto verbessern. Doch die FIA hat die Rechnung ohne die Ingenieure gemacht. Die schicken weiter erfolgreich sämtliche schlechte Luft außen an den Rädern vorbei. Und die trifft sich dann dummerweise hinter dem Auto wieder, auch noch exakt auf Höhe des Frontflügels. Der reagiert allerdings nicht mehr ganz so sensibel, weil er einfacher strukturiert ist.
Tests im Sauber-Windkanal
Der Saisonauftakt in Melbourne hat gezeigt, wie schwierig es ist, den Ingenieuren etwas in die Regeln zu schreiben, das sie eigentlich gar nicht interessiert. Sie wollen nur das schnellstmögliche Auto bauen. Die Fahrer haben in Melbourne berichtet, dass sich kaum etwas geändert hat. Man kann vielleicht ein bisschen näher aufschließen, bis sich der Abtriebsverlust wirklich drastisch bemerkbar macht. Sicher ist, dass DRS dank des größeren Öffnungswinkels zwischen Heckflügel-Hauptblatt und Flap eine stärkere Waffe geworden ist. Ein endgültiges Urteil wird man sich erst nach den nächsten zwei Rennen erlauben können. Die Strecken in Bahrain und China sind im Gegensatz zu Melbourne überholfreundlich. Formel 1-Sportdirektor Ross Brawn ist dagegen sicher: „Hätten wir nichts gemacht, wäre es noch schlimmer geworden.“

Mit dem 2021er Auto soll alles deutlich besser werden. Die Saison 2019 wird den Regelmachern noch ein paar wichtige Erkenntnisse liefern, was funktioniert und was nicht. Selten wurden so viel Arbeit und so viel Wissenschaft in ein Konzept gesteckt, dass die Autos im Verkehr besser fahrbar machen soll. Die Ingenieure des F1-Managements und der FIA sind bereits bei Ausbaustufe 9 angelangt. Sämtliche Konzepte werden in der CFD-Simulation und im Sauber-Windkanal getestet. Wichtigstes Chart ist die Luftverwirbelung hinter dem Auto.
Die farblich markierten Segmente im Heck der CFD-Modelle zeigen ziemlich deutlich, wo die Reise hingeht. Der Grad an turbulenter Luft hinter dem Auto nimmt von Entwicklungsstufe zu Entwicklungsstufe ab. Beim Modell mit dem Namen „INDIA“ beträgt er im kritischen Bereich nur noch 20 Prozent. Mit anderen Worten: Der Fahrer im nachfolgenden Auto hat direkt hinter seinem Gegner 80 Prozent Abtrieb zur Verfügung. Zur Zeit sind es 30 Prozent. Je weiter man nach hinten schaut, um so schwächer sind bei den 2021er Autos die Luftqualitäts-Segmente ausgeprägt. Relativ bald beginnt ein Bereich, in dem der Hintermann praktisch nichts mehr spürt.
Frontflügel hängt nicht mehr unter Nase
Der letzte Vorschlag der Expertenkommission macht gerade bei den Teams die Runde. Den Technikchefs wurden zwei Fristen gesetzt. Sie mussten bis Mitte März und müssen bis Ende April die Vorschläge begutachten und eventuell Anregungen zu Verbesserungen machen oder mögliche Fallstricke aufdecken. Die FIA wird dann noch eine weitere Entwicklungsschleife einziehen, bevor das technische Reglement finalisiert wird. Und das geht dann schon ziemlich ins Detail, allerdings mit der Möglichkeit nachzubessern, sollten sich im Laufe des Jahres neue Erkenntnisse ergeben.
Und wie sehen diese Wunderautos aus, die 2021 den Rennsport revolutionieren sollen? Das F1-Management hat letztes Jahr im September einige Studien präsentiert, die einen ungefähren Eindruck vermittelt haben. Doch seitdem ist schon wieder ein halbes Jahr vergangen, und es hat sich viel getan. auto motor und sport wurden drei CFD-Bilder vom aktuellen Stand „INDIA“ des 2021er Autos zugespielt. Weil das für Laien wenig aussagekräftig ist, haben wir unseren Design-Mitarbeiter Mark Antar gebeten, dem Modell eine Rennlackierung zu verpassen (Hier geht es zu seiner Webseite).

An der lassen sich drei Dinge relativ schnell erkennen. Der Frontflügel hängt nicht mehr unter der Nase, sondern wächst aus ihr heraus. Und er schwebt deutlich höher über der Straße als bei den 2019er Modellen. Außerdem besteht der Flügel aus drei statt fünf Elementen. In der Breite fehlen links und rechts 5 bis 10 Zentimeter. Der Heckflügel ist ebenfalls sehr hoch montiert und schließt fast mit der Airbox ab. In dem Modell ist neben zwei Elementen oben auch wieder ein Unterflügel erlaubt.
Leitbleche in stark reduzierter Form
Völlig neu ist, dass die Idee vom komplett flachen Unterboden aufgegeben wird. Zum ersten Mal seit 1983. Unter den Seitenkästen dürfen zwei Tunnel in vorgeschriebener Größe eingeflochten werden, die dann in einem Diffusor münden, der höher sein wird als heute. Damit soll der Abtrieb kompensiert werden, der durch die einfacheren Flügeln verloren geht. Es wird den Konstrukteuren allerdings schwer fallen, den Boden gegen seitliche Strömung abzudichten. Schürzen so wie in der Groundeffect-Zeit von 1978 bis 1982 sind natürlich verboten. Die Anzahl an Leitblechen wird deutlich schrumpfen. Hinter den Vorderrädern ist dann nur noch Platz für zwei relativ simple Strömungsausrichter.
Die Verkleidung fällt im Vergleich zu 2019 relativ glatt aus. Keine Aufbauten, keine Finnen, keine Bügelflügel. Der Halo ist ein bisschen eleganter im Gesamtdesign integriert. Auf dem Rücken der Airbox ist nur eine Mini-Finne am hinteren Ende erlaubt, damit der Heckflügel nicht so sensibel auf Seitenströmung in Kurvenfahrt reagiert. Auffällig sind auch die beiden Kotflügel über den Vorderrädern. Sie sollen die dort entstehenden Turbulenzen sofort nach unten drücken, so dass sie nicht hinter das Auto gelangen können. Der Heckflügel muss nicht notwendigerweise an den Endplatten aufgehängt werden. Eine zentrale Stütze ist auch erlaubt. Eine schlechte Nachricht gibt es schon jetzt. Die Autos sollen noch einmal schwerer werden. Angeblich um bis zu 50 Kilogramm. Das liegt an den vielen Standardteilen, die das Reglement dann vorschreiben wird.