Aston Martin hat in jedem Rennen gepunktet. Zweistellig aber nur zwei Mal. Vor einem Jahr feierte Aston Martin nach sechs Grand Prix fünf Mal auf dem Podium und hatte drei Mal so viele Punkte auf dem Konto. Von Bahrain bis Shanghai lag nicht viel zwischen Aston Martin und Mercedes. Der vierte Platz schien ein realistisches Ziel. Seit Miami muss sich der Blick nach hinten richten. Toro Rosso kommt Aston Martin gefährlich nahe.
Das Problem der grünen Autos sind die Reifen. Im Gegensatz zum Vorjahr verlaufen die Samstage oft besser als die Sonntage. Auf eine Runde hat Aston Martin ein Auto, mit dem man an einem guten Tag in die zweite Startreihe fahren kann. Doch der Hammer fällt meistens im Rennen. Dann frisst der AMR24 seine Reifen. Für Fernando Alonso hat das eine mit dem anderen zu tun. "Wir sind in der Lage, die Reifen schnell anzuzünden, bezahlen dann aber im Rennen mit starker Abnutzung. Einmal zu aggressiv, und wir haben ein Problem."
Dass der 2024er Aston Martin damit die Qualitäten seines Vorgängers auf den Kopf stellt, erklärt Alonso so: "Unser Auto hat in diesem Jahr eine andere Charakteristik als im letzten Jahr. Es ist besser in schnellen als in langsamen Kurven. Es hat einen besseren DRS-Effekt. Aber es fordert die Reifen auch mehr."
Teamchef Mike Krack sieht in der Reifenproblematik auch ein psychologisches Problem: "Es ist nicht gut für das Vertrauen der Fahrer, wenn sie schon vor dem Start wissen, dass sie im Verteidigungsmodus in das Rennen gehen müssen."

Aston Martin experimentierte in Miami viel mit dem Setup. Aber entweder ist man im Qualifying oder im Rennen schwach.
Zwei Gesichter in Miami
In Miami passten nur die ersten beiden Tage ins Bild. Für den Sprint qualifizierten sich Lance Stroll und Fernando Alonso auf den Plätzen sieben und acht. "Das waren unsere normalen Positionen", urteilte Krack. Eine Kollision beim Start beendete Strolls Rennen und warf Alonso auf den letzten Platz. Der Spanier fuhr die 19 Runden zu Testzwecken zu Ende. Mit dem Ergebnis, dass die Reifen wie so oft in diesem Jahr in die Knie gingen. Alonso kam vom Ende des Feldes nicht weg.
Daraufhin disponierte Aston Martin um. Alle Karten auf Reifenschonen. Dafür bezahlten die Fahrer in der Qualifikation. Stroll erreichte als Elfter noch Normalform. Alonso schaffte es geradeso ins Q2 und kann dann aber über den 15. Platz nicht hinaus. Er verlor sieben Zehntel im schnellen ersten Sektor und drei Zehntel in den langsamen Kurven des zweiten Streckenabschnitts. "Wir haben alles probiert", beteuert der Teamchef: "Neue Reifen, alte und kurz angefahrene. Es hat nichts geholfen."
Immerhin hatte der Rekordteilnehmer am Sonntag ein Auto, mit dem er sich noch um sechs Positionen in die Punkteränge verbessern konnte. Hätte er sich nicht in der zweiten Runde im Duell mit Pierre Gasly einen Bremsplatten eingefahren und hätte er im zweiten Stint nicht 22 Runden lang die verwirbelte Luft von Esteban Ocons Alpine schlucken müssen, wäre genug Zeit gewesen, wenigstens noch George Russell einzuholen. "Um noch weiter nach vorne zu kommen, hätten wir weiter vorne starten müssen", bedauerte Krack.

Bei der Hinterachse setzt Aston Martin auf Mercedes-Technik. Beide Autos haben ähnliche Probleme.
Welche Rolle spielt die Mercedes-Hinterachse?
Beim Party-Grand Prix in Miami bekämpfte Aston Martin seine Reifenmisere mit dem Setup. Das ist auf Dauer keine Lösung, weil man damit immer eine Disziplin opfern muss. Die Lösung liegt laut Chefingenieur Tom McCullough in Upgrades. Aston Martin sucht mehr Abtrieb im Heck. Meistens sind es die Hinterreifen, die zu heiß werden und dann Grip verlieren.
Da Mercedes mit ähnlichen Problemen kämpft, liegt der Verdacht nahe, dass auch die neue Hinterachse eine Rolle spielt. Die ist in beiden Autos identisch. Auch der Mercedes war mal ein Reifenstreichler und ist es jetzt nicht mehr. Aerodynamik und Fahrwerk sind offenbar nicht im Gleichgewicht. Der Abtrieb ist zu stark abhängig von der Bodenfreheit. Da man sich mit dem vom Unterboden generierten Anpressdruck schon nahe am Limit bewegt, wird jetzt wieder nach klassischen Wegen gesucht, den Abtrieb zu erhöhen. Red Bull ist da Vorbild.
Möglicherweise hat auch die Konstruktion der Hinterreifen damit zu tun. Pirelli hat sie zum GP England 2023 geändert. Danach habe es bereits beim letztjährigen Auto Tendenzen zu stärkerer Reifenabnutzung gegeben, berichten die Ingenieure. Speziell bei hohem Gewicht mit viel Sprit im Tank. Der Verlauf der bisherigen Rennen unterstützt diese These. Aston Martin tut sich in der ersten Rennhälfte im Vergleich zur Konkurrenz immer deutlich schwerer als in der zweiten.
Die Hoffnung liegt auf Imola. Dann will Aston Martin das zweite große Upgrade nach Suzuka zünden. Die Konkurrenz von McLaren, Mercedes und Toro Rosso ging schon in Miami in Vorlage. Da hatte Aston Martin nur einen neuen Heckflügel dabei, der am Ende nicht zum Einsatz kam.