Starkes Antonelli-Debüt: Erster Warnschuss vom Wunderkind

Mercedes punktgleich zweite Kraft
Erster Warnschuss vom Wunderkind

GP Australien 2025

Mercedes Dritter und Vierter. 27 Punkte auf dem Konto, so viele wie McLaren. Das hätte man eher Red Bull oder Ferrari zugetraut. Doch Mercedes hat sich bei seinem Neustart ohne Lewis Hamilton und mit Andrea Kimi Antonelli so teuer verkauft wie möglich. "Vom reinen Speed her hätten wir auf die Plätze drei und fünf gehört", analysierte Teamchef Toto Wolff. Er rechnete mit ein, dass Oscar Piastri unter normalen Umständen vor den Silberpfeilen gelandet wäre.

McLaren fährt derzeit auf einem anderen Planeten. Und das ist der Wermutstropfen beim Rückblick auf den GP Australien. Die Ingenieure schätzen die Papaya-Renner im Schnitt um eine halbe Sekunde schneller ein. Nach einer bestimmten Laufzeit der Reifen wächst dieser Rückstand auf über eine Sekunde an. "Um sie herauszufordern, müssen wir einen guten Schritt mit unserem Auto machen", schätzt Wolff.

Nachdem George Russell in der Qualifikation um ein Haar fast Max Verstappen geschlagen hätte, hoffte man im Lager des neuen WM-Zweiten auch im Rennen mit dem Weltmeister mithalten zu können. "Über die Distanz wurden bei uns die Reifen zu heiß", bedauerte Wolf. Deshalb geriet der eine Red Bull außer Reichweite. Nach 32 Runden hatte Russell 10,4 Sekunden auf Verstappen verloren.

Andrea Kimi Antonelli - Formel 1 - GP Australien 2025
Wilhelm

Russell im Platzsicherungs-Modus

Der neue Mercedes W16 kann einige Dinge besser als sein Vorgänger. Wolff zählt auf: "Er ist berechenbarer und besser ausbalanciert. Wir verstehen ihn besser. Das Arbeitsfenster ist größer geworden." Das hat zur Folge, dass der Silberpfeil auch bei 38 Grad Asphalttemperatur in der Lage ist, auf eine Runde Verstappen herauszufordern. Letztes Jahr waren hohe Temperaturen Gift für das Auto. "In den Longruns müssen wir uns aber noch verbessern", räumt Wolff ein.

Zur Wahrheit gehört auch, dass Russell im Rennen schnell auf einen Sicherheits-Modus geschaltet hat. "Es ging hauptsächlich darum, mich aus allem Chaos rauszuhalten und ins Ziel zu kommen. Es war schnell klar, dass die McLaren und Max zu schnell für uns waren und die Ferrari zu langsam. Ich steckte im Niemandsland, und es war das Vernünftigste, nicht zu viel zu riskieren. Es hätte mir keine Positionsverbesserung gebracht."

Der Engländer belohnte sich mit einem Platz auf dem Podium. Russell lobte besonders seine Crew. "Wie Lando habe ich mich beim zweiten Regen erst fünf Sekunden vor der Boxeneinfahrt für einen Reifenwechsel entschieden. Und die Jungs haben trotzdem eine top Arbeit abgeliefert. Wir haben im Strategie-Meeting am Morgen lange darüber diskutiert, wie wir diese kritischen Momente handhaben. Und es hat sich ausgezahlt. Viel besser als letztes Jahr in Kanada und Brasilien, wo wir Punkte verloren haben."

Antonelli & Hamilton - Formel 1 - GP Australien 2025
xpb

Antonelli fast fehlerlos beim Debüt

Obwohl Russell seine sechste Formel-1-Saison mit einem Podestplatz begann, war nicht er der Star des Tages, sondern sein junger Teamkollege. Andrea Kimi Antonelli entschädigte sich mit einem vierten Platz für das Pech in der Qualifikation, als er im Q1 den Randstein in Kurve 6 traf, der modifiziert worden war, um Unfälle wie im Vorjahr zu verhindern. Doch in seiner geänderten Version wurde er zum Killer für so manchen Unterboden. Auch den von Antonelli.

So blieb der 18-jährige Italiener in der ersten K.O.-Runde hängen, und es blieb offen, wo er von der Rundenzeit im Vergleich zu den anderen steht. Im Rennen zeigte der Rookie, dass in ihm doch das viel zitierte Wunderkind stecken könnte. Der Mercedes-Neuzugang arbeitete sich unter schwierigsten Bedingungen von Platz 16 auf Rang vier vor. Seine schnellste Rennrunde lag eineinhalb Zehntel unter der von Russell.

Einziger Fehler war ein Dreher im Zweikampf mit Nico Hülkenberg in Kurve 4. Italiens große Rennfahrer-Hoffnung ließ sich nicht groß beeindrucken. Nur eine Runde später ging er erneut an dem Sauber vorbei. Wolff lobte mit väterlichem Stolz: "Kimi zeigte nicht nur den Speed, von dem wir wussten, dass er ihn hat, sondern auch eine große Reife, als er sich nach vorne kämpfte." Das Rennen der sechs Rookies entschied Antonelli klar für sich.

Nico Hülkenberg & Andrea Kimi Antonelli - Formel 1 - GP Australien 2025
Clive Rose via Getty Images

Strafe wieder aufgehoben

Den letzten Part in der erfolgreichen Melbourne-Mission spielten die Strategen und Teammanager Ron Meadows. Im provisorischen Klassement wurde Antonelli nur auf Platz 5 geführt. Eine Fünf-Sekunden-Strafe für unsicheres Abfahren nach dem Boxenstopp warf ihn wieder hinter Alexander Albon, den er in der vorletzten Runde überholt hatte.

Doch der Vorwurf war nicht gerechtfertigt, wie schon die Airbox-Kameras von Antonelli und Hülkenberg zeigten. Während Hülkenberg nach seinem Boxenstopp auf der Fast Lane dahinrollte, beschleunigte der Mercedes-Pilot aus seiner Parkposition, blieb aber immer unterhalb der Trennlinie und hatte dabei auch immer die Nase seines Silberpfeiles vorn. Damit gehörte die Boxenausfahrt ihm.

Die Sportkommissare interpretierten den "Unsafe release" zunächst als unerlaubtes Rennen in der Boxengasse, was es aber nicht war. Beim Fahrer-Briefing wurde explizit darauf eingegangen, dass man in der Boxengasse parallel zu einem Konkurrenten fahren darf, wenn man dabei die Spur hält.

Jetzt ging es nur noch darum ein Beweisstück zu finden, das die Sportkommissare bei ihrer Urteilsfindung noch nicht in der Hand hatten. Mercedes fand es. Eine Helikopter-Aufnahme zeigte, dass weder das Team noch der Fahrer etwas falsch gemacht hatten. Deshalb wurde die Fünf-Sekunden-Strafe wieder zurückgenommen.