Eigentlich sind sie in der gleichen Situation. Sebastian Vettel und Fernando Alonso haben Weltmeisterschaften gewonnen und GP-Siege im Akkord angehäuft. Beide fahren für Teams, die im Moment keine Rennen gewinnen können, und die es wahrscheinlich auch 2023 und 2024 nicht können werden. Vettel hat seine Konsequenz aus dieser Perspektive gezogen und der Formel 1 adieu gesagt.
Fernando Alonso will bleiben. Obwohl auch er weiß, dass er in den nächsten beiden Jahren in einem Ferrari, Red Bull oder Mercedes sitzen muss, wenn er Rennen und Titel gewinnen will. Trotzig meint der Spanier: "Ich muss von der Hoffnung leben, dass ich es mit dem Projekt schaffe, in das ich jetzt zwei Jahre investiert habe." Und was unterscheidet ihn dann von Vettel? "Ich habe keine anderen Herausforderungen neben meinem Job mehr. Und ich habe keine Familie."
Der vorübergehende Abschied Ende 2018 sei nicht mit Vettels Rücktritt zu vergleichen, wehrt Alonso ab. "Damals war ich mental ausgebrannt. Mercedes hat alles gewonnen. Ich sah für mich keine Chance, wieder ein GP-Sieger zu werden. Da schienen mir Herausforderungen wie Indianapolis oder Le Mans verlockender. Jetzt ist es anders. Ich habe nur noch die Formel 1 im Kopf und keine anderen Ablenkungen."

Wohin mit Piastri?
Der 41-jährige Spanier will in der Sommerpause Verhandlungen mit seinem Wunschteam aufnehmen und sie wenn möglich vor dem Re-Start in Belgien erfolgreich abschließen. "Alpine ist meine erste Wahl", gibt der älteste Fahrer im Feld zu. "Wir haben zusammen etwas aufgebaut, um dahin zu kommen, wo wir heute sind. Das würde ich gerne fortsetzen."
Es gibt da nur ein Problem. Reservefahrer Oscar Piastri muss nächstes Jahr Rennen fahren, wenn Alpine sein Supertalent halten will. Der 21-jährige Australier ist dem französischen Nationalteam so wichtig, wie kein Nachwuchsfahrer seit Fernando Alonso Anfang der 2000er Jahre mehr. Alpine hat für Piastri zehn Testtage im 2021er A521 quer über den Globus organisiert. Da sind nicht nur einfach erreichbare Strecken wie Monza oder Spielberg dabei, sondern auch Fernreisen wie Austin oder Katar. Und das zusammen mit der Mannschaft, die das Testprogramm betreut.
Die einfachste Lösung wäre, Piastri bei einem anderen Team zu parken, doch dieses Team muss erst einmal Bereitschaft dazu zeigen. Es fallen Namen wie Williams, Haas oder McLaren. Das Problem dabei: Keines fährt einen Renault-Motor. Und keiner hat großes Interesse, nur ein Jahr den Ausbilder für Alpine zu spielen. Williams bietet sich wegen der Erfahrung mit George Russell am ehesten an. Doch den Engländern wären zwei Jahre lieber als eines.

Alonso, der Magier
Alpine weiß andererseits auch, dass es fahrlässig wäre, gerade jetzt auf Alonso zu verzichten. Der schwierige Superstar ist regelmäßig schneller als Esteban Ocon, er gibt den Ingenieuren das Feedback, das sie brauchen, und er wäre der Mann für die Big Points, wenn sie mal auf der Straße liegen. Gerade die letzten drei Rennen haben wieder einmal gezeigt, dass keiner ein Rennen besser lesen kann und keiner mehr Übersicht hat als Alonso. "Er ist ein Magier", applaudiert selbst Alfa-Sauber-Teamchef Frédéric Vasseur.
Alonso will sich nicht auf die Gesetze der Logik verlassen. "Ich kann nicht in ihre Köpfe schauen", blickt er grimmig in die erste Verhandlungsrunde mit der Teamleitung. Deshalb macht er lieber erst einmal Werbung für sich selbst. "Ich bin schnell, ich bin fit, ich bin voll auf die Formel 1 fixiert. Die Reiserei macht mir nichts aus, und ich freue mich auf neue Rennen wie Las Vegas oder Südafrika."
Letztes Jahr war er noch nicht ganz der alte Alonso, gibt der Weltmeister von 2005 und 2006 zu, aber seit dieser Saison bekomme man wieder den 100 Prozent-Alonso. Eine Vertragsverlängerung sei kein großer Akt, legt der Veteran seinem Team den roten Teppich aus. "Wenn es nicht zu viele Hindernisse gibt, wird die Unterschrift eine Sache von zehn Minuten sein." Und wenn nicht? "Dann ist jedes freie Cockpit eine Option für mich."