Fernando Alonso: Aston-Protest erfolgreich

Kritik an den FIA-Stewards
Alonso bekommt Podium zurück

GP Saudi-Arabien 2023
Fernando Alonso - GP Saudi-Arabien 2023
Foto: xpb

Von George Russell gab es nach dem Rennen eine Umarmung für Fernando Alonso. Der Brite fühlte sich nicht ganz wohl damit, dass er den dritten Platz kampflos abgestaubt hatte, nachdem die FIA-Stewards eine Strafe gegen Alonso ausgesprochen hatten. Den geschenkten Pokal nahm er im Fahrerlager aber dennoch gerne an. Doch um 1.02 Uhr mitten in der Nacht revidierten die Schiedsrichter ihr Urteil noch einmal.

Was war passiert? Das Unheil für Alonso begann schon, bevor die Lichter der Startampel ausgingen. Der Aston-Martin-Pilot hatte seinen Dienstwagen nicht ganz mittig eingeparkt. Das linke Vorderrad ragte seitlich über den Rand der Gridbox hinaus. "Ich muss mir noch einmal anschauen, wie es dazu kommen konnte. Es war wohl mein Fehler. Da muss ich besser aufpassen. Es ist nur komisch, dass es nach Esteban (Ocon) nun im zweiten Rennen schon den zweiten Fahrer getroffen hat", grummelte Alonso später. Wie im vergleichbaren Fall von Ocon in Bahrain setzte es eine Fünf-Sekunden-Strafe.

Die erzwungene Verzögerung beim ersten Boxenstopp konnte Alonso verkraften. Weil er den Reifenwechsel zeitsparend in die Safety-Car-Phase legte, kam der Routinier ohne Platzverlust wieder auf die Strecke zurück. Auf das Ergebnis hatte der Fauxpas keinen Einfluss. Alonso wäre mit und ohne Strafe hinter den beiden Red Bull auf Rang drei über den Zielstrich gefahren.

Fernando Alonso - GP Saudi-Arabien 2023
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Zweifel an eindeutigen Beweisen

Doch als die Podiumszeremonie gerade abgeschlossen war, flatterte überraschend Post in den Aston-Martin-Briefkasten. Die FIA-Kommissare teilten mit, dass sie einen Verstoß beim Absitzen der Strafe erkannt hatten. Offenbar durch die Konkurrenz aufmerksam gemacht, bemerkten die Schiedsrichter, dass der Aston-Mechaniker hinter dem Auto seinen Wagenheber einen Tick zu früh angesetzt hatte.

Teamchef Mike Krack schaute sich die Fernsehbilder genau an, konnte aber keinen definitiven Beweis für das Vergehen erkennen. "Man sieht nur, dass der Mechaniker ans Auto geht und den Wagenheber nach vorne schiebt. Ob die Tasche das Auto berührt oder ob da noch ein paar Zentimeter Luft sind, kann ich auf den Bildern nicht erkennen. Wir haben unseren Jungs gesagt, dass sie lieber noch eine Sekunde länger warten sollen, um auf der sicheren Seite zu sein."

Die FIA-Stewards kannten aber kein Pardon. Sie hatten offenbar eindeutiges Bildmaterial und sprachen eine Zehn-Sekunden-Strafe aus, die Alonso vom dritten auf den vierten Platz zurückwarf. Doch Aston Martin wollte dieses Urteil nicht so einfach hinnehmen. Teammanager Andy Stevenson legte direkt bei der Rennleitung Einspruch ein.

Fernando Alonso - GP Saudi-Arabien 2023
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Alonso kritisiert Timing der Strafe

Während sein Team Beweise für das Berufungsverfahren sammelte, erklärte Fernando Alonso den Reportern seine Sicht der Dinge. Mit der Gelassenheit von 358 Formel-1-Starts gab sich der Routinier zunächst entspannt: "Ich bin gar nicht so verärgert. Ich habe heute all die guten Dinge mitgenommen. Ich stand auf dem Podium, habe einen Pokal überreicht bekommen, es wurden schöne Bilder gemacht und ich habe mit Champagner gespritzt. Am Ende wurden mir nur drei Punkte abgezogen. Das kann ich verkraften."

Doch dann zeigte Alonso doch noch, welches Feuer in ihm brennt. Im Visier nahm die FIA-Schiedsrichter ins Visier: "Es ist nicht gut für die Fans, wenn es 35 Runden dauert, um eine Strafe auszusprechen und das Team darüber zu informieren. Wenn man damit bis nach der Podiumszeremonie wartet, dann stimmt irgendwas mit dem System nicht. Mir tun hier die Fans leid. Die FIA hat hier eine traurige Figur abgegeben. Da sollte man mit gesundem Menschenverstand handeln."

Wäre er früher informiert worden, hätte er die Strafe noch kompensieren können, glaubt Alonso: "Am Anfang haben sie mir gesagt, dass ich eine Fünf-Sekunden-Strafe hatte. Ich habe dann mehr Gas gegeben und sieben Sekunden Vorsprung rausgefahren, bevor ich die Strafe abgesessen habe. Im zweiten Stint gab es keine Information oder Untersuchung. Nichts. Wenn man mir gesagt hätte, dass es zehn Sekunden gibt, dann hätte ich die Lücke auf 11 Sekunden geöffnet."

George Russell - Formel 1 - GP Saudi-Arabien 2023
Motorsport Images

Chaos im FIA-Büro

Die FIA-Kommissare begründeten die späte Entscheidung damit, dass sie zunächst von der Rennleitung und den Video-Schiedsrichtern in Genf die Nachricht bekamen, dass beim Absitzen der Strafe alles mit rechten Dingen zuging. Erst kurz vor der Zieldurchfahrt wurde plötzlich doch erkannt, dass der Mann am Wagenheber zu früh angesetzt haben soll. Dass die Konkurrenz die entsprechenden Hinweise deponierte, wollte die FIA nicht offiziell zugeben.

In der Urteilsbegründung stellten die Schiedsrichter fest, dass sich die Teams zusammen mit der FIA in der Arbeitsgruppe zum sportlichen Reglement darauf geeinigt hatten, dass schon das Berühren als "Arbeit am Auto" gewertet wird. Und diese darf beim Absitzen einer Strafe erst nach Ablaufen des Countdowns beginnen.

Doch genau hier setzte der Protest von Aston Martin an. Das Team legte auf die Schnelle sieben Präzedenz-Fälle aus vergangenen Rennen vor, bei denen Mechaniker bei Zeitstrafen auch schon das Auto berührten. Und in diesen Fällen hatte es keine Strafe gegeben. Deshalb fühlte man sich hier unfair behandelt.

Verstappen, Perez & Alonso - Formel 1 - GP Saudi-Arabien 2023
Wilhelm

Aston-Protest erfolgreich

Die FIA erkannte das Material als neues Beweismittel an und ließ das Berufungsverfahren deshalb zu. Nach einer kurzen Beratung kamen die Stewards zum Urteil, dass ihre erste Einschätzung nicht korrekt war. Das beschriebene Abkommen der Teams und der FIA in solchen Fällen wurde in Zweifel gezogen. Die neue Meinung: Das bloße Berühren des Autos durch einen Wagenheber stelle doch keine Arbeit dar.

Das ursprüngliche Urteil wurde damit sofort wieder aufgehoben. Die Strafe wurde annulliert. Alonso bekommt seinen Podestplatz, die damit verbundenen 15 WM-Punkte und den Pokal zurück. Der große Verlierer bei der Geschichte ist allerdings die FIA, die in dieser Angelegenheit keine gute Figur machte und sich einige kritische Fragen gefallen lassen muss.