Alfa-Sauber ein Testsieger: Wie gut ist der C43?

Alfa-Sauber einer der Testsieger
Wie gut ist der neue C43 wirklich?

Von Aston Martin schwärmte das Fahrerlager der Formel 1 drei Tage lang. Der Rennstall aus Silverstone scheint mit seinem neuen Auto einen großen Schritt voranzukommen. Die Rede ist nach den Testfahrten von einem Top-4-Auto. Doch die Ingenieure aus Silverstone können auch Komplimente an die Konkurrenz verteilen. In dem Fall an den Gegner, der im letzten Jahr den Kampf um den sechsten WM-Platz im direkten Duell gewonnen hat. "Haben Sie Bottas gesehen? Der hat gerade eine wirklich starke Rennsimulation hingelegt."

Das war am Vormittag des letzten Testtages in Bahrain. Dieser Bottas ließ dann auch in den späten Abendstunden aufhorchen. Auf den weichsten C5-Reifen markierte der finnische Routinier die drittschnellste Rundenzeit der Woche. Es fehlte eine halbe Sekunde zum etwas härter bereiften Red Bull – und nur eineinhalb Zehntelsekunden zum Mercedes von Lewis Hamilton auf identischem Reifentyp.

Guanyu Zhou - Alfa Romeo - Formel 1 - Bahrain F1-Test - 24. Februar 2023
ams

Alfa-Sauber mit guter Basis

Es sind nur Testfahrten. Deshalb sollten Fans des Schweizer Rennstalls nicht zu träumen beginnen. Und doch war dieser Test ein guter für das Team. Kein akutes Bouncing, keine technischen Gebrechen, die Anlass zur Sorge gäben: Es waren Probefahrten, auf denen sich aufbauen lässt. Die drittschnellste Rundenzeit bringt noch keinen WM-Punkt. Am Rennwochenende von Bahrain wird Alfa-Sauber zurückfallen, weil da wohl nicht mehr viel Sprit im Tank war. Dennoch: Es gab schon Testfahrten, bei denen der Rennstall die Hosen heruntergelassen hat und weit hinten landete. Dann weiß man, dass man ein Problem hat. Jetzt heißt es: Diese Rundenzeit müssen die anderen erst mal fahren.

Es sieht danach aus, als sei die Basis gelegt, um im Mittelfeld der Formel 1 an der Oberfläche mitzuschwimmen und nicht unterzugehen. McLaren, Haas, Alpha Tauri und Williams schlugen sich mit mehr Problemen herum. Alpine muss mit leeren Tanks erstmal zeigen, dass man tatsächlich ein schnelles Rennauto gebaut hat. Bottas lobt sein neues Fahrzeug indes: "Es fühlt sich gut an und ist einfach zu fahren. Ich spüre im Cockpit einen Fortschritt zum letzten Jahr." Im Team stellt man zufrieden fest: "Das neue Auto kann alles besser als das alte."

Energie für andere Bereiche

Die Ingenieure um Technikchef Jan Monchaux bauen den neuen C43 auf dem Chassis des Vorjahres-Alfa auf. Man konnte es, weil der alte C42 nie ein Problem mit dem Gewicht hatte. So hat man sich bei der Neuentwicklung Energie gespart, und den Fokus auf die Bereiche verlagert, die mehr Rundenzeit versprechen. Die Produktionsabteilung wurde entlastet. "Wir wollen lieber drei Gänge richtig gut kochen als sieben auf einem ordentlichen Niveau", schildert Monchaux die Herangehensweise.

Guanyu Zhou - Alfa Romeo - Bahrain F1-Test - 23. Februar 2023
xpb

Im Lastenheft standen eine bessere Performance in schnellen Kurven, eine bessere Handhabung der weichsten Reifenmischung und eine bessere Standfestigkeit. An den drei Testtagen drehte Alfa-Sauber 402 Runden. Das entspricht einer Distanz von 2.175 Kilometern. In dieser Wertung belegte das Team aus dem Schweizer Hinwil die sechste Position. Die schnellen Runden von Bottas und Zhou auf den weichen Mischungen zeugen davon, dass Alfa-Sauber in dieser Hinsicht besser aufgestellt ist als im Vorjahr.

Besser bei der Qualitätssicherung

Positiv war auch, dass der neue C43 sowohl in der Hitze als auch bei kühleren Temperaturen am Abend gut unterwegs war. Die Rennsimulation am Vormittag des dritten Tages will man im Team nicht überbewerten. "Die Rundenzeiten hängen stark davon ab, mit welcher Reifenfolge du die einzelnen Stints abgewickelt hast. Das macht Vergleiche unter den Teams schwerer." Oder anders: In Hinwil will man den Tag nicht vor dem Abend loben. Erst am ersten Rennwochenende des Jahres zeigen alle, was sie wirklich drauf haben.

Die Standfestigkeit stimmte zu großen Teilen. Erst am letzten Testtag gab es eine längere Standpause. Bottas rollte während seiner Rennsimulation aus. Ein Schaden im Umfeld des Motors stoppte ihn. Ein eigenes Problem oder eines von Motoren-Lieferant Ferrari? Das musste erst untersucht werden.

Um zuverlässiger zu werden, hat Alfa Romeo nicht nur an den Kühlern gearbeitet, die in der letzten Saison so viele Sorgen bereiteten. "Das waren auch noch drei, vier verschiedene Probleme, die obendrein ziemlich kompliziert waren", sagt Technikchef Monchaux. Alfa-Sauber straffte auch die internen Prozesse. "Es war nicht unbedingt nötig, von unserer Seite etwas an der Struktur oder an der Topologie des Autos zu wechseln. Wir müssen besser werden mit der Qualitätssicherung."

Valtteri Bottas - Alfa Romeo - Bahrain F1-Test - 23. Februar 2023
xpb

Sauber peilt Platz sechs an

Für extreme Wege hatte man Lehrgeld bezahlt. Das soll sich in der neuen Saison nicht wiederholen. "Wir sind einen extrem aggressiven Weg gegangen. Im Nachhinein hätten wir unsere internen Prüfprotokolle und unsere Erwartungshaltung anders auslegen sollen. Das haben wir jetzt nachgeholt", schildert Monchaux.

Schwächen darf man sich im engen Mittelfeld der Formel 1 nicht erlauben. In diesem Jahr braucht Alfa-Romeo-Sauber nicht nur eine gute erste Saisonhälfte, sondern auch eine gute zweite. Das Saisonziel lautet, sich im Mittelfeld zu etablieren. Eine Wiederholung des sechsten Platzes wäre ein Erfolg. Danach strebt Alfa-Sauber. Dafür müssen sich auch die Piloten verbessern. Besonders an den Starts.

Ein schnelles Auto bringt wenig, wenn man in der ersten Runde oft zurückfällt. Allgemein profitieren dürfte Alfa vom wiedererstarkten Ferrari-Motor. Eine bessere Zuverlässigkeit bedeutet hier eine Rückkehr zu alter Leistung. Ferraris Kunden, zu denen neben Alfa-Sauber auch Haas zählt, mussten wie das Werksteam nach zahlreichen Schäden im zweiten Saisonteil 2022 mit gedrosselter Leistung fahren.