Nun hat der Wandel auch den Lack erwischt. Wären Hersteller früher lieber ins Wasser gegangen, als uns ein dreckiges Auto hinzustellen, so ist Schmuddel diesmal Programm. Stopp: Es ist ja nicht einfach Schmutz. Es ist Patina. Hingebungsvoll von zehn Journalisten aus fünf Ländern mit Liebe appliziert. USA, Norwegen, Großbritannien, Niederlande und Deutschland, womit die Hauptmärkte des Cross Turismo genannt wären. Ganz grundsätzlich.
Sehr konkret und lokal werden wir heute an Bord des Prototyps, eines Turbo S, der nach Ende seiner Tournee, so wie er dann ist, auf die Bühne rollt. Zur Weltpremiere mit Scheinwerferlicht und so. Heute darf er aber noch mal auf unseren Hausstrecken rund um Stuttgart zeigen, was bei ihm Phase ist. Und ob die etwas luftigere Karosserie und die leicht gesteigerte Bodenfreiheit des Cross Turismo irgendetwas von Elan und Temperament des bekannten Taycan rauben. Wir spoilern schon mal ganz dreist: nein.

Raumreich und dynamisch
Überhaupt müssen sich Taycan-Freunde nicht umgewöhnen. Vorn blieb alles wie gehabt, angeblich wuchs die Kopffreiheit um ein Maß, das höchstens Menschen spüren, die aus dem Geräusch der E-Maschine den Stromanbieter heraushören. Weiter hinten wird die Sache dann klarer: Die große, steilere Heckklappe und die dazugehörige Silhouette erzeugen den gewünschten raumreichen, unternehmungskompetenteren Eindruck – irgendwo zwischen Alltrack, Shooting Brake und Sport Turismo. Inklusive mehr Luft über den Köpfen der Passagiere und mehr Platz fürs Gepäck, welches sich bisher auf eher mageren 366 Litern Standardvolumen arrangieren musste.

Also Kombi? Bloß nicht! Nenn einen Porsche niemals Kombi. Zumal der Cross Turismo mit einem Tick mehr Bodenfreiheit und wohl auch grundsätzlich Allradantrieb herumstiefelt. Okay, ohne den würde es beim Turbo S auch schwerlich gehen, schließlich setzen bei ihm je eine Synchron-E-Maschine an Vorder- und Hinterachse dem Asphalt zu. Zusammen drohen sie ihm mit bis zu 761 PS und 1.050 Newtonmetern – und das quasi aus dem Stand (maximales Drehmoment nur bei Launch Control).

Unerbittliche Traktion und ziselierende Lenkung
Selbst wenn es der Antrieb im Normal- oder Sportmodus etwas gemütlicher angehen lässt, am Fahrpedal ist stets mehr als genug Druck vorhanden. Dann drücken wir doch mal – und lenken. Der Cross Turismo kann beides, auch gleichzeitig, womit wir den Story-Spoiler einfahren. Fein ziselierende Lenkung, atemberaubende Karosseriekontrolle, unerbittliche Traktion, das Ganze in Echtzeit verbunden per sogenanntem 4D-Management. Klingt nach Marketing, funktioniert aber sinnesverstörend begeisternd.

Wie der bekannte Taycan fährt der Cross Turismo bemerkenswert einfach schnell sowie komfortabel und leise, wie es nur der E-Antrieb hinbekommt. Das Gewicht kaschiert der tiefe Schwerpunkt geschickt, der im Wagenboden verwurzelte 93,4-kWh-Akku bringt hohe Steifigkeit. Der Sport-Plus-Modus liefert eine Portion Oldschool-Drama, wenn der Synthie-Sound und die gelegentlichen Schaltvorgänge des Zweiganggetriebes an der Hinterachse Verbrenner-Reminiszenz liefern. So ganz muss man dem Wandel das Feld ja nicht überlassen.