Da kannst du dich noch so akribisch vorbereiten, Pressemappen wälzen, Kollegen befragen, die schon mitfuhren respektive selbst fuhren oder gar in eigenen Erinnerungen kramen. Es hilft nichts. Den Taycan muss man erleben. Selbst. Unmittelbar. Er ist etwas Besonderes. Schnell. Besonders. Umgänglich. Verwirrend. Keine Marke hat das Thema Elektro-Sportlimousine so konsequent durchgezogen wie Porsche. Antrieb, Fahrwerk, Peripherie. Alles, 100 Prozent. Dieser Typ braucht eine Extradimension. 4D. Nicht umsonst nennt Porsche seine Fahrdynamikvernetzung so. Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt – und bleibe doch ein Porsche. Alles andere wäre beim Start in die Elektromobilität ja auch enttäuschend, so wie sie die Marke forciert, rund sechs Milliarden Euro einsammelt, 1.200 Leute einstellt, das neue Werk in das bestehende in Zuffenhausen implantiert.
Porsche, was ist das eigentlich? Erklärungsversuch: Nordschleife im Herbst 2010, Dauerregen, pitschnasser Asphalt mit Wassertropfen-Bombentrichtern. Am Start der Carrera 2.7 RS. Der Sportwagen. Damals. Für viele noch heute. An diesem Tag fühlte sich das Heute irgendwie gebraucht, gestrig an. Stehende Pedale, seltsam indirekte Lenkung und überhaupt, biestig.
Bis er zusteigt, hinters Lenkrad. Walter Röhrl. Ein kurzer Gruß, er rollt sich warm, fragt im Hatzenbach: Soll ich mal alles quer fahren? Bitte, gern. Nun, Herr Röhrl lenkt kaum, nimmt den Luftgekühlten mit 210 PS sanft ans Gas. Und fährt alles quer. Selbstverständlich. Flüssig. Irgendwann hält er an: Übrigens, ich bin der Walter. Händedruck. Weiter geht es.
Seitdem war eins, nein, waren zwei Dinge klar: Auf den Fahrer kommt es an. Und das Material muss passen. Im Falle des Taycan bestätigen wir Nummer zwei, Nummer eins entfällt weitgehend. Der 4,97-Meter-Apparat braucht keinen Walter mehr. Lieschen Müller kann mit ihm fahrdynamische Dinge anstellen, für die du sonst entweder Walter, ersatzweise Top Gun, Astro-Alex oder C-Lizenzler sein musst.

Er kann alles. Einfach alles
Ob trocken oder feucht, weit geschwungen oder trickreich eng: Der Turbo S nimmt jede Strecke. Lenkt präzise, übermittelt alles, was der Fahrer wissen muss, variiert zwischen handlich und stabil. Kommt dir bei Sport Plus so nah, dass du seinen Atem spüren könntest, wenn er einen hätte, um auf Normal exakt die Distanz zu wahren, die man von einer guten Limousine erwartet.
Dazu zählt auch, Betonplattenautobahnen in frisch gewalzte Pisten zu verwandeln, leise zu gleiten, Fahrer und Beifahrer in vielfach verstellbare, ergonomische Sportsitze zu klinken, online zu vernetzen und zu navigieren, Befehle per Touch-Schirm oder Sprachsteuerung entgegenzunehmen und jeden Herausbeschleunigungswunsch zu erfüllen. Selbst wenn schlonziges Laub herumliegt, er bekommt es geregelt.
Wie das geht? Na, mit zwei E-Maschinen, 560 kW und 1.050 Newtonmetern im Overboost, aufwendig konditioniertem 93,4-kWh-Akku, 800-Volt-Netz sowie Alu-Radaufhängungen mit Doppeldreiecksquerlenkern vorn, Multilenker hinten, Dreikammerluftfederung, Allradantrieb mit Torque Vectoring hinten, Allradlenkung und elektromechanischer Wankstabilisierung. Früher haben Powersucher Nockenwellen geschliffen und Klappensysteme choreografiert, heute schwärmen sie von Hairpin-Wicklungen in den Spulen des Stators der permanenterregten Synchronmaschine. Klingt jetzt nicht so groovy, doch der eckige statt runde Querschnitt erlaubt dichtere Wicklungen, einen höheren Kupfer-Füllfaktor und somit mehr Leistung.

Ebenfalls leistungsfördernd: die Pulswechselrichter (yeah!). Sie wandeln den Gleichstrom aus dem Akku in Wechselstrom für die E-Maschinen um. Das Teil an der Vorderachse des Turbo S arbeitet mit einer maximalen Stromstärke von 600 Ampere, Wirkungsgrad 98 Prozent. Indes, nicht nur Gusseiserne wissen: Porsche war noch nie Zahlenprotz, ließ lieber die Besten entwickeln. Wie beim Taycan. Abstimmung in einer eigenen Dimension bei klaren Vorgaben. Messwerte?
Teststrecke Lahr: die Sommerreifen betriebswarm, rechter Fuß aufs Fahrpedal, linker auf die Bremse. Bremse los. Boah, das ist mehr als der bekannte Beschleunigungsrückschlag. Der Taycan ruckt schlupffrei aus dem Stand, vollstreckt eiskalt, lässt den Körper verhärten. Der 2,4-Tonner beschleunigt nicht, er ist sofort schnell und hört einfach nicht auf, schneller zu werden.
Dynamik UND Effizienz
Noch bevor das erste mulmige Gefühl verflogen ist, kommen schon die nächsten Prüfungen: bremsen, Slalom, schneller Ausweichtest. Hart. Nicht für den Taycan, sondern für die Besatzung. Dabei ist er ohne lange Eingewöhnung zwischen Pylonen pfeilschnell, tunnelt die Werte des Panamera Sport Turismo Turbo S EHybrid, bremst besser als ein 911 GT2 RS. Das Ganze mit dem besten Pedalgefühl, das im Elektro-Revier zu haben ist. Transparent, konsistent und weitgehend unabhängig vom Ladezustand der Batterie mischt er die hohe Rekuperation (bis 265 kW) gekonnt mit der Keramikbremse.
Was gemeinsam mit der Top-Aerodynamik (cW 0,25) günstige Verbräuche ergibt: Sparsam gefahren schafft er mit 22,7 kWh/100 km 415 Kilometer, gemischter Pendlerverbrauch braucht 32,9, zügiges Fahren 43,8. Klar, bei einem 200.000-Euro-Auto kommt es nicht drauf an, aber 100 Kilometer für unter sieben Euro sind schon lässig. Schnellladen ebenfalls. Wenn alles passt, saugt der Taycan 270 kW, ist nach einem Pausenkaffee fit für die nächsten rund 200 Kilometer. Und der Fahrer sowieso …
Porsche Taycan Turbo S Turbo S | |
Grundpreis | 197.740 € |
Außenmaße | 4963 x 1966 x 1378 mm |
Kofferraumvolumen | 336 l |
Höchstgeschwindigkeit | 260 km/h |
0-100 km/h | 2,8 s |
Verbrauch | 22,0 kWh/100 km |
Testverbrauch | 33,0 kWh/100 km |