Porsche Panamera Turbo S (2020) im Fahrbericht

Porsche Panamera Turbo S (2020)
Schneller, schlauer, smoother

Wer hat an der Uhr gedreht… Gefühlsmäßig ist der Panamera doch erst seit gestern auf dem Markt, so frisch und dynamisch wie die Porsche-Limousine rüberkommt. Aber es war 2016, als er kam (der Sport Turismo ein Jahr später) und damit höchste Zeit fürs Facelift. Keine große Sache, eher die Spitzen schneiden und einmal durchkämmen als Färben, Rasieren und Toupieren. Wozu auch, die Panamera-Brothers sind das Präziseste und Flinkste was Du im Limousinen-Revier bekommen kannst. Inklusive Antriebsvielfalt, die nach dem Wegfall der Diesel unter anderem zwei Plugin-Hybriden bietet.

Einer davon doppelherzt sogar als Topmodell der Baureihe. So powerte der Turbo S E-Hybrid V8 bis dato mit 680 PS und 850 Newtonmetern an der Spitze der Panamera-Nahrungskette. Da verschwanden Zweifel an der Hybridpower noch schneller im Orkus als der 5,05-Meter-Porsche himself beim Beschleunigen am Horizont.

Familienzuwachs bei Power-V8 und Hybrid

Womit wir mitten drin sind im Wandel. Genauer: einer modifizierten Familienaufstellung. Neu im Kader: 4S E-Hybrid und Turbo S. Ersterer schließt die Lücke zwischen dem benzinerseitig vergleichsweise zurückhaltend agierenden 4 E-Hybrid und dem Hybrid-Chef mit V8. Der 2,9-Liter-Biturbo darf im 4S jetzt quasi ungedrosselt mit 440 PS ran, die E-Maschine im Achtgang-PDK gibt ihre 136 PS dazu, hinten raus kommen 560 PS sowie 750 Newtonmetern Systempower. Was der Chef so nicht akzeptieren kann. Also der Verbrenner-Chef. Der Hybrid-V8 bekommt natürlich ebenfalls Nachschlag, erscheint aber erst Ende des Jahres, deshalb darf bis dahin der Turbo S das Zepter tragen.

Porsche Panamera Facelift 2020
Porsche

Durchaus berechtigt, schließlich liefert er 630 PS sowie 820 Newtonmetern, zu denen ihn massiv überarbeitete Innereien des Vierliter-Biturbo-V8 ermächtigen. Biturbo – da ist klar, dass die Porsche-Leute auch die Turbolader trainierten und den Rest wie Kolben, Kurbelwelle und Co den Belastungen anpassten. Damit das Gerät trotz Otttopartikelfilter auch noch standesgemäß klingt, atmet der V8 durch eine asymmetrische Abgasanlage aus, die trotz lebendigen, bassigen Sounds alle Vorschriften erfüllt.

Handling? Porschig!

Wir sagen: Check. Auch zum Handling, das auch nach den Fahrwerks-Update (komfortabler einerseits, bessere Aufbaukontrolle andererseits) porschig bleibt. Was das bedeutet? Na, auf den Punkt anbremsen (Keramik ist beim Turbo S Serie), verlässlich und transparent einlenken (ab sofort mit dem Regler des 911), ohne Korrekturen querbeschleunigen schlupfarm wieder rausbeschleunigen. Dabei bleibt der 2,2-Tonner fast schon erschreckend neutral, verkneift sich störendes Untersteuern, ja wirkt sogar durchaus heck-lebendig – das Ganze immer in Abhängigkeit vom Fahrmodus, der die fahrdynamischen Zutaten nach Wunsch komponiert, also mit mehr oder weniger Aufbaukontrolle, mehr oder weniger direkter Reaktion auf Befehle sowie differenzierte Schaltstrategie des PDK.

Der Zauber läuft natürlich und authentisch ohne den Eindruck eines synthetischen Bits-und-Bytes-Festival. Obwohl Allradantrieb und -lenkung, Adaptivdämpfer, Dreikammer-Luftfederung, Wankstabilisierung und Torque-Vectoring am Start sind. Wie der Panamera auf Druck am Gaspedal reagiert, wie er sich an der Haftgrenze entlangbalancieren lässt, in Wechselkurven oder bei Entlastung über Kuppen leicht wird, zart eindreht, ohne den Bodenkontakt aufzugeben, das ist großer Sport. Buchstäblich. Wie gesagt, dynamischer bekommst Du über fünf Meter Komfort sonst nirgends geliefert.

Selbst an den Reifen tüftelten sie herum, erziehen den 21-Zöllern neben tollem Grip auch höheren Kantenkomfort fürs geschmeidigere Abrollen sowie geringeren Rollwiederstand für die Effizienz an. Nach wie vor klasse: die angriffslustige und dennoch langstreckentaugliche Fahrer-Sitzposition. Der Start des ersten Panamera mit einer Sitzkiste zahlt sich immer noch aus. Inzwischen ist diese jedoch mit mehr Technik ausgefüllt zu der zukünftig schnellerer Rechenleistung für fixerer Bedienung und erweiterte Möglichkeiten bis hin zur optimierten Sprachsteuerung zählt.

Mehr E-Reichweite, mehr V6-Punch

Ebenfalls auszahlen soll sich die neue Strategie bei den Hybriden. Zum einen arbeiten sie jetzt intensiver mit den Daten der Zielführung, zum anderen lädt der Verbrenner den Akku im Charge-Modus nur bis zu 80 Prozent. Alles was danach kommt wäre zu ineffizient. Davor nutzt der Hybrid nach wie vor die Lastpunktverschiebung beim Verbrenner, um quasi umsonst Energie abzuschöpfen und in den dank Verbesserungen bei Package und Zellechemie von 14 auf 18 kWh vergrößerten Akku zu stecken, der seinen Teil zur auf 54 Kilometer verlängerten E-Reichweite beiträgt. Bei der Lastpunktverschiebung wird der Motor beim Fahren unmerklich in einen effizienteren Bereich höherer Last gebracht, ohne dass das Panamera schneller würde. Die Differenz geht via Generator in den Akku. Clever was?

Doch beim Ballern am Bilster Berg verschieben wir gerade keine Last- sondern höchstens Bremspunkte. Auf noch später. Beim Turbo S unter Mithilfe der nunmehr serienmäßigen Keramikanlage, deren Druckpunkt Runde um Runde wie gemeißelt steht. Aber auch die beim 4S E-Hybrid verbesserte Zusammenarbeit von Rekuperation und hydraulischer Bremse erfordert kaum Eingewöhnung und verzögert zielsicher und reproduzierbar. Etwas, dass nicht jedem Marktbegleiter so gut gelingt.

GTS mit Saugmotor-Touch trotz Biturbo-V8

War noch was? Ja, sie haben den V8-Biturbo des GTS optimiert, er powert mit 20 PS mehr, vor allem aber einer Charakteristik, die sich eher nach Sauger dann Turbo anfühlt. Auch neu: bestimmte Rad-Reifen-Kombinationen, Lackfarben, Online-Dienste, Frontschürzen und Heckansicht mit durchgehendem Leuchtenband. Wie gesagt, im Wesentlichen Spitzen Schneiden und einmal durchkämmen. Mehr war auch nicht nötig, der Panamera auch schon vorher ein guter Typ.