Neuer Ford Fiesta und Seat Ibiza im Vergleich

Neuer Ford Fiesta und Seat Ibiza im Vergleich
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Erste Vergleichsfahrt mit dem kleinen Kölner

© Hans-Dieter Seufert 33 Bilder

Sie machen weniger Aufhebens um sich als die SUV. Doch Kleinwagen wie der Ford Fiesta schlagen die Hochaufragenden beim Fahrspaß um Längen. Im ersten Vergleich trifft der Neue auf den Seat Ibiza. Welcher der kleinen Sportlichen ist besser?

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Manche selbsternannten Auguren erklären ja bereits alles, was nicht auf „SUV“ hört, für tot. Doch da haben sie die Rechnung ohne die Kleinwagen gemacht – die sind quicklebendig und zu Recht nach wie vor beliebt, weil sie eine vernünftige Quersumme aus Platz und Preis bieten. Neu am Start in diesem Segment: die 2017er-Modelle von Ford Fiesta und Seat Ibiza . Nix mit hochgesetzt, bullig oder hip. Einfach zwei moderne Kleinwagen alter Schule.

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Nördlich von Madrid lässt Ford die achte Generation offiziell zum ersten Mal auf die Straße. Ziemlich jung ist auch deren schärfster Konkurrent, der Seat Ibiza – und in Spanien zu Hause. Weshalb wir ihn hier als Sparringspartner sozusagen im Handgepäck mitgebracht haben. Na ja, das mit dem Handgepäck stimmt nicht ganz: Unsere Kollegen von autopista mit Sitz in Madrid haben ihn netterweise zur Fiesta-Präsentation in Valladolid herangefahren.

Koppeln statt kuppeln

Gemeinsam mit Kollege Jorge haben wir die ersten Runden gedreht, immer wieder untereinander den Fahrersitz gewechselt; denn bei Fiesta und Ibiza geht es tatsächlich ums aktive Fahren. Das mag heutzutage ungewöhnlich, wenn nicht sogar verrückt klingen – wo doch alle Welt die Finger scheinbar lieber am Smartphone als am Lenkrad hat und sich entsprechend am liebsten fremdchauffieren lassen möchte.

Koppeln kann der Fiesta natürlich auch: Sync 3, das neue Infotainment-System, verbindet sich mit Android Auto und Apple Carplay. Serienmäßig finden sich eine Bluetooth-Schnittstelle sowie zwei USB-Anschlüsse. So weit, so ähnlich zum Seat. Wo ihm der Fiesta voraus ist: Optional kommt er mit Online-Staudienst und schlägt Parkhäuser oder Tankstellen vor.

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Gerade frisch vorgestellt muss sich der Fiesta gleich der Konkurrenz stellen.

Richtig zugelegt hat Ford bei den digitalen Helfern. Etwa mit dem Pre-Collision Assist, der Fußgänger auch bei Nacht detektiert. Ein Parkassistent lenkt in die Lücke und wieder heraus. Gegen Aufpreis gibt es außerdem einen Spurhalteassistenten samt Lenkeingriff. Sollte dennoch ein Unfall passieren und ein Airbag auslösen, setzt der Fiesta automatisch einen Notruf ab. Inklusive Totwinkelassistent, Müdigkeitswarner, Geschwindigkeitsbegrenzer sowie Abstandswarner zählt der Ford bis zu 15 Assistenzsysteme. So viele hat der Ibiza nicht zu bieten.

Auch in die analoge Welt hat man bei Ford investiert, überlegt, wie man hochwertiger wahrgenommen werden könnte. Da wären zum einen bessere, teilweise weich geschäumte Kunststoffe, die nun in einheitlichem Schwarzton nebeneinander sitzen. Der früher häufig kritisierte Patchwork-Charakter ist damit erledigt.

Außerdem gab es umfangreiche Verschleißtests: So wurden die Ledersitze gegen Kaffeeflecken und gegen die weit mehr gefürchteten Farbstoffe von Jeans imprägniert. Und das Lederlenkrad gegen Sonnencreme. Leder? Ja, unser Testwagen trägt den feinen Vignale-Anzug. Es gibt den Fiesta aber auch einfacher ab 12.950 Euro. Der Ibiza kommt übrigens immer im Hartplastik-Look.

Ruhiger Dreizylinder

Trotz lediglich vier Millimetern mehr Radstand hat Ford für die Hintensitzenden mehr Platz vorgesehen. Die Knie erhalten zwölf Millimeter mehr Entfaltungsfreiheit. Außerdem sind die Sitze gut gepolstert, stützen dennoch den Rücken in Kurven. Verglichen mit dem Ibiza ist der Fond aber etwas enger. Dafür bietet die straffe Seat-Sitzbank auf langen Strecken weniger Sitzkomfort. Für Urlaubsfahrten muss man in beiden Kleinwagen Tetris spielen. Nach dem Umklappen der Lehnen entsteht selbst mit den optionalen variablen Ladeböden keine wirklich ebene Fläche.

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Der Fiesta beweist, dass man auch mit drei Zylindern flott unterwegs sein kann.

Wir sind heute dreizylindrig unterwegs, denn beide Vergleichsmodelle üben Zylinder-Enthaltsamkeit (vier Töpfe hat nur der Diesel-Fiesta). Der Einliter in unserem Vignale leistet beachtliche 140 PS, es gibt ihn aber auch mit 100 und 125 PS (leider nicht bei der Präsentation).

Der Einliter im Ibiza, den Kollege Jorge dabeihat, kommt auf 115 PS, fühlt sich dennoch kaum weniger munter an. Auch er stemmt sich bei mittleren Drehzahlen leichtfüßig voran, rumort jedoch etwas mehr. Das Fiesta-Triebwerk läuft ruhiger und ausgeglichener. Auf der Langstrecke ist der Fiesta ein angenehmer Begleiter, bleibt akustisch fast so zurückhaltend wie ein Kompaktwagen. Weder dröhnt der Motor noch poltert das Fahrwerk oder zischeln sich Windgeräusche vorlaut ins Ohr.

Dass Ford in der Lage ist, ausgewogene Fahrwerksabstimmungen auszutüfteln, wird einmal mehr offensichtlich. Bestens zum gebotenen Elan passt die präzise, aber nicht hyperagile Lenkung, mit der sich der Fiesta zackig durch Kurven dirigieren lässt. So weit gilt das auch für den Ibiza. Allerdings beherrscht nur der Fiesta den Heck-Trick: Per Gaspedallupfer dreht er leicht mit der Hinterachse ein. Das hilft, um Untersteuern zu korrigieren, also die Kurve doch noch zu bekommen, wenn man sie fast schon verpasst hat.

ST-Line beeindruckt

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Fahrwerke abstimmen können die Jungs von Ford.

Weitere Kernkompetenz des Fiesta: der tolle Federungskomfort. Egal welcher Untergrund dem Ford serviert wird, der Kleinwagen schluckt die meisten Anregungen klaglos, hält Hubspitzen zuverlässig von seinen Fahrgästen fern. Dabei beeindruckt vor allem, wie sensibel die Federbeine auf lange Bodenwellen ansprechen. Dagegen arbeitet speziell die Hinterachse des Ibiza weniger empfindsam.

Wer es straffer mag: Ford bietet den Fiesta auch in der ST-Line an. Dann ist die Rollsteifigkeit um 30 Prozent höher. Federn und Dämpfer sind in der Rate um 15 Prozent steifer, der Aufbau liegt um zehn Millimeter tiefer. Damit fühlt sich der Fiesta tatsächlich schon nach einem echten ST-Kurvenräuber an, wird zum kleinen Sportler. Zumindest beim Fahrverhalten. Motorseitig dagegen nicht so ganz; doch der eigentliche ST kommt schließlich erst im Herbst – dann mit einem über 200 PS starken 1,5-Liter-Dreizylinder.

Fazit

Bei einer Ausfahrt in der Fremde gibt es keinen Sieger und keinen Verlierer. Ernst zu nehmende Tests finden nicht an einem Nachmittag statt – sie benötigen für hieb- und stichfestes Ergebnis rund eine Woche Arbeit. Was man aber nach dem ersten Treffen festhalten kann: Der Fiesta ist gut geworden, im Innenraum deutlich feiner als der Seat, bietet einen angenehmen Fahrkomfort – und hat dennoch ein lebendiges Heck.

Tabelle (techn. Daten)

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