Honda Civic im Fahrbericht: schriller, bodenständiger Revoluzzer

Honda Civic im Fahrbericht
:
Schriller Revoluzzer mit Bodenständigkeit

Honda Civic, Frontansicht © Thorsten Weigl 19 Bilder

Der neue Honda Civic trennt sich nicht vom schrillen UFO-Look des Vorgängers. Mit überraschend bodenständigen Qualitäten wie Variabilität, Komfort und Sicherheit wirkt er jedoch so geerdet wie noch nie.

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Ein Schild mit der Aufschrift „Doch, es ist ein ganz neues Modell“ hätte dem Messe-Team viel Arbeit erspart. Ob es sich beim Honda Civic um ein Facelift handelt, soll nämlich die meistgestellte Frage auf dem diesjährigen IAA-Stand von Honda gewesen sein.

Kein Wunder, blieb doch die neunte Generation des seit 1972 gebauten Golf-Konkurrenten der futuristischen Keilform mit spitzer Schnauze, flacher Frontscheibe und Coupé-Dach treu. Selbst der Querbalken über der Heckscheibe, der die Sicht nach hinten verstellt, wurde beim neuen Honda Civic konsequent beibehalten. Immerhin besteht das untere Scheibenelement jetzt aus Glas und nicht mehr aus stark verzerrendem Kunststoff.

Honda Civic mit Kinosessel-Klappmimik

Doch wie bei einem Punk mit Eigentumswohnung und Riester-Rente täuscht das schrille Outfit über den soliden Charakter hinweg. So verfügt auch der Honda Civic Nummer neun über die bewährte Rückbank mit ihrer Kinosessel-Klappmimik. Wird nur die Sitzfläche nach oben gestellt, entsteht ein auffallend hoher Laderaum, in dem sich Fahrräder oder Flachbildschirme stehend transportieren lassen. Legt man die Rückenlehne flach, taucht die Sitzfläche wiederum so tief ab, dass sich ein stufenfreier und völlig ebener Ladeboden ergibt.

Der Honda Civic gehört damit nicht nur zu den variabelsten, sondern auch zu den geräumigsten Vertretern seiner Klasse: Mit 477 Liter Standardvolumen schluckt kein Kompakter mehr Gepäck. Trotz insgesamt luftigem Raumgefühl fällt die Kopffreiheit hinten jedoch nach wie vor knapp aus. Ebenfalls auffällig: die wesentlich verbesserte Qualität. Während das Vorgänger-Interieur mit seiner Materialanmutung ziemlich enttäuschte, glänzt der neue Honda Civic mit gepolsterten Kunststoffen, einem samtig beflockten Handschuhfach und netten Details wie der mit Leder verkleideten Lenksäule.

Zudem geht die Bedienung leichter von der Hand, als es das Cockpit im Kampfjet-Look vermuten ließe. So gewöhnt man sich an den blickgünstig hoch angebrachten Digitaltacho des Honda Civic ebenso schnell wie an den dicht beim Fahrer platzierten Schalthebel des präzise rastenden Sechsgang-Getriebes.

Gut gedämpfter Innenraum des Honda Civic

Auch an seinen Manieren hat der Asphalt-Revoluzzer Honda Civic gearbeitet: Dank optimierter Dämmung dringen Motor- und Abrollgeräusche deutlich gedämpfter in den Innenraum vor, während Windgeräusche selbst bei zügiger Autobahnfahrt so gut wie gar nicht auszumachen sind – auch ein Verdienst des auf 0,27 gesenkten cW-Wertes. Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger fallen beim neuen Honda Civic zudem feiner ansprechende Dämpfer auf, die vor allem kurze Unebenheiten gekonnter ausfiltern. Für den geschmeidigeren Federungskomfort sorgt darüber hinaus die überarbeitete Hinterachse mit Hydrauliklagern statt Gummibuchsen.

Das reifere Fahrgefühl geht jedoch zu Lasten der Agilität. Trotz nach wie vor direkt ausgelegter Lenkung wirft sich der 4,30 Meter lange Viertürer nicht mehr ganz so leichtfüßig in Kehren wie bisher und neigt sich stärker zur Seite. Dennoch bleibt der Honda Civic lange neutral und problemlos beherrschbar.

Überhaupt sorgt sich der ab Anfang 2012 lieferbare Honda Civic so verantwortungsvoll um die Sicherheit wie noch keiner seiner acht Vorgänger. So bietet Honda das aus CR-V und Accord bekannte Kollisions-Warnsystem CMBS erstmals in der Kompaktklasse an. Ein Radarsensor hinter dem Kühlergrill überwacht dabei permanent den Abstand zum Vordermann und schlägt bei drohendem Auffahren Alarm. Zudem unterstützt es den Fahrer beim Bremsen. Das mit Abstands-Tempomat kombinierte System kostet allerdings rund 2.000 Euro Aufpreis.

Kaum Neues auf Motorenseite

Bei der Motorenpalette gibt es jedoch kaum einen Fortschritt. So kommen zum Serienstart des neuen Honda Civic die beiden leicht überarbeiteten Saugbenziner mit 1,4 und 1,8 Liter Hubraum (100 beziehungsweise 142 PS) zum Einsatz, die ihre Lethargie erst bei hohen Drehzahlen überwinden. Die beste, allerdings auch teuerste Wahl bleibt daher der 2,2-Liter-Diesel mit 150 PS, der den Honda Civic kultiviert und souverän antreibt. Ende nächsten Jahres folgt noch ein kleiner Diesel mit knapp über 100 PS. Eine Hybridvariante, bei der man auf die Technik des Insight hätte zurückgreifen können, ist hingegen nicht vorgesehen.

Immerhin gehört ein Start-Stopp-System jetzt zum Serienumfang des neuen Honda Civic, ebenso die grüne Econ-Taste, mit der sich Gaspedalkennlinie und Klimasteuerung auf Knauser-Betrieb umstellen lassen. Damit kommt der Diesel auf einen respektablen Normverbrauch von 4,2 Liter/100 km.

Trotz höherer Reife und verbesserter Ausstattung hält Honda die Preise nahezu konstant. Das 1,4-Liter-Basis-Modell des mit jetzt serienmäßigen Alufelgen kostet gerade einmal 160 Euro mehr als bisher. In diesem Punkt ist der Honda Civic also doch fast der Alte geblieben.

Tabelle (techn. Daten)

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