Einen Fahrbericht zum neuen Ford Mustang Mach-E GT abliefern und dabei auf sämtliche Pferde-Metaphern verzichten? Herausforderung angenommen: Dabei wird es nicht leicht, so ganz ohne Cowboy-Anspielungen, Hengstparaden oder Geschichten vom Pferde Stehlen. Also dann galoppieren wir los – Na, das fängt ja gut an.
Dabei ist nichts treffender beim Ford Mustang Mach-E GT als Anspielungen auf Pferde: Festbremsen und voll drauf auf das Fahrpedal, dann spannt sich der Antrieb merklich an – fast wie bei einem V8-Mustang – der Mach-E will sogar einen klein Satz nach vorn machen. Dabei heult er künstlich auf, was weniger befremdlich klingt als Sie jetzt vielleicht denken. Zumal hier kein Raumschiffsound aus den zehn B&O-Boxen warpt, sondern fast schon vertrautes Benzinerbrummen.
Jetzt aber runter vom Bremspedal. Kurzes Reifenquietschen. Schon schnellt der Kopf Richtung Kopfstütze und der Elektro-SUV auf Tempo 100. Nur 3,7 Sekunden soll das dauern. Wobei man den Sprintwert in den USA ermittelt hat, und dort startet man bekanntermaßen rollend. Hierzulande ist man also ein paar Zehntelchen langsamer. Spüren tut man das nicht, denn unabhängig von der Messmethode beeindruckt der Schub des Elektro-Mustang. Dessen zwei gleichstarke Permanentmagnet-Synchronmotoren an Vorder- und Hinterachse leisten zusammen 358 kW oder in alter Währung 487 PS. Und dank der extra für den GT abgeschmeckten Pirelli P Zero scharrt der Mustang nicht lange mit den Hufen – Okay, erwischt. Erste Wortspiel-Verwarnung!
Mehr Drehmoment als ein Ford GT
Traktion und Ansprechverhalten sind also hervorragend. Tatsächlich schlägt der Mach-E mit 813 Nm auch beim Überholen immer wieder schlagartig zu. Im Overboost sogar mit 860 Nm Drehmoment. Damit ist der E-SUV stärker als der Sportwagen Ford GT (746 Nm). Nur rennt der Mach-E GT eben nicht ganz so schnell. Immerhin fängt ihn das elektronische Lasso erst bei 200 km/h statt 180 km/h ein – Wieder erwischt, ab jetzt reiße ich mich aber wirklich zusammen.

Gutes Stichwort: Ausreizen sollte man die Vmax auf kroatischen Autobahnen und Landstraßen besser nicht, denn die hiesige Polizei fackelt nicht lange. Zudem kann man auch im Rahmen der hier gültigen Straßenverkehrsordnung mit dem GT viel Unfug treiben. Ford nennt den Mach-E schließlich nicht umsonst einen Mustang. Schon im "zahmen" Fahrmodus – ja der heißt wirklich so – wird nicht wie bei anderen E-Autos etwa Leistung reduziert, sondern lediglich die Regelsysteme scharf gestellt. Die Antriebskraft verteilt sich jetzt im Verhältnis 40 vorn zu 60 hinten. Das Drehmoment verlagert sich über die Modi "aktiv" bis "temperamentvoll" auf 30 zu 70. Dabei schärft der Mach-E gleichzeitig die Kennlinien der Lenkung und des Fahrpedals sowie der adaptiven Dämpfung.
Das "Plus" macht nur kurz einen Unterschied
Und dann taucht da plötzlich ein kleiner digitaler Kippschalter ganz unten im 15,5 Zoll großen Hochkant-Touchscreen auf: Das "Plus" entfesselt die Overboost-Power und lässt die Zügel der Traktions- und Stabilitätskontrolle komplett schleifen – letzte Wortspiel-Verwarnung!

Wie sich das "Plus" äußert? In engen Kehren drängt das Hinterteil dermaßen nach außen, dass man sich fast schon in einem reinen Hecktriebler wähnt. Kein Wunder, stellt der Heckmotor seine Maximalleistung bereits nach einer halben Sekunde bereit. Die Powerslides sind jedenfalls unfassbar spaßig und wegen des fast drei Meter langen Radstandes trotzdem leicht zu kontrollieren. Schade nur, dass sich der "Plus"-Modus nach kurzer Zeit im Testwagen von selbst deaktiviert. Und auch erst nach längerer Verschnaufpause wieder zurückkehrt. Mit einem Rennstreckeneinsatz, den Ford gern propagiert, wird das so nichts. Geeigneter scheint da die Bremsanlage. Im GT sind 385 Millimeter große Bremsscheiben vorn mit roten Vierkolben-Brembo-Sätteln serienmäßig. Subjektiv beißen die Brembos ebenso stark, wie unermüdlich zu und kaschieren gekonnt den Übergang von elektrischer zu mechanischer Bremswirkung.
Adaptiv-Fahrwerk gibt’s nur im GT
Anders als im straff abgestimmten konventionellen Mach-E baut Ford im GT-Modell serienmäßig ein Adaptiv-Fahrwerk ein. Was das bringt? Neben etwas besserem Federungskomfort reduziert das Magnetic-Ride-Dämpfersystem die Wankneigung der Karosserie, auch wenn sich fast 2,3 Tonnen Fahrzeuggewicht eben nicht verstecken lassen. Zudem fordert das GT-Fahrwerk ebenfalls Nehmerqualitäten. Mit seinen serienmäßigen 20-Zöllern lässt der Mustang nämlich kein Schlagloch aus und läuft jeder Spurrille nach. In Kombination mit der direkt abgestimmten Lenkung erfordert flottes Fahren stets Konzentration.

Mehr Reichweite kommt Over the Air
Auf den Maroden kroatischen Straßen geht man es also lieber ruhiger an. Mit dem bekannten "Ein-Pedal-Fahren" lässt sich auch die Reichweite schonen. Die gibt der Hersteller mit 490 WLTP-Kilometern an, wobei sich dieser Wert bei flotter Fahrweise leicht halbieren lässt. Immerhin erhöht Ford demnächst den nutzbaren Energiegehalt der Lithium-Ionen-Batterie von 88 auch 91 kWh – Dank Over-the-Air-Update auch in bereits ausgelieferten Fahrzeugen. An der Ladegeschwindigkeit ändert sich aber nichts: Der Mach-E lädt mit bis zu 150 kW Gleichstrom und braucht für eine Ladung von 10 auf 80 Prozent gut 45 Minuten.
Was man in der Zeit treibt? Zum Beispiel schleicht man einmal um den Mustang Mach-E GT herum und entdeckt die geänderte Front mit rautenartig gemustertem "Grill", tiefer Spoilerlippe und seitlichen Lufteinlässen sowie die GT exklusive Farbe Cyber-Orange. Oder man kuschelt sich in die haltstaken Integralsitze, spielt mit dem schnellen sowie einfach bedienbaren Sync4-Infotainment und erfreut sich an der hochwertigen Einrichtung. Die ist übrigens bis auf ein Panoramaglasdach nahezu vollständig. Kein Wunder, schließlich verlangt Ford 72.900 Euro für das Top-Modell. Abziehen können Sie davon 7.975 Euro Prämie. Trotzdem viel Geld? Nun, das Leben ist eben kein – der muss jetzt noch sein – Ponyhof.