Es ist nicht nur eine, sondern es sind gleich mehrere Glaubensfragen, die sich hier stellen. Mittel- oder Heckmotor? Vier- oder Sechszylinder? Zwei- oder Zwei-Plus-Zwei-Sitzer? Naja, Porsche ist eben nicht gleich Porsche – was gut so ist, denn sonst hätten wir ja gar nichts zu erzählen. Das ausführliche Video zum Vergleich der beiden finden Sie unten im Artikel.
Das Format
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Im Format Entweder ODER liefern die Redakteure Patrick Lang und Thomas Grau immer die Kaufberatung zu zwei Modellen des selben Herstellers, um herauszufinden, welches Auto für Sie das bessere ist.
Erklären wir zunächst noch schnell, was Sie hier erwartet. In unserem Format „Entweder ODER“ vergleichen die beiden Redakteure Patrick Lang und Thomas Grau immer zwei Fahrzeuge des selben Herstellers. Wir erheben hier keine Messdaten, oder testen nach dem klassischen auto motor und sport-Schema. Hier geht es um eine Kaufberatung und darum herauszufinden, welches der beiden Modelle für Sie das richtige ist. Dabei werfen wir einen Blick in den Konfigurator, checken den Innenraum, das Exterieur und den Kofferraum. Zusätzlich gibt es natürlich Eindrücke vom Fahren in puncto Übersichtlichkeit, Komfort, Sportlichkeit, Assistenzsysteme, und so weiter. Je nachdem, welche Kriterien sich jeweils bei den entsprechenden Fahrzeugen anwenden lassen. Denn eines ist mal klar: Das Ladevolumen wäre beispielsweise keine Paradedisziplin für die beiden Zuffenhausener hier.
Beginnen wir mit den härtesten aller Zahlen. Den Preisen der beiden Testwagen. Der Porsche 911 (991) Carrera kommt auf insgesamt 125.099 Euro (Basispreis 97.800 Euro). Beim 718 Cayman GTS sind es ab Werk rund 77.200 Euro, unser Exemplar bringt es auf 100.567 Euro. Die Aufpreispolitik der Sportwagenschmiede ist erfahrungsgemäß saftig. So ein Satz 20-Zoll-Räder im RS-Spyder-Design kostet dann eben mal 3.200 Piepen. Die Lackierung des GTS in Karminrot – stilistisch bei dieser Ausführung beinahe unumgänglich – steht dem mit knapp 2.350 Euro nur wenig nach.
Der Porsche 911 sorgt schon seit Jahrzehnten für ehrfürchtiges Raunen in den Kreisen Sportwagen-Begeisterter. Mittlerweile gibt es den Zuffenhausener Klassiker in unzähligen Varianten.
Da lohnt sich doch mal ein ausführlicher Blick auf das Basis-Modell. Muss man wirklich mehr "Porsche 911" haben, als den Carrera?
Wir ziehen die Geschichte an den Attributen Prestige, Leistung und Ausstattung auf.
Unser Basis-Elfer (ab 97.914 Euro) wurde mit Extras im Wert von rund 27.000 Euro konfiguriert, von denn nicht alle Notwendig sind. Punkte auf dem Prestige-Konto gibt es aber für die 20-Zoll-Räder (3.213 Euro).
Auch die Lackierung in Saphirblaumetallic für 1.178 Euro macht eine sehr gute Figur auf der zeitlosen Silhouette.
Zustimmendes Nicken, große Kinderaugen, verstohlene Blicke. Das Basismodell der Baureihe verdreht die Köpfe der Umstehenden auch ohne GT-Kürzel oder Targa-Dach.
Zum Teil liegt das auch an der Klappenabgasanlage für 2.606 Euro, die den Dreiliter-Boxer-Biturbo exzellent in Szene setzt.
Im Innenraum herrscht vergleichsweise wenig Spektakel. Eine Extras sind für den gesteigerten Spaßfaktor allerdings sehr zuträglich.
Das Doppelkupplungsgetriebe PDK beispielsweise. Auch wenn puristisch veranlagte Fans den Handschalter predigen. Das PDK macht einen super Job. Wer es manueller mag, kann auch an den Schaltpaddels ziehen, um sich zu beruhigen.
Die schicke Stoppuhr verrät es: Auch das Sport Chrono Paket ist an Bord. Mit Spielereien wir den Sport Response Knopf und der Zwischengasfunktion wird das Kind im Manne mit Pauken und Trompeten geweckt.
Dazu tanzt die Nadel im zentralen Drehzahlmesser in 500er-Schritten übers Band. Ein herrliches Schauspiel. Auch sehr überzeugend: Die gestochen scharfen Digital-Anzeigen.
Die 18-fach verstellbaren Sportsitze Plus (3.272 Euro) sind dann ein sinnvolles Extra, wenn man seinen 911 wirklich jeden Tag nutzt. Das Gestühl lässt sich wahlweise bequem oder sportlich eng einstellen.
Weitere nette Extras im Porsche sind Sitzheizung, Bose-Sound-System und Digitalradio. Doch an und für sich ist der üppige Basis-Elfer in puncto Ausstattung schon sehr gut aufgestellt.
Es festigt sich der Eindruck: Die drei magischen Ziffern 911 bedürfen nicht mehr als des Carrera-Schriftzugs, um ihre Strahlkraft zu entfalten.
Über Design kann man natürlich streiten, aber bitte nicht beim 911. Breite Schultern, kurze Überhänge, knackige Proportionen. Ja, man hat sich an den Look zwar gewöhnt, aber dennoch ist er zeitlos gelungen.
Der Aufschrei beim Facelift-Modell der Baureihe 991 war groß: Ohje, jetzt mit Turbo-Motor. Hilfe!
Zu Recht? Nein. Die Maschine mit ihren 370 PS fühlt sich deutlich stärker an, als in vergleichbar motorisierten Autos. Sie klingt etwas tiefer und kehliger, aber der Sound verzückt ebenso wie der Vortrieb.
Also: Die Leute schauen ihm verträumt nach, er geht wie die Hölle und hat alles drin, was man im Alltag braucht.
Muss es dann ein Turbo oder ein GT sein? Eigentlich nicht. Außer, ich will jedes zweite Wochenende auf die Rennstrecke. Dann natürlich schon.
Ansonsten kann man hier nicht behaupten "mehr Auto bräuchte kein Mensch", aber man kann sagen "mehr Elfer braucht kein Mensch". Trotzdem haben die Zuffenhausener natürlich noch ein breites Angebot in petto.
In einer seiner extremsten Ausprägungen trägt der Elfer den Namen GT3 RS, trägt den aus dem Cup-Modell domestizierten Vierliter-Sauger im Heck und leistet 520 PS.
Noch eine Spur extremer ist der GT2 RS. Er paar 700 Biturbo-PS mit Hinterradantrieb und würzt das Ganze mit 750 Newtonmetern Drehmoment.
Da geht´s im "normalen" Porsche 911 Turbo schon etwas ziviler zu. 540 PS stehen in den Papieren, 580 PS bei der S-Version. Damit geht es in glatten drei Sekunden auf Tempo 100.
Die S-Version des Basismodells bringt es auf 420 PS, liegt aber bereits ab Werk rund 12.000 Euro über dem Carrera ohne "S".
Und als besonderen Beau gibt es ihn auch noch: Der Porsche Targa kostet mindestens 118.382 Euro.
Wer das Dach ganz runter haben möchte, nimmt das Cabrio ab 111.004 Euro, oder wie hier abgebildet das GTS Cabrio für 138.850 Euro.
Den puristischsten Ansatz bietet der neue Carrera T, der sich nicht ganz so stark vom normalen Carrera unterscheidet. Für den Antrieb sorgt der selbe Motor, durch ein kürzer übersetztes Getriebe ist er aber einen Hauch schneller.
Heck- oder Mittelmotor
Ausstattungsoptionen hin oder her. So wirklich scheiden sich die Geister bei dieser Paarung am Motor. Mit der Leistung hat das wenig zu tun, denn die 370 PS des Elfers liegen denkbar nahe an den 365 Pferdchen des Cayman. Viel entscheidender ist die Anzahl der Zylinder. Für den Sechszylinder-Boxer ist Porsche berühmt und deshalb sitzt der auch im Heck der Ikone 911. Zugegeben: Auch der Vierzylinder hat bei Porsche eine gewisse Historie. Als Mittelmotor wirkt er im Cayman aber vermutlich vorrangig wegen der Flottenverbrauchswerte.
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Der eine jubelt, der andere zweifelt. Darf in so einen Sportwagen ein Doppelkupplungsgetriebe? Darf ein Porsche mit Vierzylinder vorfahren?
Die Performance stimmt bei beiden, die Fans allerdings jammern über den Sound. Hier wiederum ist auch der 911 nicht mehr unantastbar, nachdem er ja mit einem Turbolader versehen wurde und anscheinend sein gewisses klangliches Etwas damit abzugeben gezwungen war. Jammern hat in der sehr traditionell veranlagten Fangemeinde eine gewisse Konstanz – so wird auch beim PDK lamentiert, dass ein Sportwagen doch eigentlich immer per Hand geschaltet werden sollte. Fakt ist aber: Die Mehrheit der bestellten Fahrzeuge wird mit Doppelkopplungsgetriebe geordert, und wenn wir ehrlich sind, macht das seine Arbeit auch ganz prima.
Der 2,5-Liter-Vierzylinder-Boxer bekommt über einen voluminöseren Ansaugtrakt, Optimierungen am Lader und eine Anhebung des Ladedrucks von 1,1 auf 1,3 bar 15 Extra-PS eingesetzt.
Der Klang sei motorkonzeptbedingt, flehen sie bei Porsche immerzu, außerdem habe man alles Menschenmögliche getan, um ihn so charmant wie möglich zu gestalten. Verstehe ich, glaube ich auch, nur ändert es eben nichts daran, dass er nur schwer zu genießen ist.
Das serienmäßige PASM-Fahrwerk legt den Zuffenhausener als GTS um 10 Millimeter tiefer als den Cayman S.
Die übrigen Umfänge wie das Sport Chrono Paket inklusive dynamischen Getriebelagers oder die mechanische Hinterachssperre mit Torque Vectoring sind in keinster Weise exklusiv.
Das Fahrgefühl ist wohlbekannt. Das nominelle Zubrötchen lässt sich aus dem strammen Antritt, dem sehnigen Hochdrehen und den zackigen Gasreaktionen des 2,5-Liters unmöglich herausspüren.
Somit reduziert sich das GTS-Flair am Ende auf Äußerlichkeiten wie die Karminroten Akzente. Die gibt´s allerdings nicht serienmäßig.
An Bord: Das Doppelkupplungsgetriebe PDK (3.250 Euro). Es gibt den Cayman GTS aber auch als Handschalter.
Immer gut als Stimmungsaufheller: Der Sport Response-Button in der Mitte des Fahrmodus-Wahlschalters. 20 Sekunden gibt der Porsche bei Knopfdruck alles was er kann.
Vergleicht man jenen Testwagen hier mit dem Cayman S, der einst den Supertest ausgefochten hat, reduziert sich der GTS-Benefit jedenfalls auf das marginale Leistungsspritzerle.
Wenn man den Aspekt der Alltagstauglichkeit betrachtet, dann hat der Elfer klar die Nase vorne, denn er kann auch ganz unaufgeregt über die Straßen gleiten. Leise und ohne Drama, wenn der Fahrer seine Ruhe haben will; dazu noch verhältnismäßig komfortabel. Diesen Spagat beherrscht der rabaukige Cayman GTS weniger gut. Hier wird gebrüllt und gerumpelt und gedröhnt. Wer gerne fahraktiv und involviert unterwegs ist, wird daran freilich nichts Schlechtes finden. Allen anderen könnte die Charakteristik nach einigen Kilometern auf den Nerv gehen.
Entweder ODER - Basis-Elfer gegen Cayman GTS
1:17:03 Std.
Fazit
Am Ende einer jeden Folge von Entweder ODER müssen sich die Redakteure entscheiden: Bleiben sie „Entweder“ bei Ihrem vorgestellten Fahrzeug „Oder“ müssen Sie sich den Argumenten des Kontrahenten geschlagen geben. In diesem Fall kommen beide überein: Der Elfer entscheidet das Duell für sich. Klar, der Cayman ist fahraktiv und attraktiv, aber der 911 ist insgesamt das vollkommenere Auto. Der Sechszylinder überzeugt in jeder Lebenslage und der Spagat zwischen Alltagskomfort und Sportlichkeit gelingt ohne Mühe.
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