BMW i3 im Fahrbericht: Hightech-Stadtmobil unter Strom

BMW i3 im Fahrbericht
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Hightech-Stadtmobil unter Strom

07/2013 BMW i3 Fahrbericht Malte Jürgens © BMW 27 Bilder

Der elektrisch angetriebene BMW i3 trägt seine Batterie in einem stabilen Aluminium-Rahmen, leistet 125 kW und transportiert die Passagiere in einer Kohlefaser-Karosserie. Schon vor der IAA bat das Werk zu einer Probefahrt mit dem bayrischen Zukunftsträger urbaner Mobilität.

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Die Theorie signalisiert Vertrauen: Unter normalen Umständen dürfte der neue BMW i3 kaum umzukippen sein. Das liegt an seinem Konzept. Zwischen den Achsen, unter dem Boden der Fahrgastzelle, wurzelt ein 230 Kilogramm schwerer Block von Lithium-Ionen-Batterien wie der Kielboden einer Segelyacht. Das senkt den Schwerpunkt des BMW i3 drastisch und erhöht die Kippsicherheit; das Gesamtgewicht von 1.195 Kilogramm verteilt sich dazu im idealen Verhältnis von 50:50 auf Vorder- und Hinterachse.

Kräftige Strangprofile rahmen den von BMW aus Samsung-Zellen selbst entwickelten und zusammengebauten Energieträger. An Front und Heck, getragen von je einem Alu-Querprofil, schwingen die einzeln aufgehängten Räder, vorn an McPherson-Federbeinen, hinten an einer Multilenker-Konstruktion. Das heißt: BMW baut drei Jahrzehnte nach dem Einstellen des M1 mal wieder ein echtes Rolling Chassis mit aufgesetzter Karosserie. Nur einen neuen Namen haben die Marketing-Spezialisten gefunden: Das ist kein Chassis mehr mit einem ebenfalls selbst gebauten Elektromotor an der Hinterachse, das ist nun ein Drive-Modul. Dementsprechend heißt die Karosserie Life-Modul, und die Kombination aus beidem zum fertigen Auto ist Resultat der neuen Life-Drive-Architektur.

Aus Gründen des Leichtbaus kommen die Bayern um den Werkstoff Kohlefaser nicht herum, aber ein komplett selbsttragendes Monocoque aus dem Kunststoff-Verbundmaterial würde im Falle eines Unfalls schwere Sorgen machen – Abschnittsreparaturen sind nach kräftigeren Crashs kaum möglich, weshalb aus Gründen der Vorsorge dann oft das komplette Monocoque erneuert werden muss.

BMW i3 mit bequemem Einstieg

Ein Rahmen aus Aluminium kann dagegen stückweise repariert werden, genauso gefahrlos wie eine nicht tragende Passagierzelle aus Kohlefaser. Und der Schwerpunkt liegt im i3 tiiief, sozusagen mit drei i. Das macht Laune auf den 1,7 Kilometer langen Handlingsparcours, den BMW auf dem Gelände der werkseigenen Driving Academy in Maisach nahe München ausgesteckt hat.

Die Fahrertür des BMW i3 öffnet weit, und da eine B-Säule fehlt und die hintere Tür portalartig einen großzügigen Einstieg freigibt, wird das Einsteigen zur höflichen Rücksichtnahme etwa auf malade Bandscheiben und rostige Hüftgelenke: Man erklimmt den Sitz wie in einem kleinen SUV oder in einem Minivan, ohne Schlängeln, Gelenke-Knacken oder Kopfeinziehen, bequem und in nahezu artgerechter Haltung. Fahrer- und Beifahrersitz erfreuen mit guter Körperabstützung und bieten ein erweitertes Raumgefühl: Der gewohnte Schaltknüppel auf der Mittelkonsole fehlt, und die Armlehnen hören wie die Konsole rechtzeitig auf.

Dafür befindet sich das Kontaktschloss auf dieser kurzen Mittelkonsole, wie einst das Zündschloss bei Saab. Den Schlüssel nach rechts drehen, und der Bildschirm signalisiert die Stromversorgung. Im Testfall, sagt das bunte Multi-Instrument, reicht der Saft noch für 50 Kilometer, vorausgesetzt, der Wählschalter bleibt in der Comfort-Position für normalen Fahrbetrieb. Im Modus Eco Pro werden 80 Kilometer Reichweite signalisiert, im dritten Betriebszustand – Eco Pro Plus – gar 109 Kilometer. Auf dem Handlingskurs müssten damit also gut 50 Runden drin sein.

BMW i3 beschleunigt mit Nachdruck und macht Spaß

In Erinnerung an die Benzinautomobile des Hauses gibt es auch im BMW i3 einen Start-Stopp-Knopf, der vor dem Losfahren zu drücken ist, dann folgt der BMW i3 dem Fahrpedal, leise und unspektakulär, aber mit Nachdruck. BMW nennt für den Spurt von null auf 100 km/h nur 7,2 Sekunden, und die dürften sehr realistisch sein. Bei durchgedrücktem Fahrpedal zieht der Viersitzer los, als würde er von einem unsichtbar gespannten Gummiband in Richtung Horizont gezogen. Geht der Fuß vom Strom, wird der 125 kW-Elektromotor zum Generator und lädt die Fahr-Batterie wieder auf.

Rekuperation nennt sich dieses Verfahren der Ladestrom-Erzeugung, und es wirkt wie die vom konventionellen Auto her bekannte Motorbremse. Die Befürchtung, der BMW i3 würde nach dem Stromwegnehmen mit seinem Spitzentempo von 150 km/h nahezu ungebremst dahin rollen wie ein Zweitakter im Freilauf, findet keine Entsprechung. Durch die Ladefunktion verzögert der Stromer fast wie gewohnt.

Um den Rollwiderstand zu senken, rollte der BMW i3 auf schmalen 19-Zoll-Reifen der Dimension 155/70. Die leistungsstarken Motorräder des Hauses brausen da oft auf voluminöseren Sohlen einher. Unsicherheit kommt trotzdem in keinem Fahrzustand auf. Mit einem regelmäßigen quietsch-quietsch-quietsch wirft sich der Viertürer durch den Slalomparcours, in jeder Phase berechenbar und gut zu kontrollieren. Die Antriebsräder können dank der erst spät eingreifenden elektronischen Stabilitäts-Regelung über einen Stromstoß zum leichten Drift gebracht werden, womit sich die nur in Spurenelementen vorhandene Untersteuerneigung an der Vorderachse ausgleichen lässt. Das Resultat macht einfach Spaß, denn selbst in kühn und zügig umrundeten Kurven geht der BMW i3 dann lässig und gleichmäßig über alle vier Räder nach außen weg, was sich durch ein leichtes Liften des Fahrpedals und mit der sehr präzisen Lenkung ohne Anstrengung fein korrigieren lässt.

BMW i3 ab rund 37.000 Euro

Auf der Slalom-Strecke legt der BMW i3-Aufbau viel Gelassenheit an den Tag; das Wanken, Nicken und Rollen hat ihm BMW nachhaltig abgewöhnt. Die Technische Information zum Wagen teilt mit: "Die Fahrwerkskonstruktion begünstigt eine funktionale Trennung von Radführung und Federung. So lassen sich sportliche, von hoher Längs- und Querdynamik geprägte Fahreigenschaften mit souveränem Federungskomfort kombinieren." Die Testfahrt auf dem Kurs von Maisach lieferte jedenfalls keine Reaktion, die dem BMW-Text praktisch widersprochen hätte. Der BMW i3 ist bequem, reagiert spontan und sicher, und auch die Bremse samt ihrem angenehmen Pedalgefühl läßt erkennen, dass die BMW i3-Macher im Fach Verzögern hier die Note eins anstreben.

Dynamisch hinterläßt das neue 360-Volt-Auto aus München beim ersten Kennenlernen den von BMW erwarteten guten Eindruck. Ab etwa 37.000 Euro wird er zu haben sein, und die teure Batterie ist auf lebenslange Haltbarkeit ausgelegt. Die Garantie jedenfalls gilt für acht Jahre oder 100.000 Kilometer. In rund sieben Stunden zieht sie sich eine Strom-Füllung aus der normalen 230-Volt-Steckdose; mit Kraftstrom von 380 Volt Stärke dauert das Laden laut BMW nur noch zwei Stunden, an einer 50-kW-Station sind nach 30 Minuten bereits 80 Prozent des maximalen Energievorrats getankt. Der soll mindestens 130 Kilometer im Comfort-Modus reichen; die Eco-Pro-Plus-Position soll für 200 Kilometer gut sein.

Nach zehn Runden auf dem 1,7 Kilometer langen Testkurs schrumpfte die vor dem Start angezeigte Reichweite von 109 Kilometern auf nur noch 19 herunter. Das sind sozusagen 90 Kilometer Verbrauch bei nur 17 tatsächlich auch zurückgelegten Kilometern.

Zugegeben, die Testfahrt erfolgte zügig; BMW wollte schließlich demonstrieren, dass auch der elektrische Hisl im Grunde ein Wiesel ist und Fahrvergnügen nach Art des Hauses bietet. Zum Glück gibt es auf Wunsch auch noch einen benzingetriebenen, zweizylindrigen Hilfsmotor mit 34 PS, der bei Bedarf über einen Generator die Batterie wieder lädt. Die Reichweite des E-Mobils wird damit nach Angabe des Herstellers um rund 100 Kilometer erweitert. Solange eben, wie noch Benzin im Neun-Liter-Tank des kleinen verborgenen Verbrenners ist. Das beruhigt.

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