Plug-in-Hybride sind auf dem Vormarsch. Auch, weil der Staat sie als Dienstwagen günstiger macht: Als geldwerten Vorteil versteuert des Nutzer nur 0,5 statt ein Prozent vom Listenpreis. Der ist beim Bentayga nicht zu knapp, die Ersparnis entsprechend. Aber taugt die neue SUV-Variante auch zum Sparen beim Sprit?
Von außen ist ihm sein alternativer Antrieb kaum anzusehen. Eine zweite Tankklappe auf der linken Seite zum Laden der 13 Kilowattstunden großen Batterie gehört da schon zu den größten Auffälligkeiten – neben den Hybridschriftzügen an Heck und Flanke.

Von der Massage bis zum lautlosen Fahren
Die Front zeigt sich gewohnt majestätisch, mit großem Grill und vier runden Scheinwerfern. Unter der Motorhaube ist, abgesehen von dem großen Plastikdeckel inklusive Hybrid-Schriftzug, nichts zu sehen. Der Einstieg ist dank SUV-typischer Höhe angenehm und die Sitze vermitteln das Gefühl, dass nicht sie der limitierende Faktor der nächsten Tour sein werden. Vorne kann das Mobiliar nicht nur heizen und kühlen, sondern massiert die Passagiere sogar aufs Angenehmste.
Die Passagiere in der zweiten Reihe kommen in den Genuss üppiger Bein- und Kopffreiheit – ohne die Macht über die Infotainmentzentrale abgeben zu müssen. Mithilfe eines Smartphone großen Bedienelements können sie vom Fond aus alle Elemente bedienen und sogar die aktuellen Fahrdaten wie die Geschwindigkeit anzeigen lassen. Die Armaturen vorne entsprechen denen der übrigen Bentayga-Modelle. Mit einer Ausnahme: Auf der Sechs-Uhr-Position des Fahrmodusschalters steht „EV-Mode“. Insgesamt drei Elektro-Modi stehen zur Wahl: Hybrid, Hold und EV. Letzterer zwingt den Luxus-SUV bis zu einer Geschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde elektrisch, also lokal emissionsfrei zu fahren. Das klappt auch sehr gut. Nicht wie bei anderen Herstellern, die bei etwas zu viel Gas bereits den Verbrenner wecken. Der 3,0 Liter große V6 des Bentayga schläft in aller Seelenruhe weiter. Und während sich bei anderen Hybriden nach dem Wegfall der Motorengeräusche Wind- und Fahrgeräusche in den Vordergrund drängen, herrscht im Bentayga Stille.
50 Kilometer rein elektrisch – theoretisch
Der nach jedem Startvorgang automatisch eingelegte Hybrid-Modus nimmt sich das, was er gerade benötigt. Beim gemütlichen Dahingleiten oder dem ruhigen Ampelstart sowie beim Rückwärtsrangieren entlockt er der Batterie die Leistung. Soll es etwas rasanter zur Sache gehen, oder wenn die Batterie leergesaugt ist, schaltet sich der Verbrenner zu. Im Hold-Modus kommt vornehmlich der Benzinmotor zum Einsatz, um die Batteriekapazität zu „halten“. Insgesamt sollen 50 Kilometer rein elektrisch erlebbar sein. Im ersten Praxiseinsatz zeigt sich jedoch, dass diese Reichweite nur mit großer Zurückhaltung zu schaffen sein dürfte. Zu schnell sinkt die angezeigte EV-Reichweite auf dem Bordcomputer vom versprochenen Theoriewert gen Null. Ist die Null erst einmal erreicht, müssen gewaltige Talfahrten bremsend gemeistert werden, um ein paar Kilometer zurückzugewinnen. Oder anders formuliert: Ist die Batterie einmal entladen, muss sie in 2,5 Stunden an der Stromtankstelle wieder geladen werden – und welcher Bentley-Kunde wird das machen? Einen vierten Modus, der die Batterie aktiv während der Fahrt mithilfe des Verbrennungsmotors wieder auflädt, gibt es nicht. Noch nicht.
Bei nur sanftem Gaspedaleinsatz ist selbst im Verbrennermodus nur wenig vom Blubbern des V6 zu hören. Das ändert sich, wenn der Fahrer dem Bentayga seine Gesamtsystemleistung von 449 PS abverlangt. Nur 5,5 Sekunden vergehen bei kernigem Sound bis Tempo 100. Bei 254 km/h ist Schluss. Trotz solcher Fahrleistungen wird der schwere SUV nicht zum Sportler. Er ist eher für die zügige Autobahnreise gedacht oder um würdevoll über Landstraßen zu cruisen und mal eben an einem Landstraßen-Schleicher vorbeizuhuschen.