AMG-Neuheiten im Fahrbericht: Mächtig Power für A, C, E und SLS

AMG-Neuheiten im Fahrbericht
:
Mächtig Power für A, C, E und SLS

© Rossen Gargolov 74 Bilder

Mercedes AMG fährt groß auf. In der Kompaktklasse tritt der vierzylindrige A 45 AMG an, der C 63 kommt als Edition 507, der E 63 mit Allradantrieb und der SLS als Black Series. Wie viel packende Emotionen stecken in den Neuen?

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Moderne Navigationssysteme spielen bei Bedarf ja schon einmal den Reiseführer. Jetzt wäre allerdings eine Ansage wie auf dem Jahrmarkt angebracht: „Wer hat noch nicht, wer will noch mal, eine schwindelerregende Runde im Mega-Neckbreaker-Rollercoaster ...“, vorgetragen natürlich stilecht mit nasaler, leicht heliumierter Lautsprecherstimme. In ebenjenem Moment nämlich stürzt der Mercedes A 45 AMG nach einer blinden Kuppe in einer sich zuziehenden Linkskurve mit magensensiblem Gefälle hinunter, drängt mit dem Heck in Richtung gut sichtbarer, weil nicht weit entfernter Leitplanke. In einem Rechtsbogen jagt der 360 PS starke Kompaktwagen den unmittelbar folgenden Anstieg hinauf, die nächste Kuppe im Visier. Sie geht voll.

Dank dem Allradantrieb geht überhaupt vieles voll oder zumindest mit weit weniger Gaseinsatz als beispielsweise mit einem Hecktriebler. Dabei bittet die A-Klasse den Fahrer zunächst zart untersteuernd um leichtes Lupfen, bedankt sich dafür mit dem drängenden Heck. Wo eigentlich? Ach so, auf dem Bilster Berg Drive Resort, einer von Streckenplaner Hermann Tilke konzipierten und vom ewigen Walter Röhrl für gut befundenen Rundstrecke im westfälischen Nirgendwo.

Der Mercedes A 45 AMG zählt sicher zu den geeignetsten Fahrzeugen für die Erkundung des anspruchsvollen Rundkurses: Reichlich Leistung in Kombination mit reichlich Traktion und reichlich Fahrsicherheit nehmen den Schrecken vor den nordschleifenähnlich überschaubar dimensionierten Auslaufzonen. Einen Schrecken jagt einem dagegen der riesige Turbolader des M 133 genannten Vierzylinders ein, als Fahrer sieht man sich bereits in einen Turbokrater vom Ausmaß des Stuttgarter Talkessels plumpsen und erwartet das maximale Drehmoment von 450 Nm nicht vor 3500 Umdrehungen.
Stattdessen verteilt es sich bereits bei 2250/min elektronisch geregelt über die Lamellenkupplung auf alle vier Räder, schon bei rund 1500/min saugt der mit 1,8 bar Druck anabolisierte Vierzylinder im Mercedes A 45 AMG den rechten Fuß des Fahrers an und zieht die langnasige A-Klasse energisch gen Horizont. Vor allem der Twinscroll-Lader (also mit je zwei im Krümmer zusammengefassten Abgaskanälen) sowie die maximal entdrosselten Abgasanlage ermöglichen das ordentliche Ansprechverhalten – und wie sie entdrosselt ist.

Im unteren Drehzahlbereich brunft sie tief gurgelnd die achtzylindrigen Geschwister an, schmettert beim Ausdrehen jenes bekannt-kernige Lied hochprozentiger Getränke und nikotinhaltiger Luft. Hinzu kommt wütendes Schnauben beim Gangwechsel, das beinahe wie eine schallende Ohrfeige klatscht und mit dem das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe im Mercedes A 45 AMG Vollzug meldet. Um bis zu 20 Prozent schneller soll es im Vergleich zum A 250 Sport arbeiten, da unter anderem eine Kupplung mit fünf statt vier Lamellen und die Software aus dem SLS GT zum Einsatz kommen.
Doch schon stürzt sich der Mercedes A 45 AMG die lange und sehr schnelle Links gegenüber von Start/Ziel hinab, lässt sich präzise für den folgenden Rechtsknick zusammenstauchen, um sofort die enge Links hinaufzutoben.

Mercedes A 45 AMG mit 360 PS 1:19 Min.

Mercedes C 63 AMG mit Extra-Power

Kehre eins wiederum würde AMGs Kleinster mit schwerem Gasfuß nehmen, der Mercedes C 63 AMG Edition 507 flüchtet sich dagegen in den Drift. Die 4,71 Meter lange Limousine wirkt wie ein krasser Gegenentwurf zum hochtechnologisierten A 45 AMG, zorniger, drastischer, fordernder – für Menschen, die Espresso mit einer Siebträger-Maschine statt mit einem Vollautomaten brauen. Gegenüber dem C 63 AMG mit Performance Package verhelfen ein modifiziertes Kurbelwellengehäuse und eine überarbeitete Elektronik zum Leistungsplus von 20 auf 507 PS, die das 6,2-Liter-Mammut im Bug frei saugend generiert und einzig auf die Hinterräder loslässt. Ganz klassisch bemüht sich ein mechanisches Sperrdifferenzial um Traktion– ziemlich erfolgreich. Und wenn nicht, dann geht es eben ziemlich quer.

Mit dem oktanhaltigen Charme eines Muscle Car eroberte sich der Mercedes C 63 AMG den Status des Kassenschlagers im AMG-Programm. Den macht ihm nun der A 45 AMG streitig, künftige Effizienz-Bestrebungen bedeuten zugleich das Ende des Saugers. Eine Sauerei, der Mercedes C 63 AMG weiß das, wehrt sich mit tiefgründigem Gebrüll, wirft sich zackig einlenkend in die schnelle Rechts-Links-Schikane vor der welligen Gerade.

Mercedes E 63 AMG jetzt mit Allradantrieb

Hinter ihm wütet bereits der Mercedes E 63 AMG S, der längst das Turbozeitalter eingeläutet hat. Seinen Allradantrieb verdankt er dem unerklärlichen Durst reicher Amerikaner (davon muss es wohl einige geben) nach Traktion unter allen Umständen, wenngleich sie bei wirklich widrigen Umständen vermutlich zu Hause bleiben würden.

So sei es, bei 585 PS und der Kleinigkeit von 800 Nm schadet 4matic sicher nicht. Nur 5,5 Liter Hubraum benötigt der V8 dafür, hängt der C-Klasse dicht an den vier Endrohren, kommt aber nicht so ohne Weiteres an ihr vorbei – eigentlich auch nicht mit Weiterem, zu sehr hemmt das Mehrgewicht von rund 200 Kilogramm. In den diversen Kurven ruft sich die Masse ebenfalls jedesmal schiebend in Erinnerung, wenngleich durch die aufwendig umgestrickte Vorderachse (48 mm breitere Spur, mehr negativer Sturz) und dank hecklastiger Antriebsmomentverteilung (33 zu 67 Prozent) Agilität durchaus vorhanden ist. Zwar nicht leichtfüßig wie bei der A-Klasse, sondern eher etwas brechstangig, aber eben vorhanden. Dafür bietet der adaptiv gedämpfte Mercedes E 63 AMG den besten Federungskomfort im Quartett, selbst im Sport Plus-Modus.

SLS AMG als verschärfter Black Series

Der A45 AMG sucht in diesem Kapitel offenbar den SLS Black Series als Vorbild. Bei beiden besteht der Komfort vorwiegend in den großartigen Schalensitzen – alltagstauglich beim A, renntauglich beim SLS.

Das Viertelmillion-Euro-Projektil darf nun endlich Supersportwagen sein, mit steiferer Elastokinematik, breiterer Spur, neuen Radträgern und Stabis sowie mehr Abtrieb. Dazu kommt die schärfste Stufe des 6,2-Liter-V8, 631 PS stark, tief im Vorderwagen versenkt. Wie das alles den SLS AMG verändert? Als Black Series ist er bestimmt von Gier – nach Gasstößen, Lenkbefehlen, Traktion und Geld. Tief in ihm drin liegt der Fahrer, sieht kaum das Ende der langen Haube, was die Erkundung des Bilster Bergs einigermaßen herausfordernd gestaltet.

Die Sportreifen wollen Temperatur, doch selbst dann zwingen Respekt vor Auto und Strecke zu einer eher entkoffeinierten Fahrweise. Erst im freien Fall von der oberen Schikane hinab zur Gegengerade meldet sich der Mut zurück, die Nadel des Drehzahlmessers schießt in Richtung 8000/min-Marke, der V8 freut sich donnernd.

Zaghaft entsteht ein Vertrauensverhältnis, basierend auf viel Grip und bester Rückmeldung von Lenkung, Fahrwerk und Bremse. Doch schon naht die nächste Schikane, hart in die Eisen, jetzt bloß nicht übermütig werden. Der SLS verlangt Übung, Erfahrung, am besten viel von beidem – viel mehr als der A 45. Der läutet mit seinen 360 PS eine neue Leistungsära in der Kompaktklasse ein, gewürzt mit AMG-typischer Emotionalität, abgeschmeckt mit Alltagstauglichkeit, trotz Enge im Fond und harter Federung.
Der A 45 fährt angepasster als der Outlaw C 63 Edition 507, agiler als der brachiale E 63 S und diesseitiger als der jenseitige SLS Black Series. In der AMG-Familie hat der Neue also seinen Platz gefunden – genau wie auf der Rennstrecke Bilster Berg. Wer hat noch nicht, wer will noch mal?

Fazit

Ja, der A 45 nimmt die Herausforderung an. Seinen Entwicklern gelang es, das eigentlich unvermeidliche stattliche Turboloch des Vierzylinders zuzuschütten. Was bleibt, ist schiere Leistung, packender Sound und ein agiles, sicheres Handling – das darf der Kunden für knapp 50 000 Euro schließlich auch erwarten. Am anderen Ende geht der SLS Black Series in seiner Rolle als Traumwagen auf, der E 63 S bietet unglaublichen Dampf für jeden Tag. Der heimliche Held dieser Geschichte heißt jedoch C 63 Edition – die kleine Limousine mit dem Monster-Motor.

Tabelle (techn. Daten)

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