Die Nocksteinkurve ist der Schlüssel, sagt der Instruktor über Funk, während wir zur Kennenlernrunde aus der Box rollen. Er muss es wissen, denn er heißt Marc Hessel, war 1987 in der DTM Gesamtdritter im M3 und hat auf dem Salzburgring vermutlich mehr Runden gedreht als ein Karussellbremser auf dem Rummelplatz.
Er fährt im B4 GT4 voraus, auf die lange Gerade, durch die Schikane, dann die bereits erwähnte Kurve, alles klar, das geht ja. Bleiben ein paar Sekunden, um sich im Auto umzusehen: B7, nicht gerade der Wagen, mit dem man sonst auf der Rennstrecke unterwegs ist, 5,2 Meter lang, 2,2 Tonnen schwer und ein Bär von einem Achtzylinder im Bug: 608 PS, 800 Nm Drehmoment. Da lümmelst du dann im nappabelederten Fauteuil, schaust übers Lenkrad ins Salzkammergut. Bis Marc Gas gibt.

Leistung ohne Spektakel
Fahrerlebnisschalter in die Sportposition, die Lehne etwas steiler, Sitzwangen näher an den Hüftspeck, dann kann’s losgehen. Der B4 beschleunigt die Zielgerade runter, der B7 hat keine Mühe, zu folgen. Vor der Schikane nimmt er etwas Gas raus, nicht auf der letzten Rille bremsen, schließlich geht es kaum darum, Bestzeiten zu erzielen, sondern den Alpina B7 zu erleben.
Dabei funktioniert das hier auf der Rennstrecke gar nicht mal so schlecht, der B7 führt alles mit, was es an dynamischen Fahrhilfen gibt, unter anderem aktive Wankstabilisierung sowie Vierradlenkung. Beides verhilft der großen Limousine zu unerwarteter Agilität auf der Piste. Die schnellen Richtungswechsel in der Schikane, exaktes Einlenken in die Kurven, all das erledigt der große Alpina mit leicht distanzierter Nonchalance.
Wie vehement der Motor tatsächlich schiebt und wie viel Grip die Reifen aufbauen, siehst du am vorausfahrenden B4. Ein großes Spektakel macht der B7 daraus nicht. Es ist ihm auch egal, ob die Fahrstufen der famosen ZF-Achtgangautomatik manuell reingezupft werden oder ob du die Gangwahl selbst übernimmst. Wenn du die Linie in der Nocksteinkurve nicht perfekt triffst und zu früh aufs Gas gehst, regeln die Assistenzsysteme das sanft weg, wie ein diskret hüstelnder Butler.

Ebenso beeindruckend: die Lässigkeit, mit der die Luftfedern Unebenheiten wegbügeln, die Wellen auf der Gegengeraden oder die Curbs in den Schikanen. Das ist auch im Luxus- limousinen-Umfeld nicht alltäglich. Und während du dich dran gewöhnt hast, mit der großen Limousine dem flinkeren Sportwagen zu folgen, kommt das Kommando aus dem Funkgerät: Reifen und Bremsen etwas auskühlen lassen, zurück an die Box. Fahrzeugwechsel – mit dem B5 Biturbo geht’s weiter.
Die Limousine geht besser
Da können wir zwischen Limousine und Touring wählen, die Stufenheck-Ausführung sei einen Hauch leichtfüßiger, für die nächsten Runden wird es dennoch der Kombi. Der ist dunkelgrün, ein wohlgeratenes, elegantes Auto, und eines mit nicht unbeträchtlichem Nutzwert. Doch darum geht es jetzt nicht, kein einziger der theoretisch möglichen 1.700 Liter Ladevolumen wird momentan benötigt. Wenn wir ganz ehrlich sind: Alle 608 PS und 800 Nm bräuchten wir ebenfalls nicht. Aber es ist schön, wenn man sie dennoch hat!

Der B5 beschleunigt scheinbar einen Hauch druckvoller, der Motor wirkt etwas drehfreudiger. Wenn er dürfte, könnte der 4,4-Liter-V8 den über zwei Tonnen schweren Kombi in 3,7 Sekunden auf 100 km/h jazzen, nach 12,3 Sekunden wäre er 200 km/h schnell. Dazu grollt der Achtzylinder kräftiger und bassiger als im B7, er wirkt lebendiger mit fixeren Gangwechseln. Auf der Gegengeraden röhrt er sich auf über 230 km/h, dann einlenken, leicht vom Gas und nach einer gefühlten Ewigkeit die Fahrerlagerkurve anbremsen. Die Wellen und Curbs kommen im B5 herber durch. Fein anfedern und sanft Vertikalbewegungen wegdämpfen – das schafft er dennoch hervorragend. Und nun in die Limousine. Unterschied zum Touring? Kaum merkbar, das geringere Gewicht scheinst du bei raschen Richtungswechseln zu spüren. Und er geht ein paar Zehntel besser, heißt es.
Im XD4 auf der Landstraße
Ein paar PS weniger gibt es im B4 Edition 99 – 156, um genau zu sein. Die haben allerdings auch mit rund 400 kg weniger Gesamtgewicht zu kämpfen, als beispielsweise im B5 Biturbo. Und er ist sowohl mit Allrad- als auch mit Hinterradantrieb zu haben.
Mit der Edition feiert Alpina die inzwischen über 50 Jahre alte Tradition des feinen Automobilbaus in Buchloe, 99 Exemplare sollen entstehen, als Coupé und Cabrio. Allen gemeinsam ist der 452 PS starke Reihensechszylinder mit Akrapovic-Abgasanlage aus Titanlegierung und massigen 680 Nm Drehmoment.

Entsprechend wenig Mühe hat der Sechszylinder mit dem nicht ganz 1.700 kg schweren Coupé, es fährt sich auf diesem Kurs eine Klasse behänder und lockerer. Die Vorderräder beißen sich präziser in die Einlenkpunkte, keine Frage, hier auf der Rennstrecke fühlt sich der B4 S Edition 99 deutlich mehr zu Hause. Entlässt man die Traktions- und Stabilitätswächter in den Sportmodus, drängt das Heck am Kurvenausgang etwas vehementer nach außen. Feinsinniges Fahren belohnen die Systeme, indem sie kleine Heckschwenks einwerfen. Im Edition 99 mit Allradantrieb geht das nicht ganz so locker, dafür bügelt der mit fast unerschütterlicher Stabilität um die Biegungen.
Schon wieder Fahrzeugwechsel, diesmal nur kurz zum Anschnuppern, denn die SUV-Alpina XD3 und XD4 fühlen sich abseits der Rennstrecke doch wohler. Auf der Landstraße zeigt der XD4 danach, warum die Baureihe für Alpina so wichtig ist: Mit dem wuchtigen Dreiliter-Diesel und 780 Nm schnupft er steile Anstiege im Salzkammergut, als führe er durchs Flachland.

Dass der Sechszylinder ein Selbstzünder ist, merkt man allenfalls beim Blick auf den Drehzahlmesser. Zwischen 4.000 und 5.000 Umdrehungen leistet der Dreiliter 388 PS, 770 Nm stellen sich ab 1.750 Umdrehungen ein.
Als Normverbrauch gibt Alpina 6,9 Liter Diesel je 100 km an, ein Blick auf die Verbrauchsanzeige zeigt, dass der Wert im Alltagsverkehr nicht unrealistisch ist. Selten pendelt der Durchschnittswert über die Sieben-Liter-Markierung, meist ist es deutlich weniger, auch weil der XD4 die Landstraßenfahrt locker mit Halbgas bewältigt. Bestellbar sind die Alpina-SUV übrigens ab sofort, Ende 2019 sollen die ersten Kundenfahrzeuge ausgeliefert werden.
Wir rollen zurück zur Rennstrecke. Fahrzeugwechsel, vielleicht hat Marc Hessel noch Lust auf ein paar Runden. Wieder in den B5, man könnte noch etwas an der Linie in der Nocksteinkurve feilen. Los geht’s!
Alpina XD4 | Alpina B5 Biturbo Touring | Alpina B4 Biturbo Coupé | Alpina B7 Biturbo L | |
Grundpreis | 89.100 € | 115.300 € | 69.800 € | 154.800 € |
Außenmaße | 4751 x 1927 x 1615 mm | 4956 x 1868 x 1466 mm | 4640 x 1825 x 1373 mm | 5250 x 1902 x 1491 mm |
Kofferraumvolumen | 525 bis 1430 l | 570 bis 1700 l | 445 l | 515 l |
Hubraum / Motor | 2993 cm³ / 6-Zylinder | 4395 cm³ / 8-Zylinder | 2979 cm³ / 6-Zylinder | 4395 cm³ / 8-Zylinder |
Leistung | 290 kW / 394 PS bei 4000 U/min | 447 kW / 608 PS bei 5750 U/min | 301 kW / 410 PS bei 5500 U/min | 447 kW / 608 PS bei 5750 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 268 km/h | 322 km/h | 303 km/h | 330 km/h |
Verbrauch | 7,2 l/100 km | 11,1 l/100 km | 7,6 l/100 km | 10,8 l/100 km |