Wo könnte die härteste Allradstrecke der Welt besser liegen als im Südwesten der USA? Der Rubicon Trail ist kein künstlich angelegter Allradparcours, sondern eine offizielle US-Straße durch den El Dorado National Forest in Kalifornien. Wochenende für Wochenende pilgern tausende von Geländewagen-Fans zum Trail, um die Herausforderung für Mensch und Maschine mit Hilfe von Untersetzungen, entkoppelbaren Achsen und Windeneinsatz zu bezwingen. Der Rubicon Trail hat einen Namen wie Donnerhall; gilt unter Allradfans als Nordschleife für Geländewagen; eine mythische Strecke, die man wenigstens einmal im Leben gefahren sein muss.
Stau auf dem Rubicon Trail
"Einige Fahrer denken, dass hier sei ein Spiel - aber da liegen sie falsch", sagt Tom, einer der Guides. Ohne sie geht auf dem Trail nur wenig. Wer auf die Tourexperten nicht hört, ist raus und für manche ist direkt bei der Einfahrtskontrolle Schluss. Wer mit seinem Allradfahrzeug hier aufsetzt, muss zusehen. "Wir bringen jeden Fahrer irgendwie durch - laufen musste noch keiner", erzählt Eric, ebenfalls seit Jahren Guide im El Dorado National Forest. Wer wirklich freie Fahrt haben will, kommt unter der Woche. Denn stimmt das Wetter, ist auf dem Rubicon Trail von Freitag bis Sonntag die Hölle los. An manchen Wochenenden sind Tausende unterwegs - da sind Staus an kniffeligen Stellen vorprogrammiert. Denn obwohl der Trail insgesamt nur 22 Meilen lang ist, darf man sich mit dem eigenen Klettermaxen nicht weiter als 15 Meter von der Strecke entfernen. Die Forstbehörde schaut zu. Wo sich der Trail befindet, muss man allerdings selbst wissen; Schilder sucht man zumeist vergeblich.
Oft entscheiden Zentimeter
Bei all den Ausblicken und der Konzentration beim Fahren vergisst man schnell, wie heiß die Sonne in der Sierra Nevada vom Himmel brennt. "Trinken, viel Wasser trinken", ruft Trail-Guide Tom. Doch der Durst ist kaum mehr als eine Randerscheinung. Nach ein paar Stunden zeigt der Rubicon Trail seine hässliche Seite. In einem ausgetrockneten Flussbett geht es zwischen gewaltigen Felsen steiler als auf der Streif in Kitzbühel abwärts. Zentimeter entscheiden darüber, ob sich der Jeep Wrangler mit einer aberwitzigen Achsverschränkung über die Hindernisse manövrieren kann oder knirschend aufsetzt. Immer wieder das metallische Knirschen des Unterbodenschutzes, ein Kratzen an den Felgen oder einen dumpfen Aufprall an der Stoßstange - auf dem Rubicon Trail kommt niemand ungeschoren davon. Mit dem linken Fuß auf der Bremse und dem rechten auf dem Gaspedal arbeitet man sich Zentimeter für Zentimeter voran.
Der Rubicon Trail ist keine Allrad-Spazierfahrt
Die Schräglage setzt Mensch und Maschine gleichermaßen zu. Einer der Jeeps fährt sich knirschend fest. Mit vereinten Kräften, viel Rütteln und Schieben geht es nach einer Viertelstunde schließlich doch weiter. "Man muss eben improvisieren - zur Not haben wir ein Fahrzeug mit Seilwinde. Aber bislang haben wir noch jeden irgendwie durchgebracht", sagt Trail Guide Eric. Der Rubicon Trail ist alles andere als Allrad-Spazierfahrt, die man in seinem wohl klimatisierten Grand Cherokee zurücklegen möchte. Echte Fans fahren offen und setzen sich so nahezu ungeschützt den Wirren von Natur und Wildnis aus. Bereits nach wenigen hundert Metern auf der Tour hatte der Staub von allem Besitz genommen. Zwischen den Zähnen, auf der Kleidung, in den Haaren fühlt man das düstere Pulver. Der eigene Jeep kann sowieso nur noch ausgekärchert werden.
Die Augen tränen, die Sonne brennt. Der Geländewagen steht mitten auf einem ausgetrockneten Flussbett. Vorn geht es so steil abwärts, dass man über die Haube fast auf den Boden blicken kann, dazu hängt der Wagen in einer beängstigenden Schräglage. Zu den Felsbrocken links und rechts sind es nur eine Hand breit. Tom, Trail-Guide im gelben T-Shirt, dirigiert mit beruhigender Stimme Zentimeter für Zentimeter durch eine der schwersten Passagen des Rubicon Trails. Ein bisschen nach rechts - jetzt wieder links, langsam mit Gas und Bremse vorwärts schaukeln - endlich ist es geschafft. "You’re doing a great job", grinst Tom und reckt den Daumen nach oben. Macht er sicher bei jedem. Ist aber ein Klasse-Gefühl etwas geschafft zu haben. Doch die Tour hat gerade erst begonnen. Noch mehr als 15 Meilen stehen noch bevor.