Bei einer leicht chaotisch abgelaufenen Veranstaltung (die unter anderem eine halbe Stunde verspätet begann), dem " Cybertruck Delivery Event", übergab Elon Musk am 30. November 2023 in der texanischen Tesla-Fabrik rund zehn Fahrzeuge aus der ersten Produktionsreihe höchstpersönlich an handverlesene Kunden. Inzwischen ist die Auslieferung im größeren Stil angelaufen, doch der keilförmige Elektro-Pick-up kommt nicht so recht in Schwung. Im ersten anderthalben Jahr nach Markteinführung wurden gerade einmal rund 46.000 Exemplare zugelassen.
Auf der Veranstaltung gab Musk mit einigen Video-Einspielern besondere Werte bekannt. Etwa die 0-60 mph (0-96,6 km/h)-Zeit des stärksten, "Cyberbeast" getauften Modells: 2,6 Sekunden. Typisch Tesla war das zugehörige Beschleunigungsrennen des Cybertruck gegen einen Porsche 911, den der Kanten-Pick-up natürlich ausbeschleunigte – mit einem weiteren 911er auf einem Autotransporter im Schlepptau.
Technische Besonderheiten des Cybertrucks
Der Cybertruck als erstes wirklich geländegängiges Modell der Marke kommt mit einigen interessanten technischen Details auf den Markt. Er verfügt über ein Luftfederfahrwerk und eine Allradlenkung. In den gezeigten Videoeinspielern war der Lenkwinkel der Hinterachse auf den ersten Blick jedoch relativ begrenzt. Musk versprach allerdings einen Wendekreis unterhalb des Model S. Der Cybertruck verfügt über eine elektrische "steer by wire"-Lenkung ohne mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Lenkgetriebe.
Der Elektro-Pick-up steht auf 35-Zoll-Reifen, was ihm eine überdurchschnittliche Bodenfreiheit beschert. Diese liegt laut Musk angeblich bei 17 Zoll, das sind stolze 43 Zentimeter. Und zwar durchgängig unter dem ganzen Auto. Dies ist allerdings der Wert bei voll ausgefahrenen Luftfedern, nicht im "Normalmodus". Außerdem versprach Musk zwei Achsdifferenzialsperren. Damit ließe sich im Gelände einiges anfangen, wenn dort genug Platz ist. Denn direkt zierlich ist der Cybertruck mit seinen knapp 5,70 Meter Länge nicht.
Inzwischen steht fest, dass mit dieser Ankündigung keine üblichen mechanischen Differenzialsperren gemeint waren. Ende April 2024 hatte Tesla auf der Firmenseite im Nachrichtendienst X ein großes Software-Update angekündigt. Dessen Inhalt sind vornehmlich Offroad-Updates. Unmittelbar nach den ersten Auslieferungen waren im Internet Videos von festgefahrenen Kunden-Cybertrucks aufgetaucht, die den Edelstahl-Pick-up nicht besonders gut aussehen ließen.
Achssperren per Software-Update
Das soll sich mit dem Software-Update ändern, dessen Inhalt unter anderem die "Differenzialsperren" sind. Dabei handelt es sich um eine neue Funktion sowohl für den Dual Motor AWD als auch für den Cyberbeast mit drei Motoren, um im Gelände durchdrehende Räder abzubremsen und damit das Drehmoment zum gegenüberliegenden Rad zu leiten. Beim AWD-Modell steht diese Funktion ab dem Update für beide Achsen bereit. Der Cyberbeast mit zwei Motoren an der Hinterachse hat das virtuelle Sperrdifferenzial hinten bereits serienmäßig; beim Update kommt die Funktion für die Vorderachse hinzu.
Ebenfalls zur Verbesserung der Geländetauglichkeit kommt der neue Trail-Assist – ein Fahrprogramm speziell für das Gelände, bei dem die Geschwindigkeit unabhängig von Untergrund und Steigung/Gefälle beibehalten wird. Vergleichbare Technik bieten klassische Geländewagenanbieter wie Land Rover oder Toyota bereits seit längerer Zeit. Zusätzlich wird mit dem Update die Steuerung der Luftfederung verbessert, um auf unterschiedliche Beladung zu reagieren. Ein besonders cooles Gimmick ist künftig der "CyberTent-Modus" für Nutzer eines Dach- oder Ladeflächen-Zelts: Damit nivelliert der Cybertruck sich auch bei unebenem Untergrund über die Luftfederung automatisch aus, damit man beim Schlafen nicht hinauspurzelt.
Bereits bei der Vorstellung gezeigt, aber nicht näher erläutert wurden zwei Crashtests – einmal Cybertruck gegen Mauer, einmal Kontrahent seitlich gegen Cybertruck. In typischer Elon-Musk-Manier kommentierte der Milliardär die Thematik mit dem Spruch "If you have an argument with another car, you will win." ("Wenn Du mal Zoff mit einem anderen Auto hast, wirst Du gewinnen"). Auch die mehrfach kolportierte Schussfestigkeit der Stahlhaut wurde in einem Einspieler gezeigt, in dem unter anderem mit einer automatischen Waffe auf das Auto geschossen wurde.
Preise und Verfügbarkeit
Tesla bot den Cybertruck anfangs in drei Varianten an, darunter eine Version mit nur einem Motor und Heckantrieb für 60.990 Dollar (aktuell umgerechnet knapp 55.000 Euro). Nachdem diese Modellversion ohnehin erst 2025 verfügbar sein sollte, verschwand sie Mitte August letzten Jahres von der US-Tesla-Website. Nun taucht sie darauf wieder auf, allerdings mit einem deutlich höheren Preis. Der Hersteller verlangt für den Basis-Cybertruck neuerdings 69.990 Dollar, wobei der Preis dank der aktuellen Förderprämie auf 62.490 Dollar (gut 56.300 Euro) sinkt. Zur Erinnerung: Als Elon Musk den Cybertruck 2019 erstmals präsentierte, stellte er einen Basispreis von 39.900 Dollar in Aussicht. Allerdings verfügt der E-Pick-up jetzt in allen Varianten über die große Batterie, womit die Reichweite des Heckmotor-Cybertrucks von 402 auf bis zu 583 Kilometer (mit optionaler Ladeflächenabdeckung) steigt.
Allerdings müssen sich die Käuferinnen und Käufer der Basisversion bei der Ausstattung in Verzicht üben. Anstelle der Luftfederung tritt ein konventionelles Stahlfederfahrwerk, das aber immerhin adaptiv ausgelegt ist. Die frontseitigen Zusatzscheinwerfer fehlen ebenso wie die zusätzlichen Stromanschlüsse auf der Ladefläche oder im Innenraum. Hier gibt es zudem weniger Lautsprecher (7 statt 15), Bildschirme (jener in der zweiten Reihe fehlt) und Belüftung für die Sitze, die zudem einen klassischen Stoffüberzug tragen.
Darüber rangiert der Cybertruck mit zwei Motoren und Allradantrieb. Als Topmodell bereichert der 857 PS starke Cyberbeast mit 210 km/h Höchstgeschwindigkeit das Portfolio. Die anfangs genannten Nettopreise des Cybertrucks wurden in typischer Tesla-Manier seit der Markteinführung mehrfach in alle Richtungen korrigiert (siehe Tabelle), nur um aktuell wieder exakt auf dem anfangs genannten Niveau angekommen zu sein. Allerdings kommt die Cyberbeast-Version nicht in den Genuss der 7.500-Dollar-Steuergutschrift, da sie generell zu teuer für die E-Auto-Förderung ist.
Originalzubehör mit deftigen Preisen
Bereits einen Tag nach der Auslieferungs-Show hatte Tesla nachgelegt und erstes Werkszubehör vorgestellt (siehe die Bildergalerie unter diesem Absatz). Das beginnt ganz schnöde wie bei jedem Allerweltsauto mit Teppichen und Gummimatten, hat aber auch einige Schmankerl zu bieten. Entgegen der ersten Ankündigung werden die Kunden zum Beispiel nicht nur mit Cybertrucks in Edelstahl Natur herumfahren müssen. Es gibt zwei Farb-Optionen (schwarz oder weiß) zu enormen Preisen. Dabei handelt es sich allerdings um eine Folierung, keinen Lack. 6.500 US-Dollar (rund 6.000 Euro) ruft Tesla dafür auf. Wer lieber durchgucken möchte: Die Folie gibt es auch in transparent; sie kostet dann nur noch schmale 5.000 Dollar (rund 4.600 Euro).
Im Zubehör lieferbar sind allerdings auch praktische Dinge, wenngleich dort die Preise ebenfalls sportlich sind. So gibt es unter anderem ein Heckzelt mit Vordach zum Übernachten auf der Ladefläche, ein Dachgepäckträgersystem oder eine Auffahrrampe, um zum Beispiel ein Motorrad auf dem Elektro-Truck zu befördern. Ein echter Musk ist schließlich der OMFG-Aufkleber, wobei wir für die nicht jugendfreie Übersetzung dieser Abkürzung an Google verweisen. Der Aufkleber ist die Nachbildung der geborstenen Scheibe aus dem ersten Cybertruck-Event 2019, als Tesla-Designer Franz von Holzhausen beim Prototyp das Fenster mit einem Stein einwarf. Allerdings ist der "OMFG-Decal" zum Preis von 55 Dollar bereits ausverkauft.
Die Antriebs-Batterie des Cybertrucks ist bereits mit Anschlüssen für Technik zum induktiven Laden ausgerüstet – so steht es im zum Elektro-Pick-up gehörenden Service-Handbuch. Den Hinweis haben Mitglieder des Cybertruck Owner Clubs entdeckt. Tesla hat bereits seit Längerem sein Interesse für kabelloses Laden von Fahrzeugen bekundet – ganz im Gegensatz zu vielen Tesla-Fans.
Die entsprechenden Anschlüsse an der Hochvolt-Batterie bezeichnet Tesla im Service-Handbuch als Anschlüsse für "induktives Laden". Bisher hat der US-amerikanische Hersteller mit "induktivem Laden" allerdings die Möglichkeit gemeint, Smartphones im Innenraum des Fahrzeugs drahtlos zu laden. Beim Cybertruck ändert Tesla seine Bezeichnung für diese Art des Smartphone-Ladens auf "kabelloses Laden", was ein weiterer Hinweis auf die Anschlussmöglichkeit von Equipment für induktives Laden der Antriebs-Batterie ist.
Kommt der Cybertruck nach Europa?
Ob Tesla den Cybertruck ebenfalls in Europa anbieten wird, bleibt weiter fraglich. Überraschenderweise hat Tesla allerdings gut eine Stunde nach dem Delivery Event den Cybertruck auch auf die deutsche Seite gehoben. Jedoch bislang ohne Preise oder Reservierungsmöglichkeit. Immerhin ansehen konnten ihn deutsche Kunden. Tesla ging mit dem Cybertruck ab Anfang Mai 2024 auf Städtetour durch Europa. Eine Markteinführung in der EU ist allerdings weiterhin höchst fraglich. Experten halten das Modell aufgrund seiner scharfkantigen Karosserie, seines hohen Gewichts und einiger besonderer Design-Details für nicht zulassungsfähig in Europa.