Das US-amerikanische Start-up Rivian mischt aktuell mit seinem rein elektrisch angetriebenen Pick-up R1T die nordamerikanische Elektroauto-Szene auf. Fans haben sich längst in sozialen Netzwerken organisiert und posten gefühlt jedes Bild von einem neu ausgelieferten R1T. Einige sticheln gegen Tesla und machen Witze darüber, dass Elon Musks Konkurrenzmodell namens Cybertruck noch lange nicht auf dem Markt ist. Dabei übersehen sie, dass der chinesische Hersteller Dongfeng mit dem Rich 6 EV bereits seit Mitte 2019 einen Großserien-E-Pick-up auf dem Markt hat. Aber ob Modelle von Dongfeng, Rivian oder Tesla: Alle E-Pick-ups haben einen europäischen Vorgänger: Vor über 30 Jahren brachte Skoda den Eltra 151 L Pick-up auf den Markt, der in wenigen Exemplaren unter dem Namen Elmo auch als Rechtslenker nach Großbritannien ging. Ein britischer Elmo-Fan hat drei Exemplare aufgespürt.

Gebaut bei Skoda Pilsen
Der Skoda Eltra Pick-up beziehungsweise Skoda Elmo basiert auf dem von 1987 bis 1994 gebauten Kleinwagen Favorit. Unter dem Namen Forman gab es ihn auch als Kombi und von 1991 bis 1995 baute Skoda den kleinen Lastesel Forman Pick-up. Für Antrieb sorgten Benzinmotoren mit einer Leistung von 52 bis 68 PS. Aber Anfang der 1990er-Jahre wünschten sich Kunden aus der Schweiz einen elektrischen Favorit, den Skoda unter dem Namen Eltra auf den Markt brachte. Und vom elektrischen Eltra gab es dann eben auch eine Pick-up-Version. Besonders Kommunen sollten an dem lokal emissionsfreien und geräuscharmen Transporter Gefallen finden. Die Händler warben mit Bildern, auf denen Mitarbeiter der Stadt den Pick-up für die Pflege von Parks einsetzten. Die Umbauten entstanden ab 1991 – und zwar nicht bei Skoda Auto in Mladá Boleslav, sondern im Werk Ejpovice beim Skoda-Maschinenbau-Konzern in Pilsen.

Elektroauto mit Viergang-Handschaltung
Anfang der 1990er-Jahre hatten die meisten Menschen noch kein Handy, kein Internet – und an Lithiumionen-Akkus für Autos war noch nicht zu denken. Beim Skoda Eltra/Elmo dienten klassische 6-Volt-Blei-Säure-Akkus mit jeweils 180 Amperestunden als Energiespeicher. Die Batterien saßen zum größten Teil unter der Pick-up-Ladefläche – vier passten aber, zusätzlich zur Starterbatterie, unter die Fronthaube. Es gab sogar zwei Varianten: In der Basisausstattung speicherten zwölf Batterien eine Leistung in Höhe von 13,1 Kilowattstunden (kWh), optional gab es eine Variante mit 14 Batterien, die zusammen 15,4 kWh gespeichert haben. Der Motor sitzt direkt über der angetriebenen Vorderachse. Für die Kraftübertragung gab es sogar eine Viergang-Handschaltung. Da die ursprünglich im Favorit arbeitende Fünfgang-Schaltung dazu führte, dass im fünften Gang die Antriebsmomente zu schwach waren, reduzierten die Ingenieure die Schaltung um einen Gang. Ehemalige Elmo-Fahrer berichten, dass das Fahren im dritten Gang alle Fahrsituationen zuverlässig abdeckt – inklusive Anfahren. Zum Vergleich: Bei modernen Großserien-Elektroautos kommen aktuell ausschließlich Ein- oder Zweigang-Automatiken zum Einsatz, wobei Jeep seine elektrische Wrangler-Studie Magneto 2019 mit einer Handschaltung vorgestellt hat. Außerdem hat sich Toyota eine Handschaltungs-Simulation für Elektrofahrzeuge patentieren lassen.

Bis zu 80 Kilometer Reichweite
Der Eltra Pick-up bzw. Elmo wiegt 1.580 Kilogramm und kann 350 Kilogramm zuladen. Die Heizung bezieht ihre Energie zwar von den Batterien, aber gegen Aufpreis gab es auch eine Heizanlage, die Benzin verbrennt. Das Ladesystem arbeitet mit der damals in Tschechien üblichen Spannung von 220 Volt und einer Stärke von 16 Ampere. Auf Wunsch gab es auch Ladesysteme, die mit anderen Spannungen zurechtkamen. Als Ladezeit sind sechs bis zehn Stunden angegeben, der Verbrauch beträgt 20 bis 25 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Der Antrieb arbeitet regenrativ – er speist also im Schubbetrieb Energie in die Akkus zurück. Maximal ist der kleine Elektro-Pick-up 80 km/h schnell, seine Reichweite soll 60 bis 80 Kilometer betragen. Der Verkauf lief in Großbritannien über den Importeur Motokov, der seinen Sitz in der Londoner Goswell Road hatte.

Engländer als Elmo-Fan
Der Engländer David Mackelden ist von Beruf Elektriker – er spürt schon seit längerem der für den britischen Markt gedachten Rechtslenker-Variante namens Elmo nach. Wie viele elektrische Eltra/Elmo Skoda Pilsen insgesamt gebaut hat, ist bisher nicht bekannt. Im englischsprachigen Buch Chronicle Skoda Auto 1991 – 2018 ist von "einigen" die Rede, einen genaueren Wert scheint es nicht zu geben. Nach Großbritannien sind nach Mackeldens Recherchen nur sechs Exemplare gegangen, zwei davon sind längst verschrottet. Drei funktionstüchtige Elmos hat sich Mackelden gesichert – zwei brauchen ein wenig Restaurationsarbeit. Einer von denen hat nur 172 Meilen (277 Kilometer) auf der Uhr, der andere ist 6.000 Meilen (9.656 Kilometer) gelaufen. Sein schon fertig restauriertes Exemplar glänzt ebenfalls mit der geringen Laufleistung von 2.000 Meilen (3.219 Kilometer) – aber das hat er inzwischen an das private Automuseum Cabrio Gallery im tschechischen Dobřenice verkauft. Alle drei Exemplare hat Skoda Pilsen im September 1991 hergestellt.

Über 2.500 Modellautos
Einen weiteren Elmo hat Mackelden in Kanada ausgemacht – mit dem Eigentümer ist er in Kontakt. Und der Engländer ist nicht nur ein Fan des echten Skoda Elmo – er sammelt auch Skoda Modellautos – und zwar so ziemlich alle, die er in den Maßstäben eins zu 72, eins zu 43, eins zu 24, eins zu 18 und eins zu zehn bekommen kann. Trotzdem überrascht die Gesamtzahl: Mackelden betont voller Freude, dass er inzwischen mehr als 2.500 Modelle hat – und seine Sammlung wächst weiter.

Sollte einfach zu fahren sein
Skoda selbst hat seinerzeit in der Bedienungsanleitung die Käufer des Elmo zum Erwerb "eines ökologischen Stadt-Nutzfahrzeugs, das hilft, die Umwelt zu schützen", beglückwünscht. Das Auto soll sich so einfach fahren wie ein Auto mit Verbrennungsmotor. Allerdings sei es schwerer als die Verbrenner-Variante und weniger dynamisch – der Pick-up sei eben ausdrücklich ein Stadtfahrzeug. Der Fahrer sollte vor jeder Fahrt den Reifendruck checken und das Batterie-Set sollte alle zwei Monate ein Fachmann überprüfen.

Einige Elektro-Pick-ups erhalten
David Mackelden ist im britischen Skoda-Fanclub aktiv, mit seinen Elmos sorgt er gern auf kleineren Automessen für Erstaunen. Seine beiden verbliebenen Exemplare versetzt er gerade in einen Topzustand. Wie viele linksgelenkte Modelle namens Eltra Pick-up es noch gibt, ist aktuell anscheinend noch weniger bekannt als die Zahl der englischen Elmos. Die tschechische Post hat die kleinen Elektro-Pick-ups eine Weile genutzt – wahrscheinlich mit einer großräumigen Ladeflächen-Abdeckung. Fans haben bei der Außerdienststellung der Fahrzeuge zwei Exemplare vor der Verschrottung gerettet. Wahrscheinlich gingen auch einige Eltra Pick-ups in die Schweiz. Außerdem soll es bis heute noch Eltra Pick-ups in westlichen Ländern geben, in denen die benzingetriebenen Varianten des Favorit nicht auf dem Markt waren.

Keine Fortführung unter VW
Die Produktion von Eltra Pick-up und Elmo bei Skoda Maschinenbau in Pilsen fand während der Übernahme von Skoda Auto (Mladá Boleslav) durch VW statt. VW hatte kein Interesse an einer Zusammenarbeit mit Skoda Pilsen, was die Produktion des Elektro-Pick-ups 1993 beendete. Einige Skoda-Fans vermuten, dass VW damit auch den Verkauf der dritten Generation des Citystromers (rein elektrisch angetriebener Golf 3) schützen wollte. Allerdings hatte VW nur den Bau von 120 Citystromern bis 1996 geplant (und die Autos dann in Kooperation mit Siemens tatsächlich auch gebaut), und der kompakte Golf deckte zudem ein anderes Marktsegment ab als der kleine Eltra und seine Pick-up-Varianten.

Nachfolger Tatra Beta
Skoda Pilsen übernahm stattdessen den als unvollendetes Projekt aus einer Kooperation zwischen Tatra und dem tschechischen Lkw-Hersteller LIAZ hervorgegangenen Tatra Beta. Die Ingenieure entwickelten den kleinen und ebenfalls rein elektrisch angetriebenen Lieferwagen zu Ende – von ihm gab es wiederum eine Pick-up-Variante. Als Energiespeicher dienten seinerzeit als fortschrittlich geltende Nickel-Cadmium Akkus. Allerdings ersetzten die Ingenieure den Elektroantrieb bald durch Benzinmotoren – von 1996 bis 1997 kam das Triebwerk wieder vom Skoda Favorit, von 1998 bis zum Produktionsende 1999 vom Hyundai Accent.