Mit dem Leaf leistete Nissan einst Pionierarbeit in Sachen E-Mobilität. Als der seit 2010 gebaute elektrische Kompakte auf den Markt kam, war er fast konkurrenzlos. Entsprechend erfolgreich war der Leaf; zwischenzeitlich reichte es sogar für den Titel des weltweit meistverkauften Elektroautos. Doch das ist lange her, längst läuft ihm die Konkurrenz den Rang ab. Nicht nur die von Tesla; andere E-Autos aus internationaler – speziell aus chinesischer – Produktion bieten zu ähnlichen Preisen meist attraktivere technische Pakete. Kein Wunder, dass die Verkaufszahlen der zweiten Leaf-Generation im Nirwana herumdümpeln.
Doch Nissan gibt den Leaf nicht auf. Im Gegenteil: Die Japaner haben inzwischen offiziell bekannt gegeben, eine dritte Generation ihres Eisbrechers aufzulegen. Wie bisher wird der für die europäischen Märkte vorgesehene Leaf im britischen Werk Sunderland (siehe Video) gebaut, in dem aktuell noch der Qashqai und Juke sowie perspektivisch deren elektrische Nachfolger produziert werden. Dafür wird die Produktionsstätte im Nordosten Englands für fast 3,5 Milliarden Euro modernisiert und erhält zudem in ihrer Umgebung gleich drei Gigafactorys, in der die Batterien für das Elektro-Trio hergestellt werden sollen.
Crossover statt klassischer Kompakter
Klar ist außerdem: Der nächste Nissan Leaf, der noch in 2025 vorgestellt wird, wird seinen Charakter ändern. Vorbei die Zeiten eines Elektrikers mit klassischem Kompaktwagen-Zuschnitt – der Leaf mutiert in seiner nächsten Generation zum Crossover. Als Inspirationsquelle soll die bereits 2021 gezeigte Studie Nissan Chill-Out Concept (siehe Fotoshow) dienen, die in Sachen Konzept und Design den Weg für den nächsten Leaf vorgibt. Eine fließende Formgebung dürfte trotz großer Räder und recht üppiger Bodenfreiheit zu einem windschlüpfigen cw-Wert führen. Sicken und Kanten sind hier fast überhaupt nicht zu sehen; auch die Leuchten und Türgriffe sind bündig in die Karosserie eingelassen oder in ihr versteckt.
Innen fallen die klaren Linien auf, der relativ flachen Armaturenträger mit dem einteiligen geraden Display samt großen übersichtlichen Darstellungen. Ebenso die noch vorhandenen physischen Tasten (nicht nur am Lenkrad) unterstützt durch ebenfalls klar unterscheidbare Touchflächen.
Wechsel auf die CMF-EV-Plattform
In Bezug auf seinen technischen Unterbau dürfte der Chill-Out Concept deutlich näher am späteren Drittgenerationen-Leaf dran sein. Er nutzt die CMF-EV-Plattform (Common Module Family) der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz, die auch für das Serienauto infrage kommt. Der bei der Studie implantierte Allradantrieb ist beim neuen Leaf nicht zwingend gesetzt. Die für Modelle des C-Segments vorgesehene Plattform trägt neben dem Nissan-Schwestermodell Ariya unter anderem den Renault Megane E-Tech Electric und erlaubt auch reine Frontantriebs-Spezifikationen. Die Batterien kommen aus den erwähnten Gigafactorys, wobei die Zellen eine deutlich größere Energiedichte (die Rede ist von etwa 30 Prozent) als beim aktuellen Leaf aufweisen sollen. Obendrein besteht die Möglichkeit, den CMF-EV-Baukasten für schnellere Ladezeiten mit 800-Volt-Technik aufzurüsten; entsprechende Pläne hat die französisch-japanische Allianz bereits durchsickern lassen.
Stichwort Ariya: Hier reicht das Leistungsspektrum von 160 kW (218 PS) bis 290 kW (394 PS); die WLTP-Reichweiten variieren zwischen rund 400 und 530 Kilometern. Sollte der neue, für Ende 2024 geplante Nissan Leaf diese Werte in etwa reproduzieren können, wovon stark auszugehen ist, würde das für ihn einen Leistungs- und Reichweiten-Sprung bedeuten. Der aktuelle Leaf leistet je nach Modellversion 110 kW (150 PS) oder 160 kW (218 PS) und kommt nach WLTP-Norm höchstens 270 oder 385 Kilometer weit. Wobei der reichweiten- und leistungsstärkere Leaf in Deutschland aktuell mindestens 41.100 Euro kostet und damit kaum günstiger ist als der hinsichtlich der Daten vergleichbare, aber deutlich modernere und geräumigere Basis-Ariya (43.490 Euro).