Gefällig, unaufgeregt, massentauglich: Die äußere Form des MG ZS EV passt nahtlos in den Reigen kompakter SUV, der aktuell durch Europa fährt. Mit Karosserieformen aus grauer englischer Vorzeit hat der Auftritt des ZS rein gar nichts zu tun – auch wenn die Chinesen zur Vorstellung ein paar MG aus den 1960er-Jahren mitgebracht haben – schließlich haben sie die Geschichte von MG mitgekauft.
Formal erinnert der ZS ein wenig an den VW Tiguan. Die Glitzer-Elemente im Frontgrill stammen hingegen eindeutig aus dem Ideen-Regal von Mercedes-Designchef Gorden Wagener, der so einen Grill vor Jahren erstmals für eine sportlich ausgestattete A-Klasse vorstellte. Ein kurzer Druck auf das große MG-Logo im Zentrum des Grills öffnet eine Klappe und gibt die Ladeanschlüsse frei. Am Heck fehlen natürlich die Insignien verbrennungsmotorischer Fortbewegung – es gibt keine Endrohre.

Gut verarbeitet
Die vorderen Sitze sitzen sich bequem und geben ausreichend Seitenhalt. Das Bezugsleder macht einen hochwertigen Eindruck, genauso wie die Nähte. Die MG-Verantwortlichen betonen nicht umsonst, dass man „viel mit VW“ zu tun habe – schließlich gehört MG zu SAIC, dem Joint-Venture-Partner von VW in China. Auch die Qualität der Oberflächen stimmt, selbst wenn sie aus Kunststoff sind. Das Lenkrad ist einem bequemen Einstieg zuliebe unten abgeflacht – und Komfort ist eines der Hauptthemen des ZS, wie MG betont. Nicht umsonst hat sich die Marke den Wahlspruch „Recharge yourself“ (Lade Dich wieder auf) gegeben.
Den ZS gibt es in der Basisausstattung Komfort und in der Topausstattung Luxus. Luxus beinhaltet das Schiebedach, das aber auch 1,88 Meter großen Personen noch genug Platz über dem Kopf lässt. Der Stoff des elektrischen Sichtschutz-Rollos lässt immer ein bisschen Licht durch, was den Innenraum auch bei geschlossenem Rollo heller macht. Die Instrumente bestehen links aus der Tachoskala und rechts aus einer Anzeige für den Fahrzustand, dort ist also zu sehen, ob der Antrieb gerade Energie verbraucht oder zurückgewinnt. Skalierung und Zahlen ähneln ein bisschen denen des Tachometers – hier wäre ein optisch noch klarere Unterscheidbarkeit wünschenswert. Die Gangwahl erfolgt wiederum super einfach: Für D den großen Drehknopf vorn in der Mittelkonsole bis ganz nach rechts drehen, für den Rückwärtsgang ganz nach links.

Im Fond gibt es eine bequeme Rückbank und viel Platz für Kopf und Beine. Zum Öffnen des Kofferraums klappt man das große MG-Logo am Heck nach oben – als Belohnung gibt es einen unzerklüfteten Kofferraum-Ausschnitt und 448 Liter Stauraum auf einem auch bei umgeklappten Sitzlehnen ebenen Ladeboden.
Leichtgängige Lenkung
Startknopf drücken, den Zeigern beim Erwachen zuschauen, Gangwahl-Drehknopf bis zum Anschlag nach links und der ZS EV setzt sich bei sanftem Druck aufs Fahrpedal entspannt in Bewegung. Nur das Rubbeln der Reifen über Unebenheiten dringt ans Ohr – mit kleinen Unebenheiten kommt das Fahrwerk gut zurecht. Lange Wellen sind ebenfalls kein Problem, aber über kurze Rillen und Speed Bumper poltert der SUV vorwurfsvoll. Kurven meistert er wiederum unauffällig mit leichter und für diese Fahrzeugklasse nicht ungewöhnlicher Wankneigung.
Beim Lenkwiderstand haben sich die Ingenieure ganz bewusst für einen möglichst niedrigen Wert entschieden – und tatsächlich ist die Lenkung überdurchschnittlich leichtgängig. Sportlichen Fahrern dürfte dies zu viel Komfort sein, aber wer sich stressfrei durch die Stadt kurbeln möchte, kann sich daran gewöhnen. Zumal es in der Mittellage nur wenig Spiel gibt und die Richtungsvorgabe trotz aller Leichtgängigkeit präzise möglich ist.

Das Bremspedal braucht man im ZS nicht unbedingt – auch bei ihm ist, wie bei vielen anderen Elektroautos, One Pedal Driving, also Fahren nur mit dem Fahrpedal, möglich. Geht der Fuß vom Fahrpedal, gewinnt das Antriebssystem Energie zurück, was den SUV automatisch abbremst. Die Stärke dieser sogenannten Rekuperation lässt sich in drei Stufen einstellen, selbst in der leichtesten ist bei vorausschauender Fahrt kein Bremseinsatz nötig.
Ganz normale Assistenten
Eine ganze Assistenten-Schar ist beim ZS schon im Preis mit drin. Auch hier betonen die chinesischen Ingenieure ihre Zusammenarbeit mit deutschen Zulieferern. So hat man beispielsweise den adaptiven Abstandstempomaten gemeinsam mit Bosch entwickelt. Die Bedienung des Tempomaten erfolgt über den unteren linken Lenkrad-Satelliten – er regelt den Abstand sanft und zuverlässig. Der Spurhalte-Assistent sieht den SUV gar nicht gern in der Nähe von weißen Linien – recht früh lenkt er von diesen weg. Wen das stört, der drückt den Knopf am Ende des oberen linken Satelliten. Insgesamt sollen die Assistenten autonomes Fahren nach Level 2,5 ermöglichen – vollautonom wäre Level 5. In seinen Testzentren erforscht MG auch vollautonomes Fahren. Ob dies überhaupt irgendwann möglich sein wird, dazu möchten die chinesischen Ingenieure keine Prognose wagen.

Unaufgeregter Elektroantrieb
Für den Antrieb ist im ZS EV ein Elektromotor mit einer Leistung von 105 Kilowatt (143 PS) zuständig. Das Aggregat hat eine Gemeinsamkeit mit dem Motor aus Porsches neuem Elektrosportwagen Taycan: Die Kupferdrähte der Stator-Spule haben einen viereckigen Querschnitt. Dank dieser so genannten Hairpin-Technologie kommt auf gleichem Bauraum mehr Kupfer zusammen, was bei einem Elektromotor mehr Leistung und mehr Drehmoment bedeutet. Der Antrieb des ZS EV ist nur beim Beschleunigen leise zu hören, ansonsten übernehmen Abroll- und Windgeräusche die Regie. Die Beschleunigung lässt sich über das Fahrpedal fein dosiert steuern und die für Elektrofahrzeuge typische Spurtkraft aus dem Stand heraus bietet auch der ZS. Dies ist beispielsweise im von einer Kreisverkehr-Epidemie befallenen Umland der belgischen Hauptstadt Brüssel von Vorteil: Ein kräftiger Tritt aufs Fahrpedal und der SUV springt in die Lücke auf dem Kreisverkehr-Karussell. In 8,2 Sekunden huscht er auf Tempo 100, als Höchstgeschwindigkeit sind allerdings lediglich 140 km/h drin.
Während der Fahrt weht von der Gegenspur Benzingeruch herein – das löst im Elektro-SUV genauso ein komisches Gefühl aus wie die reflexartige Kontrolle der Spritpreise an der nächsten Tankstelle, die einen jetzt nichts mehr angehen. Die mit 44,5-Kilowatt eher kleine Batterie sorgt für eine WLTP-Reichweite von 263 Kilometern – gemessen an der Fahrzeuggröße ist das eher knapp. Zum Vergleich: Die elektrischen Kleinstwagen des Volkswagen-Konzerns (VW eUp, Skoda Citigo eIV, Seat Mii Electric) schaffen 265 Kilometer. Eine Gleichstrom-Aufladung des MG auf 80 Prozent dauert mindestens 40 Minuten, zehn Minuten bei voller Kraft laden soll 60 bis 80 zusätzliche Kilometer bringen.
Günstiger Einstieg, günstiger Luxus
Der MG ZS EV kommt in der ersten Hälfte 2020 nach Deutschland. Man kann ihn online bestellen und sich dann beispielsweise in Pop-up Stores abholen. MG verspricht, dass man immer genügend Autos vorrätig habe – lange Wartezeiten müsse kein Kunde befürchten. Und der Preis ist eine Ansage: 30.000 Euro gehen für das gut ausgestattete Basismodell „Komfort“ an MG, die vollausgestattete Luxus-Variante schlägt mit 32.000 Euro zu Buche.