Mercedes EQS und S-Klasse im Vergleich (2021)

Mercedes EQS und S-Klasse im Vergleich (2021)
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Ein deutlicher Preisunterschied

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Mercedes hat der S-Klasse den elektrischen EQS an die Seite gestellt. Beide markieren innerhalb der Marke die Spitze luxuriöser Fortbewegung. Zeit für einen Datenvergleich.

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Natürlich könnte man es als Luxusproblem bezeichnen, wenn man sich die Frage stellt, ob auf dem Kaufvertrag S-Klasse oder EQS stehen sollte. Doch konzeptionell lässt sich diese Debatte aber natürlich auf alle Segmente herunterbrechen und nachdem sowohl S-Klasse als auch EQS Technologieträger sind, deren Innovationen noch in kommende Autos abstrahlen werden, schadet ein Datenvergleich der beiden Dickschiffe keineswegs. In diesem Fall konkret zwischen Mercedes S 500 L 4Matic und EQS 580 4Matic.

Auftritt und Abmessungen

© Mercedes / Patrick Lang

Die Profilansicht offenbart Unterschiede in der Formgebung.

Hier sind die Fronten ziemlich klar abgesteckt. Während die S-Klasse den traditionellen Mercedes-Look lediglich in eine neue Modellgeneration übersetzt hat, tritt der EQS mit gänzlich anderen Formen auf. In der Seitenansicht zeigt sich deutlich die leicht nach vorne geneigte Linienführung des EQS, dessen A-Säulen in Verlängerung beinahe vor den Vorderrädern enden. Beim W 223 verläuft die Fensterlinie dagegen sehr gerade, die Haube ist länger, das Dach fällt hinten früher ab und führt zu mehr "Stufe" am Heck.

In der Langversion misst die S-Klasse von Bug bis Heck 5,29 Meter und überragt den EQS somit um sieben Zentimeter. Der Verbrenner streckt sich auf eine Breite von 1.954 Millimetern und übertrifft auch hier den EQS, der es bei 1.926 Millimetern belässt. Der Stromer gerät allerdings rund einen Zentimeter höher (1.512 Millimeter zu 1.503 Millimeter). Trotzdem packt der Kofferraum des E-Autos mehr weg. 610 Liter, um genau zu sein. Die S-Klasse bringt im Heckabteil nur 550 Liter unter, dafür darf das Gepäck schwerer sein. Die maximale Zuladung des S 500 L gibt Mercedes nämlich mit 755 Kilo an, während die Ingenieure dem EQS 580 4Matic maximal 550 Kilo zugestehen.

Wer hier also den Punkt macht, hängt von Ihren persönlichen Lade-Gewohnheiten ab. Viel Platz für leichtes Gepäck gibt’s im EQS, die S-Klasse kann bei Bedarf dagegen ein echter Lastesel sein. Ist auch naheliegend, schließlich schleppt der Stromer ganze 520 kg mehr Eigengewicht über die Straßen (S-Klasse 2.065 Kilo / EQS 2.585 Kilo).

Performance und Reichweite

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Wie so oft bei Elektroautos ist der EQS zwar schwer, aber dennoch extrem schnell.

Den bauartbedingten Nachteil des hohen Eigengewichts kaschiert der EQS 580 4Matic mit dem bauartbedingten Vorteil krasser Elektroperformance. Zwei permanenterregte Synchronmaschinen schieben den großen Stromer mit 523 PS in 4,3 Sekunden über die 100-km/h-Marke. Die 855 Newtonmeter maximales Drehmoment sollen dabei nicht unerwähnt bleiben. Der aufgeladene Sechszylinder des S 500 L kann da fast, aber nicht ganz mithalten. Mildhybridisierte 435 PS und 520 Newtonmeter Systemdrehmoment stehen zur Verfügung. Für den Standardsprint braucht die Luxus-Limousine mit diesem Antrieb 4,9 Sekunden.

Dass die Differenz in der Beschleunigung nicht größer ausfällt, liegt zum guten Teil am Gewichtsunterschied der beiden Kontrahenten. Querdynamisch dürften sich die 520 Extra-Kilos des EQS ebenfalls bemerkbar machen. In Sachen Hardware bedienen sich indes beide aus dem selben Regal. Allradantrieb, Luftfahrwerk und Hinterachslenkung können Stromer wie Benziner aufweisen. Dieses Paket bewegt das Elektro-Flaggschiff im WLTP-Zyklus bis zu 770 Kilometer weit. Die S-Klasse legt mit einer Tankfüllung dagegen bis zu 833 Kilometer zurück und muss an der Zapfsäule natürlich nur einen kurzen Stopp einlegen, während der EQS an einer Schnellladesäule mit 200 kW Ladeleistung rund eine halbe Stunde steht.

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Nur ein neues Auto? Oh nein, wenn Mercedes eine S-Klasse präsentiert, wird daraus mehr: ein Ereignis, eine Demonstration des Machbaren, eine Aussicht in die Zukunft und – wie der erste Fahrbericht mit drei Versionen zeigt – ein Problem für die Perfektion.
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Um für den cw-Wert von 0,22 die Windschnittigkeit zu optimieren, klappen die Türgriffe plan in die Karosserie.
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Tasten im Innenraum? Nur noch wenige, die sind ja auch so Zweitausenderjahre. Die neue S-Klasse lässt sich betouchen und betratschen.
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Sie hätten gern ein Luxusproblem im Fond? Haben wir auch – zu kurze Beine, um die Fußstütze zu erreichen.
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Der lange 500 fährt so agil, da purzelt den Mitfahrern glatt das Tablet aus der Hand.
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Der S 500 ist ein Reihensechser-Biturbo-Modell. Hier in der elf Zentimeter gereckten Langversion, die 90 Prozent aller Kunden nehmen.
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Auch den neuen Plug-in-Hybrid mit vehementen 375 kW/510 PS Systemleistung konnten wir fahren. Die Energie fürs reinelektrische Fahren liefert der 28,6 kWh große Lithium-Ionen-Akku. Er wiegt 241 kg, baut niedrig, was einen ebenen Kofferraumboden ermöglicht, und lässt sich mit bis zu 60 kW Gleichstrom schnell-laden. Das soll unter 30 Minuten für eine Vollladung dauern, die für 100 km im E-Programm reicht.
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Sein Reihensechszylinder-Monoturbo bringt 367 PS ein – aber nur, wenn man im Gaspedal über einen Widerstand tritt. Ansonsten treibt die 110 kW/150 PS starke permanenterregte Synchronmaschine den S 580 e allein voran – und bis auf 140 km/h.
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Neue Allradlenkung: Abhängig von Tempo und Lenkwinkel lenken die Hinterräder über einen E-Motor um maximal zehn Grad gegensinnig ein (bei Mischbereifung oder mit Schneeketten max. 4,5 Grad). Das bewirkt eine virtuelle Radstands-Verkürzung und verringert den Wendekreis um bis zu 1,9 m.
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Digitallicht mit LED-Beamer: Genau genommen hat die S-Klasse mit Digital Light (2.192 Euro) keine Scheinwerfer mehr, sondern zwei Beamer, die sogar einen Film projizieren könnten. Das kommt so: Statt der 84 LED pro Scheinwerfer des serienmäßigen Matrixlichts lenken und positionieren 1,3 Millionen Mikrospiegel pro Scheinwerfer das Licht dreier extrem leuchtstarker LEDs. Damit lässt sich die Straße 100 Mal exakter ausleuchten und andere Autos aus dem Dauerfernlicht ausblenden.
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Hände am Steuer? Erkennt das kapazitive Lenkrad.
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Das Zentraldisplay gibt es mit OLED-Technik in 12,8 Zoll.
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Bei der Bedienung der elektrischen Sitze bleibt Mercedes bei Bewährtem. Aber: Die Tasten für die Sitzverstellung sind nun starr, reagieren durch Berühren statt Drücken.
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Der Getriebewählhebel hat seinen Platz weiterhin am Lenkrad.
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Beim Seitencrash poppt in den Seitenwangen der Sitze der Mittelairbag auf.
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Herausnehmbares Controldisplay mit Touchfunktion im Fond.
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Hochautomatisiertes Fahren: Ab Herbst 2021 braucht die S-Klasse ihren Fahrer seltener. Dann hat sie optional den Drive Pilot dabei. Bis Tempo 60 fährt der Mercedes damit komplett selbstständig auf der Autobahn, der Fahrer kann sich anderweitig beschäftigen – darf aber nicht schlafen, da passt die auf ihn gerichtete Gesichtskamera auf – und muss innerhalb von zehn Sekunden das Steuer übernehmen können.
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Zum Start gibt es je zwei Leistungsversionen des Reihensechszylinder-Diesels und -Benziners. Beim S 500 mit 48-Volt-Bordnetz boostet der Startergenerator mit 22 PS/250 Nm mit und bringt den Turbo mit einem E-Verdichter schneller auf Touren.
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Vor dem Seitencrash hebt sich die S-Klasse an. Aber erst muss es mal gelingen, sie in einen Unfall zu verwickeln.
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Ob die S-Klasse nun mit innovativer aktiver und passiver Sicherheit, Lichttechnik sowie automatisiertem Fahren das beste Auto der Welt ist? Keine weltfremde Idee.

Auch hier entscheiden die persönlichen Vorlieben über den Punkt. Wer seinen Fokus auf schiere Beschleunigung legt, wird das prägendere Erlebnis im EQS haben. Allerdings ist die Differenz zur S-Klasse einerseits nicht besonders groß und andererseits dürfte die Ausreizung längsdynamischer Möglichkeiten in diesem Segment insgesamt eine eher nachrangige Rolle spielen. Insofern punktet der Verbrenner natürlich mit kurzen Tankstopps und dank seines geringeren Gewichts mit der agileren Kurvenfahrt. Der Vollständigkeit halber: Aktuell arbeitet Mercedes noch an einem 760 PS starken Performance-Modell des EQS. Da dürfte die Sache dann anders aussehen.

Technologie und Innovation

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Ein altbackenes Cockpit kann man zweifellos keinem von beiden zum Vorwurf machen.

Die beiden hier gegeneinander auszuspielen ist eigentlich ein bisschen gemein. Schließlich war die S-Klasse vorher da und hatte bereits eine Fülle technischer Innovationen im Gepäck, an denen sich nun auch der EQS bedienen durfte. Insofern gibt es bei den Ausstattungsoptionen nur ein paar wenige Unterschiede. Extras wie das projektionsfähige Digital Light, die neuste MBUX-Generation mit Innenraum-Assistent oder das große Head-Up-Display mit Augmented Reality übernimmt der EQS aus der S-Klasse.

Allerdings setzt der Luxus-Stromer noch einen oben drauf, eigentlich sogar drei. Im Cockpit – kaum zu übersehen – dominiert der neue Hyperscreen. Eine Bildschirmwand, die sich über eine Breite von insgesamt 141 Zentimetern erstreckt und dem Beifahrer einen eigenen Touchscreen beschert. Auch die optionalen, bei Annäherung selbsttätig öffnenden Komforttüren gibt es für die S-Klasse so nicht. Nüchtern betrachtet handelt es sich hierbei zwar um ein verzichtbares Extra, aber eine gewisse Coolness kann man der Idee nicht absprechen. Und schließlich spielt der EQS einmal mehr seinen Antrieb als Vorteil aus. Ein interdisziplinäres Team hat sich bei Mercedes darum gekümmert, spezielle Soundkulissen für die rein elektrische Fahrt zu komponieren. Das System liefert einen dynamischen Sound, der in Echtzeit zur Fahrsituation passend anhand mehrerer Parameter wie Pedalstellung oder Fliehkräften generiert wird.

Das geht echt in Serie: Revolutionäres Klang-Universum im EQC 51 Sek.

Technologisch sind beide Autos bis unters Dach vollgepackt. Assistenzsysteme und die Mehrheit der Optionen gleichen sich bei S-Klasse und EQS. Trotzdem ist es Mercedes gelungen, das Luxus-Elektroauto mit der gewissen Extra-Portion Raffinesse zu garnieren. Das muss allerdings auch so sein, schließlich steht der EQS mehr als sein Kontrahent für den Aufbruch in eine neue Zeit der Mobilität.

Und was soll das kosten?

Mittlerweile hat Mercedes die Preisliste für den EQS veröffentlicht. Beim Blick auf die Einstiegspreise liegt die Langversion der S-Klasse etwas günstiger. Los geht es als 350 d für 101.019 Euro, als S 580 4Matic kostet die S-Klasse mindestens 130.055 Euro. Der Stromer steigt höher ein – den kleineren 450+ mit Hinterradantrieb gibt es ab 106.374 Euro, für den EQS 580 4Matic möchte Mercedes wenigstens 135.529 Euro haben. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn am Ende kann die S-Klasse dank ihrer vielfältigeren Luxus-Optionen deutlich teurer werden. Stattet man beide Autos als 580er-Version vergleichbar mit dem AMG Line Exterieur, Night Paket plus sämtlicher verfügbarer Optionen aus, landet man mit dem EQS bei maximal 186.127 Euro. Die S-Klasse reißt mit Vollausstattung die 200.000er-Grenze und erreicht einen Kaufpreis von 202.353 Euro. Das sind immerhin satte 16.226 Euro Preisunterschied.

Fazit

Viel trennt die beiden Luxus-Fahrzeuge aus Stuttgart nicht. Am deutlichsten fällt natürlich der konzeptionelle Unterschied des Antriebs ins Gewicht. Buchstäblich – denn 520 Kilo Unterschied sind kein Pappenstiel. Den insgesamt modernen Auftritt legt der EQS mit seinem Hyperscreen und dem innovativen Sounddesign dennoch hin. Für traditionelle S-Klasse-Fans dürfte das allerdings kaum ein Argument sein.

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