McMurtry Spéirling: Darum fährt er kopfüber an der Decke

McMurtry Spéirling verwirklicht uralten Traum
Darum fährt er kopfüber an der Decke

Der einsitzige britische Rennwagen McMurtry Spéirling ist als erstes Auto der Welt kopfüber an der Decke gefahren. Damit hat der kleine Renner einen lang gehegten Traum verwirklicht. Bei beinahe jedem Auto, dessen Abtrieb deutlich höher war als sein Gesamtgewicht, folgten reflexartig Hinweise darauf, dass dieses theoretisch falsch herum an der Decke fahren könnte. Formel-1-Autos erzeugen einen entsprechend kräftigen Abtrieb und beim Gumpert Apollo sollte es ab 270 km/h auch für eine Fahrt an der Decke reichen. Top-Gear-Moderator Jeremy Clarkson schwärmte öfter, dass er für so einen Versuch schon einen Fahrer hätte und nur noch den passenden Tunnel oder die passende Brücke bräuchte.

Ventilatoren saugen Auto an die Decke

Eine technische Besonderheit hat dem McMurtry Spéirling jetzt ermöglicht, diese Idee als erstes Auto in der Realität umzusetzen – ohne Tunnel oder Brücke. Wie eine Fliege kann der Spéirling nämlich auch im Stand ganz entspannt an der Decke kleben. Dafür sind im Unterboden des heckgetriebenen Elektrorenners zwei große zuschaltbare Ventilatoren (deren Durchmesser McMurtry nicht verrät) eingebaut, die das Auto an den Grund saugen. Der Spéirling wiegt leer 900 Kilogramm, die beiden Ventilatoren erzeugen auf Knopfdruck mit 2.000 Kilogramm mehr als das Doppelte an Abtrieb. Bei dem Test hat sich McMurtry-Geschäftsführer Thomas Yates höchstpersönlich hinters Steuer gesetzt.

McMurtry Spéirling fährt kopfüber.
McMurtry Automotive, https://youtu.be/g6LYcgaQ46c?si=6Zz7XHcz10kixorS

Für den Versuch hat McMurtry ein spezielles Gestell gebaut. Der Spéirling fährt auf eine Platte, die nur wenig länger ist als er selbst. Dann schaltet Yates die Ventilatoren hinzu, die bei 23.000/min mit 120 Dezibel ohrenbetäubend zischen. Sobald die Ventilatoren mit voller Leistung rotieren, dreht sich die Plattform, bis der Spéirling kopfüber an der Decke hängt. Das Video zeigt auch den nun ungewöhnlichen Über-Kopf-Ausblick, den Yates genießt. Während ihm das Blut in den Kopf schießen muss, fährt er ein paar Zentimeter bis zum Ende der Plattform – das erste Auto der Welt ist, nur vom Abtrieb gehalten, kopfüber an einer Decke gefahren.

Die Test-Plattform dreht sich schnell wieder zurück und der Spéirling verlässt sie über eine flache Rampe. Thomas Yates bekommt beim Aussteigen eine kleine Champagner-Dusche und betont freudig, dass er mit dem Renner auch eine längere Strecke in einem Tunnel kopfüber fahren könnte. Eine längere Kopfüber-Strecke steht also ganz klar auf seiner To-do-Liste.

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Technik seit 1970 im Einsatz

Autos, die für ausreichenden Abtrieb allein auf ihre Aerodynamik und somit auf eine spezifische Mindestgeschwindigkeit angewiesen sind, bräuchten für eine Überkopf-Fahrt Anlauf und eine Strecke, deren Oberfläche sich um 180 Grad dreht – so etwas hat bisher niemand gebaut. Der Spéirling braucht hingegen nur eine durchgehende Fahrbahndecke, an der er sich festsaugen kann – bei einer Brücke mit Stahlgitter-Fahrbahn hätten die Ventilatoren kaum einen Effekt.

Der US-Rennfahrer Jim Hall hatte als Erster einen Ventilator zur Erhöhung des Abriebs eingesetzt. Mit seinem Can-Am-Rennwagen Chaparral 2J nahm er 1970 an regulären Rennen teil; wegen der Ventilatoren hieß das Fahrzeug Staubsauger-Auto. Ende 1970 sorgten Regeländerungen für das Aus dieser Technik. 1978 konstruierte Gordon Murray einen Ventilator-Abtrieb in den Formel-1-Wagen Brabham BT46B hinein. Das Auto war in den Rennen so erfolgreich, dass die anderen Teams zum Ende der Saison 1978 eine Regeländerung erzwangen, die bewegliche aerodynamische Elemente verbot. Und heute ist der Spéirling nicht allein: Beim Gordon Murray Automotive T.50 soll ein vom 48-Volt-System angetriebener 40-Zentimeter-Ventilator den Abtrieb erhöhen – nach dem Vorbild des Brabham BT46B.

Notorischer Rekordbrecher

Dank der Kombination aus niedrigem Gewicht und hohem Abtrieb hat der Spéirling bereits reihenweise Rekorde gebrochen. Die Top-Gear-Teststrecke auf dem Dunsfold Aerodrome in der Grafschaft Surrey hat der Renner in nur 55,9 Sekunden geschafft – kein Auto war dort bisher schneller. Mit seinen geradezu comicmäßigen Fähigkeiten stellt der McMurtry Spéirling sicher auch in Zukunft noch den ein oder anderen Rekord auf.