Bereits im vergangenen Jahr stellte Stefan Schneck, Vertriebschef bei Autoscout24, fest: "Auf dem Gebrauchtwagen-Markt nähern sich Elektroautos und Verbrenner preislich an." Seither purzeln die Gebrauchtwagenpreise von Elektroautos weiter in den Keller. Das stellte das Gebrauchtwagen-Portal nach einer neuerlichen exklusiven Auswertung für die "WirtschaftsWoche" fest. "Dass Elektrofahrzeuge diesen enormen Wertverlust verzeichnen, verdeutlicht die anhaltende Skepsis der Verbraucherinnen und Verbraucher mit Blick auf gebrauchte Stromer," sagt Schneck.
Klar überdurchschnittlicher Wertverlust
Ein zentraler Grund für aktuell niedrige Gebrauchtwagenpreise: Weil sich Elektroautos als Neuwagen nach wie vor schlechter verkaufen als konventionell angetriebene Fahrzeuge, werden sie als Neuwagen mit hohen Rabatten in den Markt gebracht – mit negativen Auswirkungen auf die Tarife der Gebrauchten.
Beim Elektroauto-Pionier Tesla zeigt sich aktuell gar ein regelrechter Preisverfall. Ein gebrauchtes Tesla Model 3 hat laut Autoscout24 im Verlauf des Jahres 2024 rund 19 Prozent an Wert verloren. Derzeit kostet die kompakte Elektro-Limousine neu mindestens 40.970 Euro. Der Wertverlust läge also theoretisch bei knapp 8.000 Euro – pro Jahr. Das Tesla Model Y war im Vergleich mit 17 Prozent Wertverlust im Jahr 2024 nur geringfügig stabiler. Zum Vergleich: Durchschnittlich über alle Elektroautos lag der Wertverlust im Jahr 2024 bei nur vier Prozent.
Bei Tesla haben die sinkenden Preise für die Zweit- und Dritthandautos mehrere Gründe. Einer hat mit den Tarifen der Neuwagen zu tun, die Tesla für viele Kunden nicht nachvollziehbar nach Gutdünken anhebt oder senkt. Die kontinuierlichen Preissenkungen in den Jahren 2023 und 2024 bei Tesla-Neuwagen hätten auch die Preise für gebrauchte E-Autos im Jahresverlauf in den Keller geschickt. Die Höchstpreise von neuen Tesla-Modellen gab es im Frühjahr und Sommer 2022. Damals kostete ein Model Y mehr als 70.000 Euro. Heute ist eine vergleichbare Modellvariante für nur noch 51.000 Euro erhältlich. Fahrzeuge aus dem Baujahr 2022 verzeichnen daher statistisch den höchsten Wertverlust.
So schlimm ist der "Elon-Effekt"
Hinzu kommt aktuell der "Elon-Effekt". Musks fragwürdige politische Haltung inklusive der Nähe zu Donald Trump, höchst unangemessenen Armbewegungen, Wahlempfehlung für die AfD und einigem mehr lassen immer mehr potenzielle Käufer von einem Tesla-Kauf abrücken – auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Einem Bericht des "Spiegel" zufolge müssen sich Anbieter immer öfter Sätze wie "Sie sollten sich schämen, Tesla zu verkaufen" anhören. Immer mehr Besitzer wollen demnach ihren Tesla aus politischen Gründen loswerden, darunter selbst ehemalige "Hardcore-Fans".
Hinzu kommt: Immer mehr Unternehmen verkaufen die Teslas aus ihren Flotten und fluten damit den Gebrauchtmarkt, was zusätzlich auf die Preise drückt. Ihre Firmenwagen seien für sie eine fahrende Visitenkarte, heißt es im "Spiegel", doch mit der US-Marke würden viele nicht mehr hochwertige Elektroautos, sondern einen sich radikalisierenden Elon Musk verbinden. "Viele Geschäftsführer und Manager haben das Gefühl: Mit einem Tesla kann man nicht mehr vorfahren", sagt ein auf den An- und Verkauf von Tesla-Fahrzeugen spezialisierter Gebrauchtwagenhändler.
Die Käufer profitieren
Konsumenten, die sich für ein E-Auto interessieren, können von dieser Entwicklung profitieren. Vor allem jene, die sich für einen Tesla interessieren. Sofern sie sich mit dem politischen Gebaren des Firmenchefs arrangieren können, erhalten sie aktuell bekannt hochwertige und haltbare Elektroauto-Technologie zum Discount-Tarif.
Hinweis: Wie sich ein Tesla Model Y im Alltag schlägt, zeigt unser Dauertest-Tagebuch in der Bildergalerie.