In meiner Kindheit gab es diese Vitrine. Schlicht, weiß und voller roter Autos. Fast alle selbst zusammengebaut, lackiert, beklebt und fein arrangiert. Mit Startnummern und Sponsorendekor oder ganz pur, in Werksfarbe. Bei den meisten klebte vorn auf der Haube ein Pony und mehr als einen Blick auf die Schmuckstücke zu werfen, war strengstens verboten.
Ich bin mir nicht sicher, ob es am gelben Lack lag, der im heimischen Ofen getrocknet wurde oder der elegant-brachialen Form; vielleicht auch einfach daran, dass es mich Tage gekostet haben muss, den winzigen Schriftzug mit dem zusammengezogenen o und u auf dem Heck des Modells zu entziffern – und den Namen dann doch nicht aussprechen zu können. Aber dieser Lamborghini Countach zog mich in seinen Bann wie kaum ein anderes dieser kleinen Autos. Er entfachte diesen unbändigen den Wunsch, ihn der Kiste zuzuführen, in der sich der gelbe Hot Wheels Ferrari 355, die Split-Window-Corvette und der neonfarbene Rescue-Mercedes G 280 mit abgebrochenem Kuhfänger versammelten und wilde Rennen lieferten. Leider blieb es nicht bei einem der erlaubten Blicke, sodass es diesen Countach heute nicht mehr gibt.
Dass ich nicht der einzige bin, den der Countach zum Schwärmen bringt, zeigt auch die Fahrt meines Kollegen Jörn Thomas. Der war mit der Neuauflage des Countach, dem LP 800-4, und dem Original unterwegs. Denn anders als das Modell aus der Vitrine, hat der große eine zweite Chance bekommen, bewundert zu werden.

Obwohl Lamborghini nach eigenen Angaben keine zweite Chance bei den neuen CO2-Vorgaben der EU braucht (man will bis 2024 die gesamte Modellpalette hybridisieren), ist ein Aufatmen aus der Riege der Sportwagenbauer zu hören. Denn auf Drängen von Italien hat die EU Zugeständnisse an Kleinserienhersteller in Sachen CO2-Emissionen gemacht. Was das für Ferrari, Koenigsegg, Aston Martin, Pagani und Co. bedeutet, hat mein Kollege Holger Wittich aufgeschrieben.