Manchmal könnte man denken, die Elfer der neuesten Generation sind schüchtern. Im Vergleich mit Ferrari, Lamborghini und einem Jaguar F-Type halten sich die Zuffenhausener Dauerbrenner bei der Außendarstellung zurück – selbst wenn sie in einer ähnlichen Preisklasse unterwegs sind. Warum nur?
Techart macht Schluss mit der Zurückhaltung
Techart beendet das übertriebene Understatement und macht den Porsche wieder zum Hingucker. Der zweitkleinste 911 marschiert auf großen, glänzenden 21-Zöllern. Ein dünner Film Michelin Pilot Super Sport klebt auf dem dunklen Metall. Dahinter funkeln orange Bremssättel. Mit dem neuen, ebenfalls adaptiven Sportfahrwerk samt 30 Millimeter Tieferlegung zwängt sich Alu, Blech und Carbon an den Asphalt heran. Auf der Motorabdeckung am Heck prangt ein aufgesetzter Flügel; eine zweiteilige Spoilerlippe ragt wie ein Schwert aus der Frontschürze. Beruhigend: Techart verbaut ein Noselift-System, das die Schnauze um etwa sechs Zentimeter anhebt.
Genug geguggt, einsteigen! Die Schwellerleisten begrüßen dich mit illuminiertem Techart-Schriftzug. Orange Akzente leuchten am wunderbar klein geratenen Lenkrad, das auf dem optionalen GT-Sportlenkrad basiert, neu aufgegossen wurde und den Händen mit seiner gummiartigen Weiche schmeichelt. Währenddessen nimmt der Fahrer auf neu bezogenen Sportsitzen Platz; in unserem Fall waren die mit grau-blauem, perforiertem Leder bezogen. Aus Carbon wurden die Rückenschalen geformt, sie passen wunderbar zum nicht zu dunklen Innenraum. Insgesamt kostet die Innenraumveredelung mehr als 35.000 Euro. Alter Verwalter! Es wird Zeit, den orangen Zündschlüssel links des Lenkrads mit einer Handgelenkbewegung nach rechts zu drehen.
Ein Porsche für die Sinne
Der Anlasser zuckelt zwei, drei Mal, dann zündet der Dreiliter-Biturbo-Boxermotor, bellt kurz auf, frotzelt dann aus den vier mittigen Endrohren seiner neuen Auspuffanlage. Trocken, rauchig und etwas dumpfer als sein Saugmotorvorgänger brabbelt er bei niedrigen Drehzahlen durch die Stadt – im Comfort-Modus sogar anwohnerfreundlich. Von den 60 PS, die Techart dem 420 PS starken Carrera S zusätzlich aufschnallt, ist nichts zu spüren. Wie auch, wenn die Mehrleistung erst in den Fahrmodi „Sport“ und „Sport+“ zur Verfügung steht?
Dafür teilt dir dein Rücken schon die ersten Eindrücke des neuen Fahrwerks mit, das es performancebedingt eigentlich gar nicht gebraucht hätte. Kleine Querfugen, Gullideckel oder diese flickenhaft neu geteerten Straßen werden nicht mehr rausgefiltert, du spürst alles. Das kann beim Heimrollen im Berufsverkehr nerven, vor allem, weil Teile der Innenausstattung offenbar die Erschütterungen nicht ganz verkraften und anfangen zu knarzen. Zusätzlich ist der Elfer natürlich und selbst mit Doppelkupplungsgetriebe lächerlich unpraktisch im Alltag – und die zwei Sitze hinter Fahrer und Beifahrer könnte man sich eigentlich sparen, weil man sie erstens nur mit größten Verrenkungen erreicht; und zweitens, weil selbst 1,50 Meter große Kinder Platzangst bekommen würde.

Das Elfer-Feeling ist noch da!
Aber der Porsche 911 war und ist immer noch ein Fahrerauto, keine Limousine, auf deren Rückbank du instagramst, twitterst oder facebookst. Und wenn du den Drehschalter mit seinem kleinem orangen Rad nach rechts drehst solange bis du im Sport-Plus-Modus bist, dann weißt du auch wieso. Am besten schaltet man im Leerlauf um, dann hört man, wie die Drehzahl ein paar hundert Umdrehungen nach oben springt, der Auspuff eine Note aggressiver vor sich hin knurrt. Kurz vor dem Ortsende ziehst du am linken Schaltpaddel und wechselst in den zweiten Gang, hinter dir sirrt das Getriebe, der Auspuff faucht. Und dann: Vollgas.
Der Biturbo-Boxer spurtet die Drehzahlleiter hoch, du hörst wie jede zusätzliche Umdrehung den Auspuffklang lauter, heulender werden lässt. Bei 7.200/min ziehst du am rechten Schaltpaddel. Atemberaubend schnell plumpst die Drehzahlnadel zurück in eine senkrechtere Position, nächster Gang. Bei geöffnetem Fenster zischen die Turbos in dein Ohr, überdecken akustisch das Turboloch bei niedrigen Drehzahlen. Herrlich.
Die 480 PS samt 580 Nm maximalem Drehmoment entfalten sich trotzdem nicht schlagartig, sondern sehr gleichmäßig. Der Techart-Elfer tritt dir nicht ins Kreuz, er saugt dich unaufhörlich in die perforierten Sitze. Und das bei Drehzahlen über 4.000/min nachdrücklicher, muskulöser als die Serie. Seine Nennleistung erreicht er zwar schon dann, wenn die Nadel über die 6 huscht, aber du drehst ihn als audiophiler Typ gerne bis ganz nahe an den Begrenzer – auch, weil dann der Ganganschluss des PDK besser passt. Und welcher Sportwagen-Fan will schon bei 6.000/min schalten?

Ein Manko kann auch das Techart-Tuning nicht verbergen
Die Traktion bleibt dank der linearen Leistungsentfaltung auch mit gestiegenem Drehmoment phänomenal. Mit voll durchgedrücktem Fuß kann man zwar nicht sauber aus engen Kehren herausbeschleunigen, aber dank der hecklastigen Gewichtsbalance verträgt der Elfer sehr früh wieder sehr viel Gas. Ähnlich beim Anbremsen: Anders als beim Frontmotor-Hinterradantrieb-Konzept erlaubt es dir der Elfer in Kurven hineinzubremsen, sprich: Du lenkst schon ein und stehst dabei immer noch auf der Bremse. Untersteuern? Gibt’s im normalen Leben abseits der Rennstrecke nicht. Die Vorderachse behält ihre Haftung auch ohne Cup-Reifen, selbst bei flottest-möglicher Gangart.
Das einzige Problem ist und bleibt die Lenkung. Ja, der Techart-Elfer hat keine Allradlenkung verbaut – trotzdem: Du musst zu viel lenken! Für leichte Kurven steht das Lenkrad beinahe schon im 90-Grad-Winkel zur Ausgangsposition. Das fühlt sich synthetisch an, aber dafür kann Techart ja nichts.