Stark, mit begeisterndem Reihensechszylinder, nicht zu schwer, im besten Sinne umgänglich und dabei auch noch praktisch veranlagt – besser geht’s nicht, wie der Supertest beweist.
Mit auffälliger Folierung, einem von Frontsplitter und Dive-Plates geprägten Gesicht und dem von starrem Flügelwerk gekrönten Heck geht der mit dem vielversprechenden Kürzel GT3 ausgezeichnete B3 von Alpina auf intime Tuchfühlung zum Rennsport. Pate des auf 99 Stück limitierten Sondermodells ist der B6 GT3, Gesamtsieger der ADAC GT Masters-Serie 2011.
Gerade jetzt, wo der immer und überall erzwungene Blick nach vorne nicht nur erfreuliche Ansichten bietet, scheint es mehr denn je angeraten, ihn gelegentlich wieder zurückzuwenden – schlicht um des besseren Verständnisses willen. Denn weiß Gott nicht alles, was das Siegel der Vergangenheit trägt, darf als überholt, unmodern, geschweige denn vergessen betrachtet werden.
Alpina nutzt das Potential des BMW 3ers
Ein prägnantes Beispiel gefällig? Das BMW Coupé auf Basis des alten Dreier. Ein nach wie vor attraktives Auto, nicht zu groß, nicht zu schwer und daher mit vorzüglichen technischen Anlagen und unbestreitbar hohem Entwicklungspotenzial. Und dann diese grün-blaue Farbkombination: Seit Jahrzehnten eines der unverkennbaren Identifikationsmerkmale der Buchloer Automobilmanufaktur – ähnlich einprägsam wie das ehedem typische Goldstreifen- Design, das aber – so scheint es zumindest – auch unter den Alpina-Jüngern langsam, aber sicher der Vergessenheit anheimfällt.
Und schließlich der nach langer Abstinenz im vergangenen Jahr erfolgte Wiedereinstieg in den Motorsport: ein forcierter Auftritt bei der ADAC GT Masters-Serie, der gegen die starke Konkurrenz von Lamborghini, Mercedes, Audi, Corvette und Porsche spontan mit dem Gewinn der Meisterschaft gekrönt wurde.
Damit schließt sich ein Kreis, der Anfang der sechziger Jahre mit Weber-Doppelvergaser für im Wettbewerb eingesetzte 1500er-BMW seinen Anfang nahm und aktuell eine sehr erfolgreiche Fortführung im attraktiven GT3-Rennsport findet. Aus dieser gewissermaßen rückwärtsgewandten Gemengelage etwas Neues zu kreieren, das in seiner Zielsetzung extrem vorwärts orientiert ist, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie oder auch Genialität – je nach dem, wie man es betrachtet. Unabhängig davon darf das Ergebnis – so viel sei schon an dieser Stelle verraten – als Glücksfall bezeichnet werden.
Alpina sorgt mit dem B3 GT3 für Freude am Fahren
Zumindest für diejenigen, die die sprichwörtliche Freude am (BMW-)Fahren verinnerlicht haben und/oder sich durch eigenen Anschauungsunterricht mittlerweile im Klaren sind, dass die zunehmende Verbreitung vermeintlich profilierter Fahrdynamik-Talente nach dem noch immer aktuellen Rezept – mehr Leistung sticht mehr Gewicht – auf Dauer keine Lösung ist. Außer, man setzt exorbitant viel Technik und Kohle ein. So, wie sich die Zufriedenheit der Alpina-Kundschaft bislang mehrheitlich aus der kraft- und stilvollen Kultiviertheit der mittlerweile 12 verschiedenen Modelle umfassenden Produktpalette speist, so öffnet sich mit der auf dem Alpina B3 S Bi-Turbo Coupé basierenden GT3-Version das Angebotsfenster nun endlich auch in dem Bereich, der für Alpina der Ursprung allen Handelns war.
Geschenk als Resultat des Erfolgs
Der von einem Höchstmaß an Seriosität umwehte und mit bewundernswertem diplomatischen Geschick gegenüber der BMW AG und der M GmbH agierende Kleinserienhersteller aus dem Allgäu hat sich mit dem auf 99 Stück limitierten Alpina B3 GT3 quasi selbst ein Geschenk gemacht: Er vereint nach eigenem Bekunden die technischen Features des letztjährigen Meisterschaftsautos Alpina B6 GT3 mit den klassischen Designelementen der Marke. Der Ausruf "Das haben wir doch alles schon gesehen" ist insofern nicht falsch, als exakt dieses Coupé schon einen Test in sport auto als Alpina B3 GT3 durchlaufen hat.
Aber das war – wie die neuen Resultate zeigen – fahrdynamisch erst ein Vorgeschmack auf jene Kompetenz, die bei der Freilegung sämtlicher Ressourcen hinter diesem vermeintlich überkommenen, aber ambitionierten Projekt steckt. Obwohl bereits im grün-blau-weißen Renn-Outfit mit Sponsor-Aufklebern am Start, handelte es sich beim damaligen Testobjekt um die GT3-Basisvariante mit konventioneller Straßenbereifung (Michelin Pilot Sport PS2) und entsprechend moderat eingestellter Fahrwerks- bzw. Radgeometrie.
Aktuell steht das mit der Folierung lediglich getarnte, in natura wahlweise in Saphirschwarz metallic, Alpinablau metallic oder Mineralweiß metallic erhältliche Alpina Coupé auf dem so genannten GT3 Cup-Radsatz, dem – wie man sehen wird – eine starke Bedeutung zukommt. Der 5.950 Euro teure Radsatz besteht aus denselben 19 Zoll großen "Classic"-Schmiederädern im typischen Alpina-Rennsportdesign, allerdings bestückt mit den als schwarzes Gold bekannten Semislicks von Michelin vom Typ Pilot Sport Cup Plus.
Die aktuelle Alpina B3 GT3-Fassung stellt erst jetzt – immerhin vor der Auslieferung aller 99 Exemplare – auch insofern die Endfassung dar, als die bei sport auto im Test gemachten Erfahrungen – mangelnde Feinjustierung beim ABS, starke Untersteuer-Neigung im Kurveneingang und relativ starkes Power-Oversteering im Ausgang – bei Alpina zum Anlass genommen wurden, die aufgedeckten Schwächen analog der im Rennsport zwangsläufig erlernten Arbeitsweise umgehend aus der Welt zu schaffen. Wie die Ergebnisse nach dem wiederholten Besuch in Hockenheim zeigen, mit durchschlagendem Erfolg.
Weiterentwicklung zeigt seine Wirkung
War der Zeitensprung vom 400 PS starken Basis-Alpina B3 S im Test zur GT3-Version mit 408 PS schon eindrucksvoll genug – eine Verbesserung der Rundenzeit von zwei Sekunden (1.14,2 zu 1.16,2 Minuten) – so zeigt sich der Alpina B3 GT3 in der endgültigen Supertest-Fassung so entfesselt und befreit wie ein von Fürsorge und Pflege gepamperter Spitzensportler. Mit 1.12,2 Minuten schafft der Alpina einen respektvollen Abstand nicht nur zu seinem Bruder im Geist, dem BMW M3 im Supertest (1.14,3 min), sondern vor allem auch der bisherigen sportlichen Benchmark unter der weiß-blauen Flagge, dem gleichfalls limitierten BMW M3 GTS im Supertest. Der war an gleicher Stelle mit einer Rundenzeit von 1.12,5 Minuten unterwegs – nebenbei bemerkt auch mit Semislick-Bereifung, allerdings mit solchen des Herstellers Pirelli vom Typ P Zero Corsa.
Mit der auf der Nordschleife bis auf die Stelle hinterm Komma gleichen Rundenzeit – 7.49 Minuten – führt das ohne die 5.580 Euro teure Beklebungs-Arie angenehm unspektakulär auftretende Alpina-Coupé eine Ära fort, die in der jüngeren BMW-Geschichte mit dem BMW M3 CSL im Supertest einen bemerkenswerten Anfang nahm und mit dem BMW M3 GTS im Supertest und dem etwas später nachgeschobenen, viertürigen BMW M3 CRT im Test vor einem Jahr ein beklagtes Ende fand. Aus Sicht gewiss nicht weniger Fans der weiß-blauen Marke ist just der BMW Alpina B3 GT3 die Antwort auf die oft gestellte Frage, wann die große Mutter BMW wohl endlich wieder konsequent ihren Ursprüngen Rechnung trägt.
Ausgerechnet ein Alpina-Coupé als Inkarnation dessen, was die Traditionalisten unter den BMW-Fans einzufordern nicht müde werden? Wer weiß? Vielleicht bildet der Alpina B3 GT3 ja – als zahlenmäßig begrenzte Vorhut sozusagen – in seiner klassischen und konsequenten Art schon etwas von dem ab, was uns später in Gestalt des zukünftigen BMW M3 beschäftigen wird.
Klassischer Biturbo-Motor, wie er im Buche steht
Starten wir mit dem Motto: BMW-typischer geht es wirklich nicht. Einen Sechszylinder-Reihenmotor in noch besserer Verfassung zu finden als im Alpina B3 GT3, dürfte extrem schwerfallen. Selbstverständlich ist er kein Ableger des bei den Münchnern verbreiteten "Twin Scroll"-Turbokonzepts mit nur einer Turbine als Druckerzeuger. Er ist ein klassischer Biturbo-Motor, und zwar einer, wie er im Buche steht. Der physikalisch mit allen Segnungen in Sachen Massenausgleich bedachte und daher bezüglich der Laufruhe höchst geschmeidige Reihensechszylinder wird hier von zwei parallel arbeitenden Abgasturboladern ausnehmend gleichmäßig, aber – keine Angst – trotzdem turbotypisch unter Druck gesetzt.
Nicht nur eingefleischte BMW-Fans werden größte Freude an diesem – nennen wir es motortechnischen Ideal mit drei Liter Hubraum, zwei obenliegenden Nockenwellen, je vier Ventilen pro Zylinder und langem Hub – empfinden. Die nominell acht Mehr-PS, die der Supertest-GT3 gegenüber seiner Ausgangsbasis Alpina B3 S zusätzlich generiert, sind gewissermaßen nur ein Abfallprodukt. Und zwar aus einer Abgasanlage, die den Weg ins Lastenheft hauptsächlich aus Gewichtsgründen fand.
Allein der aus extrem leichtem und teurem Titan gefertigte Endschalldämpfer mit den beiden ovalen, aus hitzetechnischen Gründen von Carbonblenden eingefassten Endrohren made by Akrapovic wiegt elf Kilogramm weniger als die Serienanlage. Er sorgt dank einer so genannten X-Hose, will heißen: wegen des Wegfalls des Mittelschalldämpfers sowie der insgesamt größeren Rohrdurchmesser für einen deutlich geringeren Abgasgegendruck. Allein daraus speist sich der PS-Zuwachs von 400 auf 408 PS. Wer meint, der dem Sport verpflichtete Alpina müsse deswegen kreischen, brüllen, dröhnen oder jaulen sieht sich angenehm getäuscht: Der dumpfe, kernige und von daher höchst attraktive, typische Sechszylinder-Sound hat durchweg anregenden, niemals aufregenden Charakter.
Gesteigerte Fahrdynamik ohne große Komforteinbußen
Auch nach langen und zügig gefahrenen Etappen ohne Stoppuhr im Kopf laufen die Insassen nie Gefahr, zum partiellen Pflegefall zu werden. Die deutlich gesteigerte Fahrdynamik des Alpina B3 GT3-Modells ist – so viel steht fest – jedenfalls keine Folge radikaler Tuning-Methoden oder signifikanten Motortunings, das anderswo zu diesem Zweck noch immer gern praktiziert wird. Das macht die Sache höchst sympatisch. Und zwar insofern erst recht, als der Zuwachs an Längs- und Querbeschleunigungsvermögen nicht mit quälenden Komforteinbußen erkauft werden muss. Der starke Harmonie-Bedarf, der in allen Alpina-Exponaten erlebbar ist, drückt sich auch in diesem von sportlichem Ehrgeiz geprägten Umfeld aus. Auch hier wird eine erstaunliche Kultiviertheit gepflegt. Störende mechanische Untertöne, oft die Folge einer konsequenten, der Entlastung geschuldeten Entrümpelung, sind nicht vernehmbar.
Selbst der Abroll- und Federungskomfort, von dem man angesichts des tiefgelegten KW-Gewindefahrwerks, der extremen Radgeometrie mit 2,5 Grad negativem Sturz an der Vorderachse und der Semislicks glauben könnte, dass er wegen zwangsläufiger Schüttelei auch Tote zum Leben erwecken könnte, lässt keine Gewissensbisse aufkommen. Weder hinsichtlich des möglichen Selbstmitleids noch aus Angst vor Schelte seitens der drei möglichen Begleiter oder Begleiterinnen. Und trotzdem – oder weil? – geht der BMW Alpina B3 GT3 wie die sprichwörtliche Sau: kultiviert und zugänglich, sicher und verzeihend und deshalb stets schneller, als die oft von Standesdünkel belegte Konkurrenz es ihm zubilligen mag. Genau das macht den Spaßfaktor aus.
Alpina B3 GT3 sorgt für Nordschleifen-Spaß
Sorry – aber mit dem Supertest-Alpina B3 GT3 auf der Nordschleife Porsche oder ähnliche Talente jagen zu gehen, ist wegen der irren Agilität, der super Traktion dank Drexler-Sperre und des vertrauenerweckenden Grenzbereichverhaltens ein Quell der Freude, der so bald nicht versiegen wird. Einen ähnlich umgänglichen Charakter zu finden, der die Fahrt zum Ort des Trackday genauso ersprießlich macht wie das Rundenfahren selbst, dürfte leidlich schwerfallen – zumal für diesen Preis.
Technik-Transfer von der Rennstrecke auf an Straße
Das in Kooperation mit KW für das BMW Dreier Coupé entwickelte Gewindefahrwerk zeigt, dass der direkte Technik-Transfer von der Rennstrecke auf an Straße auch stimmige Ergebnisse zeitigen kann. Die in Zug- und Druckstufe mehrfach manuell verstellbaren Dämpfer ermöglichen eine weitreichende Anpassung des Fahrwerks auf Straße und Rennstrecke sowie ein Ausbalancieren des Handlings ganz nach persönlichem Gusto. Indes: Man muss wissen, wie es geht oder zumindest jemanden kennen, der es kann. Obwohl die im Supertest-Alpina B3 GT3 gemessenen Radgeometrie-Werte die vermutlich extremste Variante darstellen, ist – wie bereits erwähnt – die Alltagstauglichkeit kaum geschmälert – von möglichen langfristigen Konsequenzen hinsichtlich des Reifenabriebs einmal abgesehen. Allein eine leichte Nervosität im Vmax-Bereich, der – man halte sich fest – erst bei 300 km/h endet, weist auf das spezielle, allein auf maximale Querbeschleunigung hin optimierte Fahrwerks-Setup hin.
Die ABS-Problematik, so wie sie noch beim ersten Test beobachtet werden konnte, ist mit den Michelin Pilot Sport Cup Plus auch kein Thema mehr. Die von korrekten ABS-Regelungen gleichfalls stark abhängigen Verzögerungsleistungen liegen im warmen Aggregatzustand nun durchweg bei über 11 m/s², was eine signifikante Verbesserung darstellt und nun auch den für Sportwagen geltenen Status quo angemessen erfüllt. Die Sechskolben-Festsattelbremse mit 380 Millimeter großen, genuteten Bremsscheiben vorne lässt nicht die geringsten Schwächen hinsichtlich Bremsleistung oder Fading erkennen. Der Druckpunkt am Pedal bleibt auch unter Einwirkung höchster Betriebstemperaturen bombenfest. Die in diesem Umfeld vernehmbare Geräuschentwicklung beim Bremsen ist kein Schwächebekenntnis – wie sonst vielfach bei BMW üblich -, sondern ein akustisches Phänomen, das vermutlich in der speziellen Zusammenwirkung der blau lackierten Bremssättel mit den genuteten Stahlscheiben zu sehen ist.
Bis hierhin also alles im grünen oder besser: im grün-blauen Bereich. Die Alpina-Farben bestimmen selbstverständlich auch Teilbereiche des wohltuend schlicht, hochwertig und übersichtlich gestalteten Innenraums. Sieht man vom Knalleffekt der gleichfalls mit grüner Folie beklebten Armaturentafel ab, stört nichts die Konzentration auf das Wesentliche: Die typischerweise blau hinterlegten Instrumente liegen hervorragend im Blick. Die Sitzposition in den vorderen Recaros mit Leder-/Alcantara-Bezügen und eingearbeiteten, in den Alpina- Rennsportfarben Blau und Grün gestalteten vertikalen Zierstreifen ist perfekt.
Renn-Umfeld mit Sechsgang-Automatik
Auch das mit griffigem Alcantara bezogene Lenkrad weist – wie könnte es anders sein – blau-grüne Nähte auf. Die Druckknöpfe hinter dem Lenkradkranz, mit denen bei Alpina üblicherweise die Gänge sortiert werden, haben in diesem professionell gestalteten Cockpit natürlich ausgedient. Anstatt ihrer sind es nun, wie im Renn-Umfeld allgemein üblich, praktische Schaltwippen, mit denen die Sechsgang-Automatik bedient wird – wie bitte? Ja, richtig gelesen: Die 408 PS des Biturbo-Reihensechszylinders im Supertestmodell werden durch dieselbe Automatik kanalisiert, wie sie auch im Basis-Alpina B3 verbaut ist. Aber keine Bange: Abgesehen davon, dass sie bei Erreichen des roten Drehzahlbereichs selbsttätig hochschaltet, macht sie ihre Sache perfekt. Sie unterscheidet sich in ihrer durchweg konstruktiven Arbeitsweise kaum von der eines Doppelkupplungsgetriebes oder einer automatisierten mechanischen Schaltbox – außer, dass die Gangwechsel bei ihr vielleicht eine Spur verhaltener vonstatten gehen. Aber hat das irgendwelche negativen Konsequenzen? Wie die Rundenzeiten beweisen: eindeutig nein.
Alpina B3 GT3 | |
Grundpreis | 89.899 € |
Außenmaße | 4623 x 1782 x 1395 mm |
Kofferraumvolumen | 430 l |
Hubraum / Motor | 2979 cm³ / 6-Zylinder |
Leistung | 300 kW / 408 PS bei 6000 U/min |
Höchstgeschwindigkeit | 300 km/h |
0-100 km/h | 4,6 s |
Verbrauch | 9,6 l/100 km |