Mercedes ruft drei Millionen Autos zum Software-Update in die Werkstätten um den beanstandeten NOx-Ausstoß zu reduzieren. Seit März 2017 rüstet Daimler bereits rund 270.000 Fahrzeuge der V-Klasse und der Kompakt-Klasse um.
Ein solches Update erfuhr auch ein Dauertestwagen von auto motor und sport (Mercedes V 250 d). An ihm haben wir zusammen mit unserem Partner Emission Analytics die Auswirkungen des Software-Updates im realen Straßenbetrieb getestet. Das Ergebnis ist überaus erfreulich: Der Stickoxid-Ausstoß (NOx) des großen Vans wird auf weniger als ein Fünftel reduziert und genügt danach der EU 6c-Norm.
Nicht alle zurückgerufenen Diesel haben Harnstoffeinspritzung
Das gute Abschneiden lässt sich allerdings nicht automatisch auf alle drei Millionen Autos übertragen, für die Mercedes jetzt Updates entwickelt. Bei vielen der betroffenen Fahrzeuge handelt es sich nämlich um Euro 5-Autos, die noch nicht über ein SCR-Abgasreinigungssystem (Selective Catalytic Reduction) mit AdBlue-Beigabe (Harnstoff) verfügen.
Bei älteren Dieseln setzt Daimler daher auf eine Erhöhung der Abgas-Rückführung. Laut eines Unternehmenssprechers lassen sich die Grenzen der AGR-Steuerung verschieben, ohne negative Auswirkungen für den Motor zu befürchten. Ob sich auch hier derart gravierende Verbesserungen beim Stickoxid ergeben, muss sich jedoch erst noch zeigen – wir bleiben am Ball und messen nach.
Große Update-Wirkung mit SCR-Kat
Dass Software-Updates durchaus funktionieren können, beweist die Mercedes V-Klasse, die seit Mitte 2015 einen 100.000-Kilometer-Dauertest in der Redaktion absolviert. So stieß der V 250 d nach dem Update nur 92 mg NOx pro Kilometer aus und blieb damit sogar unter der strengen Euro 6d-Temp-Grenze, die ab September 2018 alle neu zugelassenen Fahrzeuge einhalten müssen (168 mg/km). Bei einem früher gemessenen Exemplar lag der NOx-Ausstoß noch bei 506 mg, also bei mehr als dem Fünffachen. Das Software-Update für die V-Klasse hat Mercedes bereits vor einigen Monaten auf Drängen des Verkehrsministeriums entwickelt, weil bei Nachmessungen im Zuge des VW-Skandals bei vielen neuen Dieseln sehr hohe Stickoxid-Emissionen festgestellt worden sind.
Kein messbarer Kraftstoff-Mehrverbrauch
Viele Autofahrer fürchten gravierende Nachteile durch Software-Updates, doch die konnten wir bislang nicht feststellen: So lag der Verbrauch auf rund 60.000 Kilometer bis zum Update bei 9,3 bis 10,6 Liter Diesel/100 km, auf knapp 40.000 Kilometer nach dem Update bei 9,7 bis 10,8 Liter. Da der Verbrauch jedoch vom jeweiligen Fahrprofil abhängt, lässt sich die Diskrepanz genauso wenig auf das Update allein zurückführen wie die leichte Zunahme des AdBlue-Verbrauchs. Sowohl vor als auch nach dem Aufspielen der neuen Software lag der Bedarf zwischen einem und zwei Liter auf 1.000 Kilometer. Im Schnitt waren es anfangs 1,5 Liter und nach dem Update 1,7 Liter/1.000 km – die Zahlen sind jedoch nur als leichte Tendenz zu verstehen. Bei Kosten von 50 Cent pro Liter AdBlue ist die finanzielle Mehrbelastung durch das Update demnach zu vernachlässigen. Auch was Durchzugskraft, Fahrbarkeit oder Zuverlässigkeit betrifft, waren keine Unterschiede festzustellen.
AdBlue mit großen Preisunterschieden
Ein Problem, das auch schon vor dem Update nicht nur bei Mercedes für Ärger sorgte: Die Harnstofflösung AdBlue ist zu enorm unterschiedlichen Preisen im Handel. So können an der Tankstelle schon mal 5 Euro für eine 1-Liter-Flasche fällig werden. Wer im Internet sucht, wird aber auch zu den oben genannten 10 Prozent dieses Preises fündig, muss entsprechende Mengen der Flüssigkeit aber auch lagern. Vorteil bei der V-Klasse: Das Nachfüllen funktioniert problemlos und vergleichsweise bequem über eine Öffnung neben dem Tankstutzen. Die V-Klasse ist standardmäßig mit einem 10 Liter großen Ad Blue-Tank ausgestattet. Der sollte also für 5.000 bis 6.000 Kilometer reichen. Seit März 2016 bietet Mercedes gegen 151,13 Euro Aufpreis auch einen 25 Liter großen Ad Blue-Tank an.