BMW Z4 GTE Rennwagen für die ALMS: Die neue GT-Waffe von BMW

BMW Z4 GTE Rennwagen für die ALMS
Die neue GT-Waffe von BMW

Inhalt von

Der BMW Z4 ist ja eher ein graziles Auto. Schon bullig und mit den klassischen Roadster-Proportionen gesegnet, aber eben kein krasser Aufschneider wie die Viper oder eine Corvette. BMW hat das zierliche Coupé - das ja eigentlich ein Cabriolet ist - nun mit der großen Luftpumpe so aufgeblasen, dass es im Rennsport gegen martialische Ungetüme vom Schlage einer Viper oder Corvette antreten kann. Als GTE-Rennwagen - also in der Langstreckenklasse des Le-Mans-Veranstalters ACO.

 

Le Mans steht zwar nicht auf dem aktuellen Spielplan der Bayern, aber die American Le Mans Serie oder das, was kommendes Jahr nach der Verschmelzung mit der bisherigen US-Konkurrenzserie Grandam davon übrig bleiben wird. Warum all die Mühe? Weil Amerika ein ultrawichtiger Zukunftsmarkt für BMW ist.

BMW Z4 GTE sieht aus wie ein Transam-Auto

Da trifft es sich gut, dass die Bayern beim Auftritt im Mutterland von XXL schon rein optisch einen wahren Bullen nach Amerika gekarrt haben. Die US-Rennfans werden jubeln, erinnert der BMW Z4 GTE doch eher an ein Transam-Auto aus den glorreichen achtziger Jahren.

Dazu glänzt der BMW mit einer weiteren Novität: Erstmals in der jüngeren Geschichte des GT-Rennsports baute ein Hersteller ein GTE-Auto nach Le-Mans-Reglement auf Basis eines GT3-Rennwagens nach FIA-Reglement auf.

Ist das die Zukunft des GT-Sports ab 2015?

Die Sache kann man also durchaus als Pilotprojekt verstehen, denn im Moment diskutieren FIA, ACO und die Hersteller, wie die Zukunft des GT-Sports ab 2015 aussehen könnte. Man scheint darüber Einigkeit erzielt zu haben, den GT-Sport in Kundensport für Privatteams und Privatfahrer einerseits und Werksrennsport oder werksunterstützten Sport mit Profipiloten andererseits aufzuteilen.
 
Die GT3-Klasse nach FIA-Reglement könnte mit einer Kostendeckelung den Kundensport abdecken. Uneinigkeit besteht über die Frage, auf welcher Fahrzeugklasse der Werks-GT-Sport aufgebaut werden könnte - gepimpte GT3-Wagen oder doch die etablierte GTE-Klasse?
 
BMW hat mit dem Z4 GTE nun vorexerziert, wie es laufen könnte: Die Bayern hatten bereits einen GT3-Wagen auf Basis des Z4 im Portfolio, aus dem sie nun ein GTE-Auto geschnitzt haben. „Das war eine äußerst aufwendige Transformation“, bekennt BMW-Motorsportchef Jens Marquardt unumwunden.

Umbaukosten von mindestens anderthalb Millionen Euro

Natürlich nennt Marquardt keine Zahlen, aber Experten taxieren die Umbaukosten auf mindestens anderthalb Millionen Euro - in der Tat eine Stange Geld für ein Rennauto, von dem in der Summe nur sehr wenige Exemplare in Kundenhand gelangen werden. Eine Refinanzierung der Entwicklungskosten ist somit kaum möglich, das gibt Marquardt zu: „Die GTE-Klasse bildet im Moment keinen starken Business Case.“
 
Trotzdem werden die großen Reglementgeber wie ACO und FIA aus dem Pilotprojekt viele Hinweise herausziehen können, ob der Umbau von GT3 auf GTE ein praktikabler Weg ist, um die Zukunft des GT-Rennsports zu gestalten. Beim Z4 GTE konnten 70 Prozent der Teile aus dem GT3 übernommen werden.

Wie vollzog sich der Umbau im Detail? Die Entwicklungsarbeit wurde von BMW Motorsport zusammen mit dem Werksteam von Bobby Rahal im Juli 2012 gestartet. Das erste Problem: „Wir konnten vom GTE-Vorgängermodell M3 leider nur sehr wenige Bauteile direkt übernehmen“, sagt Marquardt.

Kein Serien-BMW Z4 mit V8-Motor

Weder der Motor noch das Transaxle-Getriebe aus dem M3 finden Verwendung im neuen Z4 GTE. Erstens, weil der GT3-Motor mit seinem größeren Hubraum (4,4 statt 4,0 Liter) und den niedrigeren Kosten besser geeignet ist. Und zweitens, weil sich ein Transaxle-System beim Z4 auf Grund der Platzverhältnisse gar nicht darstellen lässt. BMW benötigte für die Verwendung des 4,4-Liter-V8 eine technische Sondergenehmigung, denn in der Serie gibt es den Z4 gar nicht mit V8-Technik, was vom GTE-Reglement eigentlich vorgeschrieben ist.
 
Nur einzelne Bauteile wie die Bremsen konnten vom Vorgängermodell übernommen werden. Darüber hinaus hat der ACO für den Umbau einen technischen Korridor bestimmt, an den sich BMW halten musste. Das bezieht sich im Wesentlichen auf die Verwendung sonischer Restriktoren für den Motor sowie die maximale Leistung, das Fahrzeuggewicht und die aerodynamische Spezifikation.
 
Der V8-Motor verfügt im Gegensatz zum alten GTE-Triebwerk aus dem BMW M3 über die klassische 90-Grad-Kurbelwelle, was dem Breitbau-Z4 einen höchst betörenden Sound beschert, der mehr an NASCAR denn an Sportwagen erinnert. Die Modifikationen am GT3-Triebwerk beziehen sich vor allem auf den Einlassbereich samt Restriktor und Luftsammler. Das Getriebe ist nun wie beim Serien-Z4 und beim GT3-Pendant direkt am Motor angeflanscht. Die Kraft wird über ein Step-up-Differenzial an die Hinterräder geleitet.

Ausgewogene Gewichtsverteilung bei 1.245 Kilo

Dieses Arrangement hat Einfluss auf die Gewichtsverteilung: Während beim BMW M3 zirka 54 Prozent der Last auf der Hinterachse ruhten, ist die Verteilung bei einem Gesamtgewicht von 1.245 Kilo nun mit 50 zu 50 ausgewogen. Das klingt zwar auf den ersten Blick toll, doch die Empfehlung des neuen Reifenausrüsters Michelin zielt eher auf eine Gewichtsverteilung von 48 zu 52 Prozent zwischen Vorder- und Hinterachse. Weil auch der Klimakompressor nach vorn wandern musste, konzentrieren sich die Massen im Z4 GTE eben insgesamt stärker in der Front.

Bei der Aerodynamik musste BMW Motorsport viele Hebel in die Hand nehmen. Zwar ist die Stirnfläche der Cockpitkanzel des BMW Z4 kleiner als beim M3, außerdem ist er 75 mm flacher. Doch weil die Fahrzeugbreite von 1,92 auf 2,01 Meter wuchs, produziert der Z4 GTE etwas mehr Luftwiderstand, aber auch mehr Abtrieb. Im Vergleich zum GT3-Modell hat der Z4 allerdings 20 bis 30 Prozent weniger Abtrieb, weil der vom Reglement geforderte flache Unterboden sowie die Limitierungen bei Front- und Heckdiffusor die Möglichkeiten für findige Lösungen einschränkten. Dazu wurden Aero-Tools wie die Flaps an der Frontstoßstange oder der zweiteilige Doppeldecker-Heckflügel für den GTE nicht erlaubt.

Fahrerwechsel ist nicht so einfach

Die insgesamt kleinere Fahrzeugkabine hat übrigens auch praktische Konsequenzen für die Piloten, wie RLL-Technikdirektor Jay O‘Connell weiß: „Bei den ultraschnellen Boxenstopps in der ALMS muss der Fahrerwechsel in 15 Sekunden über die Bühne gehen. Zwar dauert das Nachtanken 23 bis 25 Sekunden, doch oft müssen wir wegen der Gelbphasen früher reinkommen - und benötigen dann weniger Zeit zum Nachtanken. Wir werden also hart trainieren müssen, um die 15-Sekunden-Marke zu knacken.“
 
Beim Fahrwerk folgt das Basis-Layout des BMW Z4 GTE dem Vorbild aus dem GT3-Rennwagen. In der ALMS kommen Öhlins-Dämpfer zum Einsatz. Die Anforderungen veränderten sich freilich, weil der neue Reifenpartner Michelin bei Sturz und Dämpfung das Rahal-Letterman-Team vor neue Herausforderungen stellt: „Die Michelin-Reifen vertragen generell deutlich mehr Sturz“, so O‘Connell, „aber dem haben wir bei Design und Konstruktion der Aufhängungen bereits Rechnung getragen.“
 
Eine gravierende Änderung hat BMW noch im Köcher: Erst beim dritten ALMS-Rennen in Laguna Seca kommt eine Doppelquerlenker-Konstruktion an der Vorderachse zum Einsatz. Bei den ersten beiden Rennen wird BMW noch die bekannten McPherson-Federbeine verwenden. Hintergrund: In Zukunft soll bei allen GTE-Rennwagen die Umrüstung von McPherson auf Doppelquerlenker gestattet werden. Auch der neue Porsche 911 RSR debütiert im April mit Doppelquerlenkern.

Kein ABS und ESP in der GTE-Klasse

Natürlich sind im Gegensatz zum GT3-Reglement in der GTE-Klasse weder ABS noch ESP erlaubt. Andererseits durfte bei der Telemetrie aufgesattelt werden. Aus dem alten M3 stammt auch die sogenannte Launch-Control für die Boxenstopps.
 
Das neu getrimmte Technikpaket des Z4 GTE besteht also zu einem guten Teil aus bewährten Komponenten. „Bei der mechanischen Zuverlässigkeit bin ich optimistisch“, so RLL-Technikdirektor Jay O‘Connell, „auch wenn es hart ist, wenn das Debütrennen gleich über 12 Stunden auf der Rumpelpiste von Sebring stattfindet.“
 
Nach dem letzten großen Test in Sebring Ende Februar hielt Werksfahrer Dirk Müller fest: „Wir sind an den zwei Testtagen viel zum Fahren gekommen und hatten fast keine Standzeiten. Das stimmt mich optimistisch für Sebring.“
 
Das ändert nichts daran, dass die Saison 2013 bei der leistungsstarken Konkurrenz in der ALMS als Entwicklungsjahr betrachtet werden muss. Dazu geht BMW mit einem neuen Reifenpartner an den Start. „Die Anpassung an den Reifen lief bisher sehr gut“, so O‘Connell. „Wenn es in diesem Tempo weitergeht, sollten wir im Laufe der Saison zur Spitze aufschließen können.“ Und Dirk Müller sagt: „Wir sind jetzt schon gut bei der Musik, einfach weil wir auf den Erfahrungen aus den Vorjahren aufbauen konnten.“

Sieht so die Neuordnung des GT-Sports aus?

Womit wir abschließend zur Ausgangsfrage zurückkommen können: Ist der Umbau von GT3 auf GTE ein tauglicher Weg für die Neuordnung des GT-Sports? Die aufwendige Entwicklung des Z4 belegt nach Einschätzung von BMW-Sportchef Jens Marquardt, dass die beiden Konzepte „im Moment noch sehr weit auseinanderliegen.“
 
Marquardt fordert: „Das Ziel muss darin bestehen, dass die technische Basis für die beiden GT-Anwendungen Kundensport und Werkssport näher zusammengebracht wird.“ Ihm schwebt zum Beispiel ein definiertes Modulsystem vor, das den Umbau einfacher und billiger gestalten könnte.
 
Bei den Tests in Sebring hinkte der neue BMW letztlich nur noch bei den Topspeeds etwas hinterher. Das GTE-Auto ist eben kein graziler Z4 mehr.