Der Große Preis von England 1951 war mein zweites Rennen für Ferrari. Ich wurde als Ersatz für Dorino Serafini ins Team geholt, der sich Ende April bei der Mille Miglia verletzt hatte. Von Don Enzo verpflichtet zu werden war für mich Bauernbengel aus Arrecifes, als würde ein junger, unbekannter Sänger an die Mailänder Scala berufen. Ich war scheu und linkisch, glaubte allerdings auch fest an meine Fähigkeiten.
Als ich mich bei dem großen Mann in Maranello vorstellte, brachte ich kaum ein Wort heraus. Er bemerkte meine Befangenheit, war aber überaus liebenswürdig zu mir. Bei meiner Premiere für diesen großartigen Rennstall 14 Tage zuvor in Reims hatte ich sogar geführt, musste aber dann auf Befehl von Teamchef Nello Ugolini meinen Sitz für Alberto Ascari räumen. Sein Wagen war mit einem defekten Getriebe ausgefallen.
Pepito ohne Selbstvertrauen nach Silverstone
Ich war bitter enttäuscht und vermutete, dass mich Enzo Ferrari einem dieser fiesen Tests unterzogen hatte, für die er ja berüchtigt war. Mein Selbstbewusstsein stärkte der Vorfall jedenfalls nicht, vor allem angesichts der Prominenz, die auf dem Flugplatz von Silverstone aufmarschiert war: die Queen und all diese Herzöge und Markgrafen, die Spitzen der englischen Regierung und der Streitkräfte, Industrielle, Diplomaten wie der argentinische Botschafter Carlos Hogan.
Einschüchternd, trotz meines ermutigenden Abschneidens in Reims, war für mich auch das erlesene Fahrerfeld voll Stars wie Ascari, Giuseppe Farina und Fangio. "Pepito", fragte ich mich erschrocken, "was hast du einfacher Kerl vom Lande unter all diesen Feldmarschällen zu suchen?"
Fangio sagt Gonzalez-Erfolg voraus
Als ich zusammen mit Fangio in Silverstone eingetroffen war, drehten wir ein paar Runden in einem GT-Wagen von Alfa Romeo. Plötzlich erklärte mir Juan in seiner offenen Art: "Wenn am Samstag bei dir nichts schiefläuft, wirst du den Grand Prix gewinnen."
Obwohl man mir den ältesten der drei Werkswagen anvertraut hatte, fuhr ich die schnellste Trainingsrunde. Mein Tipo 375 mit seinem 4,5-Liter-Saugmotor verbrauchte deutlich weniger als Juans Alfa Romeo 159. Vor dem Start steigerte sich meine Angst zur Panik. Eine Zeit lang dachte ich sogar daran, mich meinem Auftritt im Angesicht der Feldmarschälle durch Flucht zu entziehen. Das Fünf-Minuten-Signal wirkte auf mich wie die Posaunen von Jericho. Ich verspürte ein dringliches menschliches Rühren, lief los und landete aus Versehen in der Damentoilette.
Duell mit Landsmann Fangio
Ich stand außen rechts in der ersten Reihe, links neben mir die beiden "Alfetta"-Fahrer Fangio und Giuseppe Farina und mein Teamgefährte Ascari. Als der Union Jack gefallen war, wurden wir vier von den Leuten hinter uns überrumpelt. Das warf jegliche Strategie über den Haufen. Felice Bonetto in seiner "Alfetta" war vorn, in der nächsten Runde ich selbst. "Pepito", schoss es mir durch den Kopf, "du führst vor all den Feldmarschällen."
Von da an lief das Rennen auf ein Duell zwischen Juan und mir hinaus. Bald tauchte sein Wagen mit seiner gelb umrandeten Schnauze in meinen Rückspiegeln auf. In Runde zehn ließ ich ihn überholen. Ich konnte ihm mühelos folgen, wusste ja auch, dass er irgendwann und dann mehr als ich tanken musste. Nach 30 Runden hatte er anderthalb Sekunden Vorsprung. Ich hatte meinen Rhythmus gefunden, in schönen, langen Drifts, flog aber ein Mal bei Becketts raus und fädelte mich durch eine Lücke zwischen den Strohballen wieder ein. In Runde 39 holte ich mir die Führung zurück.
Verwirrung beim Boxenstopp
Juan ging an die Box zum Tanken und bekam neue Hinterreifen, alles in 49 Sekunden. Bald darauf holten mich meine Mechaniker herein. Ich sprang aufgeregt aus dem Auto, weil ich glaubte, wie in Reims werde Ascari weiterfahren, dessen Getriebe wieder kaputtgegangen war. Aber die Männer stopften mich in den Wagen zurück, und Alberto schaute nur nachdenklich auf mich herab. Nach 23 Sekunden war ich wieder auf der Strecke und baute meinen Vorsprung immer weiter aus.
Juan erzählte mir später, sein Alfa sei zu lange betankt worden und hätte deshalb zu viel Gewicht mit sich herumgeschleppt. Meine Mechaniker hoben mich aus dem Wagen, brüllten, die Alfa Romeo seien geschlagen. Meine Frau Amalia umarmte und küsste mich. Leute redeten auf mich ein in einer Sprache, die ich nicht verstand.
Ich hatte meinen ersten Grand Prix gewonnen und heulte hemmungslos, weil die argentinische Nationalhymne erklang. Umgehend wurde ich nach Maranello zitiert. Don Enzo war unheimlich glücklich, zeigte mir ein Bild von meiner Zieldurchfahrt in Silverstone und bat mich um ein Autogramm. Er schenkte mir eine goldene Uhr mit seinem Emblem darauf. Ich habe sie noch heute.