Was ist ein guter Start? Die Teams haben dafür ein Kriterium. Wie weit kommt das Auto in den ersten 4 Sekunden? 85 Meter sind ein guter Wert. Warum gerade 4 Sekunden? Weil das Auto dann schon so in Fahrt ist, dass Bedienungsfehler oder Schlupf keine große Rolle mehr spielen.
Ein Formel 1-Auto beschleunigt im Schnitt in 2,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die 200 km/h-Marke ist unter 5 Sekunden erreicht. Die Werte sind abhängig vom Grip der Strecke und der Reifen. Der Unterschied zwischen der Mischung Supersoft und Medium liegt immerhin bei 10 Metern. Zwischen frischen und gebrauchten Reifen bei bis zu 4 Metern.
Reaktionszeit liegt bei 0,15 Sekunden
In den ersten 1,8 Sekunden des Starts limitiert der Grip den Vorwärtsdrang. Dann ist es die Motorleistung. Fehlerquellen gibt es viele. Es beginnt beim Anwärmen der Reifen. Bringt der Fahrer die Reifen nicht in ihr Temperaturfenster, dann gilt: Lieber zu kalt als zu heiß. Ansonsten heizt sich die Lauffläche beim Start weiter auf, und der Fahrer bezahlt mit einer kürzeren Lebensdauer der Reifen dafür.
Auch die Kupplungstemperatur ist ein Kriterium. Die Mercedes sind dafür besonders anfällig. Vermutlich, weil das System zu kompliziert ist. Auch der Faktor Mensch zählt. „Die besten Reaktionszeiten liegen bei 0,15 Sekunden“, verrät Williams-Einsatzleiter Rob Smedley.
Bis letztes Jahr hatten die Fahrer zwei Kupplungshebel. Einen für das Anfahren, den anderen um die Kupplung kontrolliert schleifen zu lassen. Jetzt muss alles über einen Hebel mit linearem Widerstand erfolgen. Damit ist wieder Fingerspitzengefühl gefragt, die Hinterräder in der ersten Startphase ganz leicht durchdrehen zu lassen. Ideal sind zwischen 8 und 10 Prozent Schlupf.
Quote für gute Starts gesunken
In Monte Carlo dauert der Spurt nur 111 Meter. Zuletzt in Hockenheim betrug der Anlauf 310 Meter. Lewis Hamilton nahm Nico Rosberg auf den ersten 4 Sekunden 6 Meter ab. In Russland ist der Weg zur ersten Kurve mit 844 Meter so lang wie nirgendwo sonst. Der Fahrer hat damit mehr Gelegenheit, Fehler zu machen.
Im zweiten Teil der Startphase bestimmen das saubere Hochschalten, der Windschatten und der Verkehr die Vorwärtsbewegung. Der Fahrer muss die Schaltpunkte exakt treffen. Was im Startgewühl nicht immer einfach ist.
Windschatten ist ein Vorteil, den man nicht unterschätzen darf. In Barcelona hatte Hamilton den viertbesten Start im Feld. Rosberg lag nur auf Platz 10. Trotzdem bog der Deutsche als Erster in die erste Kurve ein. Weil er sich im Windschatten ansaugte und später bremste.
Mit 2 Kupplungshebeln fielen 80 Prozent der Starts in die Kategorie „gut“. In diesem Jahr ist die Fehlerquote höher, wie Smedley veranschaulicht: „Bei den Teststarts im Winter waren nur noch 50 Prozent der Starts gut. Jetzt mit mehr Übung sind unsere Fahrer bei 65 Prozent angelangt.“