Braunschweig, 3. September 2020: Um 21:44 Uhr erreicht die Gulfstream G650ER von Elon Musk ihre Parkposition auf dem Flughafen Braunschweig. Der Jet ist nicht das erste Mal in Deutschland. Bereits als Musk in Berlin verkündete, dass die deutsche Gigafactory in Brandenburg gebaut wird, war die Maschine im Einsatz. Die Gulfstream ist nicht Elon Musks Privatflugzeug, sondern wird ihm von seinem Raumfahrt-Unternehmen Space X zur Verfügung gestellt. Der Zwischenstopp in Braunschweig war vorher nicht offiziell kommuniziert worden. Eigentlich war Musk in Deutschland, um beim Impfstoff-Entwickler CureVac in Tübingen und auf der Gigafactory-Baustelle in Brandenburg vorbeizuschauen.
Mit Herbert Diess im grauen VW ID.3
Ein elektrisches Golf-Cart bringt ihn nach der Landung zum Hangar gegenüber. Dort wartet bereits VW-Chef Herbert Diess auf den Mann, der mit seinen Elektroautos die automobile Gegenwart auf den Kopf gestellt hat. Nicht, weil alle Teslas elektrisch fahren. Sondern weil Musk das Produkt Automobil von Beginn an durchdigitalisiert hat. Diesem Vorsprung fahren seitdem alle etablierten Autobauer hinterher. Herbert Diess hat die Bedeutung von Tesla für die Automobilindustrie vergleichsweise früh erkannt und trimmt den Traditionsautobauer Volkswagen seitdem kompromisslos darauf, in Sachen Elektrifizierung und Digitalisierung aufzuholen.

Musk lernt: Der ID.3 ist kein Sportwagen
Elon Musk darf hinters Steuer eines grauen VW ID.3 , Herbert Diess beantwortet als Beifahrer die Fragen des Amerikaners. Der hat auf dem Weg nach draußen offensichtlich versucht, den ID.3 flott aus der Halle zu fahren, ohne dabei den Elektro-Punch zu spüren, den er von seinen Tesla gewohnt ist. Das sei halt kein Sportwagen, entschuldigt sich Herbert Diess. Dafür sei der ID.3 dann aber ziemlich gut, meint Elon Musk bei einer kurzen Runde durch den Regen. Auf die Frage nach den Assistenzsystemen des ID.3 kann der Konzernchef dann aber nicht ohne Stolz Vollzug melden. Eine Verkehrszeichen-Erkennung wird Tesla erst mit einem der nächsten Software-Update anbieten können.
Model Y als Referenz
Herbert Diess macht dennoch kein Geheimnis daraus, dass die aktuellen Tesla-Modelle für Volkswagen in vielen Bereichen die Referenz darstellen. Bevor Elon Musk ans Steuer des ID.3 durfte, war Diess gemeinsam mit VW-Entwicklungsvorstand Frank Welsch mit einem Tesla Model Y unterwegs. Der kompakte Elektro-SUV beeindruckte die beiden VW-Manager vor allem in Sachen Bedienbarkeit, Updatefähigkeit, Fahrleistungen und Reichweite. Obendrauf dann noch das exklusive Lade-Netzwerk. "Wie der ID.3", urteilt Diess in einem Kommentar auf seinem LinkedIn-Profil, "sei das Model Y von Beginn an ausschließlich als Elektroauto gedacht worden! Viele unserer Mitbewerber elektrifizieren ihre Verbrenner-Plattformen. Mit dem Ergebnis, dass sie nicht die besten Elektroautos bekommen!"

Tesla als Kooperationspartner für VW?
In Braunschweig lotst Diess seinen Gast zurück im Trockenen direkt neben den nächsten VW auf Basis des modularen Elektro-Baukastens MEB. Der weiße VW ID.4 versteckt sich zwar noch hinter einer Rest-Tarnung, wird aber der erste echte Elektro-VW, der sich direkt mit einem Tesla messen lassen muss. Er trifft 2021 auf das Model Y , das dann wahrscheinlich aus der neuen Gigafactory in Brandenburg kommen wird. Bei so viel Nähe zwischen den beiden Konzern-Lenkern liegt die Frage nach einer Kooperation nahe. Die Antwort liefert Herbert Diess auf seinem LinkedIn-Profil: "Wir sind mit dem ID.3 gefahren und haben uns ausgetauscht. Aber es gibt keinen Pläne für eine Kooperation!"